Schaffen die Landesforsten vollendete Tatsachen?
Das Fällen von Alteichen in vorgeschlagenen Naturwäldern muss gestoppt werden!


7. November 2016 -Im Zuge der Diskussion zur "Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt" sollen in Niedersachsen 10 Prozent der Landeswaldfläche dauerhaft einer natürlichen Waldentwicklung (NWE) überlassen werden. BUND und NABU in Niedersachsen hatten dies begrüßt und Vorschläge zu Gebietsausweisungen übermittelt – verbunden mit einem Einschlagsmoratorium in den schutzwürdigen Waldflächen.
Am Hangfuß des Norddeisters, dem hannoverschen Hausberg, ist auf einer Fläche von ca. 39 Hektar urwüchsiger Eichen-Buchenwald erhalten geblieben. Weil in Niedersachsen solche wertvollen, quellreichen Wälder mit geschlossenem Bestand alter Laubbäume sehr selten geworden sind, haben die Naturschutzverbände bei der Bürgerbeteiligung zur Auswahl der Gebiete für eine natürliche Waldentwicklung dieses Waldstück als "Urwald von Morgen", also als Naturwald, vorgeschlagen. Der Prozess der Gebietsauswahl nach der Bürgerbeteiligung läuft aktuell.
Die ältesten Bäume sind verloren
Nun ziehen sich bis in das Herz dieses vorgeschlagenen Naturwaldes breite und tiefe Schlammschneisen. Am Wegrand liegen neben Eschen, Hain- und Rotbuchen auch ca. 70 dicke Alteichen. Weitere, besonders schöne Alteichen, sind bereits zum Fällen markiert. Greenpeace, BUND und NABU sind entsetzt: Mitten im Prozess der Gebietsauswahl nach der Bürgerbeteiligung schaffen die Landesforsten hier vollendete Tatsachen. Naturschutzverbände bitten deshalb die Minister für Umwelt und für Landwirtschaft, diesem Treiben Einhalt zu gebieten, bevor noch mehr Schäden am Tafelsilber unseres Naturerbes entstehen und die NWE-Gebietskulisse fertiggestellt ist.
Da die Naturschutzverbände die Gefahr bereits früh sahen, dass in potentiellen Naturwäldern kurz vor Ausweisung noch die wertvollsten, alten Bäume gefällt und verkauft werden, hatten sie vehement ein Einschlagsmoratorium in diesen Gebieten gefordert, damit der Wert der von vorgeschlagenen Flächen nicht durch Fällungen beeinträchtigt wird. Nun hat sich leider bestätigt, wie berechtigt diese Sorge war. Die Verbände heben die Bedeutung alter, naturnahen Eichen-Mischwälder als einen unverzichtbaren Bestandteil im Netz der Wälder mit natürlicher Entwicklung hervor. Dies hatten auch die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung klar gezeigt.
Hintergrund:
Flächenbeschreibung des Verbändevorschlags "Für NWE vorgeschlagene Flächen":
Hangfußwälder bei Egestorf (Großer Deister), Region Hannover 9.5093:52.2743 ca. 39 ha:
Nachdem in den Vorjahren und auch aktuell im Umfeld massiv durchforstet wurde, handelt es sich hier wohl um das Waldstück im Landeswald, das noch am besten die wertvollen Laubmischwälder am Hangfuß des Norddeisters repräsentiert. Die hangabwärts gelegenen Flächen sind trotz des hohen Bestandsalters noch sehr geschlossen und stammzahlreich. Eingebettet in einen teils quelligen Hangfußwald aus Buche-Traubeneichen mit Übergängen in Stieleichen-Hainbuchenwald finden sich Erlen-Galerien entlang nicht eingetiefter Quellbäche sowie lediglich ein Lochhieb und eine kleine Eichenkultur und an einer Stelle in Einzelmischung Altfichten.
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