Fließgewässer im Wald
Sieber-Projekt der Landesforsten als Beispiel für barrierefreie Fließgewässerentwicklung



Exkursion im Rahmen der 13. Fachtagung der Niedersächsishen Landesforsten und des NABU. - Foto: Elke Meier
24. Oktober 2018 - Der Landesvorsitzende des NABU Niedersachsen, Dr. Holger Buschmann, freute sich über das mittlerweile 13. gemeinsame Fachseminar der Niedersächsischen Landesforsten und des NABU Niedersachsen. Er verwies auf die besondere Bedeutung der Fließgewässer auf das Ökosystem und viele Arten, die darauf angewiesen sind. „Die Umsetzung der Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) muss auch im Wald erfolgen. Bisher hat Niedersachsen nur zwei Prozent der Maßnahmen zur Erreichung eines guten ökologischen Zustandes umgesetzt. Daher freut es uns die positive Entwicklung der Sieber“, unterstrich Dr. Buschmann. Der NABU-Vorsitzende forderte weitere Anstrengungen des Landes zur Verbesserung der niedersächsischen Gewässerschutzes des Grundwassers.
Im Südharz stellt die Sieber das einzige größere Fließgewässer dar, das nicht durch eine Talsperre verbaut ist. Ihr Oberlauf befindet sich in einem nahezu ungestörten, natürlichen Zustand. Aus naturschutzfachlicher Sicht nimmt das Flusssystem daher eine herausragende Bedeutung ein. Am Beispiel eines unverbauten Gebirgsbaches zeigten Fachleute die Artenvielfalt im Gewässer auf und erläuterten die besondere ökologische Bedeutung der Lebensadern im Wald. Der NLWLN und die NLF informierten anschließend, wie Fische künftig den Gebirgsbach Sieber bei Herzberg barrierefrei durchschwimmen könnten.
Barrierefreiheit für Fische
Sie stellten bauliche Maßnahmen vor, die geeignet sind, ein naturnahes Fließgewässer zu erhalten und weiterzuentwickeln. Nach Plänen von Naturschutzbehörden und Landesforsten sollen Bachforellen, seltene Groppen und Kleinlebewesen das Fließgewässer bei Herzberg wieder grenzenlos durchwandern können. Dazu müssen noch vorhandene Hindernisse wie Wehre oder Staustufen aus dem Bach beseitigt werden. Dann darf sich die Sieber auf einer Länge von 9,5 Kilometern von der Quelle am Bruchbergmoor in 922 Meter Höhe bis nach Herzberg auf 280 m ü. NN barrierefrei nennen.
Dr. Thomas-Ols Eggers warf einen Blick aus gewässerökologischer Sicht auf Fließgewässer im Wald. Er zeigte anhand von Beispielen aus Norddeutschland auf, wie sich Wald unterschiedlich auf Gewässer auswirkt. Der Mitarbeiter vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ist tätig in der Betriebsstelle Verden. Seine Dienststelle beschäftigt sich mit der Umsetzung der Vorgaben der EG-WRRL. „Viele große und kleine Fließgewässer sollen wir bis spätestens 2027 durch gezielte und sinnvolle Maßnahmen in einen guten ökologischen Zustand überführen“, beschrieb Dr. Eggers die Aufgaben und ergänzte: „Andererseits ist gleichzeitig der Schutz der Menschen in dem Gebiet vor Überschwemmungen zu gewährleisten“.
Kleinkraftwerke in der Sieber sollen aufgegeben werden
Otfried Wüstemann vom Nationalpark Harz stellte anschaulich die Besonderheit der Tierwelt der Harzgewässer dar. So zeigt sich jedes Gewässer u.a. mit charakteristischen an ihn gebundenen Forellenarten. Der Schutz vor Hochwasser im Bachlauf der Sieber beschäftigt Anwohner wie Gewässerfachleute gleichermaßen. In seinem Vortrag stellte Torsten Knoblauch vom NLWKN Göttingen verschiedene Varianten vor, die zum einen Hochwasserschutz gewährleisten und anderseits den Bachlauf ökologisch durchgängiger werden lassen. Sein Hauptaugenmerk sei aber auf den Oberlauf der Sieber gerichtet, da der Unterlauf ab Herzberg schon sehr stark verbaut sei und die Sieber temporär trocken fiele.
Förster Dietmar Sohns vom Niedersächsischen Forstamt Riefensbeek beschrieb die Geschichte der Wasserentnahme aus der Sieber zum Zwecke der Papierherstellung und Stromerzeugung. Der Betriebsdezernent skizzierte den langen Weg, um alte Wasserrechte zu klären und Rechtssicherheit herzustellen. „Nun erst können die Niedersächsischen Landesforsten als Eigentümerin mit der Sanierung der Sieber beginnen“.
Sohns Fazit lautete: „Die Kleinkraftwerke Sieber I bis III sollen aufgegeben werden und noch vorhandene Wehre sollen in Sohlgleiten zurückgebaut werden“. Diese von Gewässerspezialisten und Forstleuten gemeinsam erarbeitete Strategie stellten Dietmar Sohns und seine Kollegen bei der abschließenden Exkursion vor. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachveranstaltungen konnte sich am naturbelassenen Oberlauf der Sieber sowie am Wehr im Ort ein eindrucksvolles Bild machen. Die Pläne der Landesforsten zur Durchgängigkeit der Sieber ernteten bei Naturschützern, Gewässerfachleuten und Förstern viel Zuspruch.