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Dem Fluss wieder auf die Beine helfen
Hintergründe und Entstehungsgeschichte des Emsfonds


Entstehungsgeschichte
Wo ein Fluss ins Meer mündet, wo sich Süß- und Salzwasser mischen, entsteht ein ganz besonderer, seltener Lebensraum. Wie in der Emsmündung, wo viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten leben. Sie haben sich darauf eingestellt, dass sich ihre Lebensbedingungen durch Ebbe und Flut laufend ändern. Der Wasserstand folgt dem Takt der Gezeiten, die Strömungen ändern sich. Fische nutzen die Ems als Wanderweg und Kinderstube, das großzügige Nahrungsangebot lockt tausendfach Vögel auf ihrem Zug in südliche Regionen und zurück. Aber auch viele seltene und bedrohte Wat- und Wasservögel leben und brüten im schützenden Röhricht und auf seltenen Salzwiesen, sind angewiesen auf einzigartige Brack- und Salzwasserwatten. Deshalb sind Bereiche der Emsmündung als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen, gelten als „Feuchtgebiet internationaler Bedeutung“ und sind nach deutschem Naturschutzrecht geschützt.
Aufgrund der besonderen Biotopstruktur ist das Gebiet der Emsmündung ebenfalls als europäisches Schutzgebiet gemäß Fauna-Flora-Habitatrichtlinie schutzwürdig. Die bereits der Bundesregierung zur Weiterleitung nach Brüssel vorliegende Benennung wurde jedoch durch Klagen des Landkreises Emsland bzw. der Stadt Papenburg bisher verzögert. Durch Baggerungen zur Vertiefung als auch zum Erhalt der bestehenden Tiefe, das inzwischen von der EU ebenfalls als Eingriff betrachtet wird, sowie Begradigen des Flusslaufes wird der ehemals ökologisch intakte Fluss geschädigt und seine Naturschönheiten und -vielfalt zerstört.
Seit 1983 wird die Ems vertieft und ausgebaggert, um der Meyer-Werft in Papenburg die Überführung von Kreuzfahrtschiffen ins seeschifftiefe Wasser zu ermöglichen. Die Entwicklung der Schiffsgrößen lässt sich an den Emsvertiefungen nachverfolgen: 1983 Vertiefung der Ems auf 5,30 Meter, 1985/85 Vertiefung auf 5,70 Meter, 1991 Vertiefung auf 6,30 Meter, 1993 Vertiefung auf 6,80 Meter. Bis hin zu einer Vertiefung der Ems auf 7,30 Meter im Jahr 1994. Wobei die Finanzierung der Maßnahmen sowie die anfallenden Folgekosten in allen Fällen mit Steuergeldern bestritten wurden.
Gegen die Planung der Vertiefung der Ems auf 7,30 Meter zur Überführung des Kreuzfahrtschiffes „Oriana“ hatten die Naturschutzorganisationen vehement protestiert. Die Organisationen haben auf die sich abzeichnende negative Entwicklung an der Ems verwiesen und eine weitere Vertiefung abgelehnt. Die rechtliche Möglichkeit der Verbandsklage bestand zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dennoch waren die vorgebrachten Kritikpunkte, insbesondere auch vor dem Hintergrund des bereits bestehenden europäischen Naturschutzrechts, wie zum Beispiel der Vogelschutzrichtlinie, als auch Proteste der ortsansässigen Fischer, so gravierend, dass das Land Niedersachsen den Niedersächsischen Umweltverbänden und dem WWF eine Vereinbarung zur ökologischen Verbesserung der Ems anbot.
Der damalige Ministerpräsident Gerhard Schröder sicherte zu, dass die Emsvertiefung auf 7,30 Meter abschließend sei. Zudem würde das Land Niedersachsen Kompensationsmaßnahmen in einem Gesamtwert von 7,5 Millionen D-Mark zur Verbesserung der ökologischen Situation im Ems/Dollart-Raum umsetzen. Diese Maßnahmen würden offen dargestellt und benannt. Folgende Maßnahmen sind anschließend unter anderem mit den 7,5 Millionen D-Mark vom Land umgesetzt worden: Gestaltung von Blänken und Anbindung von Wasserflächen an das Tidesystem in Midlum und Nüttermoor sowie die Umgestaltung des Coldeborger Sieltiefs. Darüber hinaus sollten zehn Millionen D-Mark als „Ems/Dollart-Zustiftung“ in die Niedersächsische Umweltstiftung fließen, um so Maßnahmen zur dauerhaften ökologischen Verbesserung der Ems zu fördern.
Zu dem Zeitpunkt dieser Vereinbarung war der Bau des Sperrwerks noch nicht in Sicht. Die Umweltverbände mussten von einer Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen ohne weitere negative Eingriffe in das Flusssystem ausgehen. Aufgrund der geänderten Ausgangssituation sind die umgesetzten Maßnahmen heute bei weitem nicht mehr so effektiv, wie ursprünglich vorgesehen.
Die „Ems/Dollart-Zustiftung“ war als Zustiftung an die Niedersächsische Umweltstiftung, eine Stiftung des Landes Niedersachsen, vorgesehen. Es wurde ein Stiftungs-Beirat mit paritätischer Stimmverteilung vorgesehen, was damals schon sicherstellen sollte, dass die Verbände sich nicht etwa für Projekte selbst bedienen können. Tatsächlich aber kam die Stiftung jahrelang nicht zustande, weil die Landesregierung das Geld nicht aufbrachte.
Erst unter Ministerpräsident Christian Wulff kam die erste Zahlung an die Emsstiftung im Jahr 2007 zustande, die 2009 in die neue Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung integriert wurde.
Im Jahr 1997 legte das Land Niedersachsen für die Schiffsüberführungen der Meyer-Werft den Antrag auf Bau eines Sperrwerkes vor. Dies Vorhaben wurde zuerst von BUND, NABU und WWF beklagt und nach Rückzug des NABU Niedersachsen aufgrund des Unterliegens in der zweiten gerichtlichen Instanz letztinstanzlich durch einen Vergleich vor dem Bundesverwaltungsgericht durch BUND und WWF abgeschlossen. Der geschlossene gerichtliche Vergleich umschloss auf Anregung des Bundesverwaltungsgerichtes (Dezember 2006) auch die bereits bestehende Vereinbarung zur ökologischen Verbesserung der Ems, so dass bestimmt wurde, dass die zehn Millionen D-Mark, und somit fünf Millionen Euro aus der 1994er Vereinbarung gemeinsam mit den vier Millionen Euro aus dem Vergleich zum Sperrwerk, in die Emsstiftung gezahlt werden sollen.
Bei den fünf Millionen Euro aus der 1994er Vereinbarung des Landes darf das Grundkapital nicht angegriffen werden, da hierdurch eine langfristige Sicherung von ökologischen Verbesserungen der Ems gefördert werden sollen. Die vier Millionen Euro aus dem Vergleich zum Emssperrwerk können dagegen zur Durchführung von Projekten, die eine Verbesserung der Situation der Ems zum Ziel haben, unmittelbar zur Verfügung gestellt werden.
Die heutige Struktur des Emsfonds
Der Emsfonds der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung ist ein von der Stiftung verwaltetes Sondervermögen aus Mitteln des Landes Niedersachsen. Der Fonds wird zweckgebunden zur Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation in der Ems/Dollart-Region eingesetzt.
Entsprechend der Emsvereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und den Umweltverbänden NABU und BUND Niedersachsen sowie der Umweltstiftung WWF Deutschland vom 4. Juli 1994 beträgt die Zustiftung aus der Emsvereinbarung fünf Millionen Euro und wird seit dem Jahr 2007 in jährlichen Raten von 500.000 Euro vom Land Niedersachsen in die Stiftung eingebracht. Nur die Erträge (!) der Zustiftung dürfen zweckgebunden zur Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation in der Ems-Dollart Region verwendet werden.
Darüber hinaus werden vier Millionen Euro aus dem Vergleich zum Emssperrwerk zwischen dem Land Niedersachsen und den Umweltorganisationen BUND und WWF vom 5. Dezember 2006 in Jahresraten von jeweils 400.000 Euro, beginnend mit dem Jahr 2008 für die Dauer von zehn aufeinanderfolgenden Jahren, für Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation in der Ems-Dollart Region vom Land Niedersachsen in den Emsfonds eingezahlt. Diese Mittel können unmittelbar für Projekte verwandt werden oder aber auch der Kapitalbildung dienen.
Seit dem Jahr 2009 ist der Emsfonds unter dem Dach der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung angesiedelt. Sie erhielt am 20. Januar 2009 eine neue Satzung. Laut dieser Satzung ist der Emsrat, der über die Anträge berät und Bewilligungsvorschläge an das Kuratorium weiterleitet, paritätisch besetzt: drei Mitglieder werden vom Land Niedersachsen ernannt und drei Mitglieder von den Verbänden BUND und NABU Niedersachsen sowie vom Internationalen WWF-Zentrum für Meeresschutz in Hamburg entsandt. In der Satzung heißt es: „Entscheidungen für Mittel des Emsfonds können nur im Einvernehmen herbeigeführt werden“. Das Kuratorium der Bingo-Umweltstiftung, das mehrheitlich mit Personen der Landesregierung besetzt ist, muss nach Maßgabe des Emsrates entscheiden.
Die Förderrichtlinie für den Emsfonds ist erst im Jahr 2010 verabschiedet worden.
Es ist also ausgeschlossen, dass der Fonds von den Umweltverbänden als eine Art „Selbstbedienungsladen“ genutzt werden könnte.