Hummelarten im Harzvorland auf der Spur
Schulung für Hummelschützer




Bunte Hummel - Foto: Martin Franke
18. Februar 2016 - Der aus Oldenburg kommende Referent Rolf Witt hat bundesweit den Ruf als Experte für Stechimmen aller Art – hierzu zählen alle mit einem so genannten Wehrstachel ausgestatteten Hautflügler. Er richtet die Aufmerksamkeit vor allem auf eine Gruppe sehr selten gewordenen Hummelarten, von denen einige auch im Harzvorland und im Harz nachgewiesen oder zu erwarten sind. So konnte Mathias Kumitz, Vorsitzender des NABU Goslar, bereits mehrere Fundorte anzeigen. Das Auffinden weiterer Arten wie der Bunte Hummel (Bombus sylvarum), Distelhummel (Bombus soroeensis), die Bergwaldhummel (Bombus wurflenii) und die extrem selten im Harz vorkommende Erdbauhummel (Bombus subterraneus), die zum ersten Mal nachgewiesen wurde, war sehr erfreulich. Die Hoffnung des im Auftrag des NABU tätigen Biologen Witt auf weitere Fundmeldungen ist groß, weshalb eine von mehreren Schulungen jetzt auch in Goslar stattfindet.
Während sieben unserer heimischen Hummelarten sehr häufig und fast in jedem Garten mit Blütenangebot zu finden seien, ist diese Hummelartengruppe besonders stark von der Intensivierung der Landwirtschaft und dem damit einher gehenden Landschaftswandel bedroht. Denn die oft kleinen Hummelvölker nisten an jahrelang unbewirtschafteten Standorten mit verfilzter Grasnarbe und sind deshalb durch den Rückgang an Brachflächen und ungemähten Saumstreifen gefährdet. Zudem benötigen sie eine nur noch auf wenigen Flächen vorkommende Blütenvielfalt und -menge, um genug Pollen und Nektar sammeln zu können. "Wiese ist aber nicht gleich Wiese", sagt Rolf Witt. "Insbesondere die Pflanzenarten mit einem besonders hohen Eiweißanteil im Pollen haben nach Untersuchungen aus Großbritannien eine Schlüsselbedeutung für Arten wie die Mooshummel oder die Veränderliche Hummel. Vor allem Schmetterlingsblüter, allen voran der Rotklee und diverse Rachenblüter sind für die Hummeln besonders nahrhaft."

Dieses Hummelseminar fand im Dezember auf dem Woldenhof statt: Anhand von Insektenpräparaten hatten die Teilnehmenden auch die Möglichkeit, verschiedene Bestimmungshilfen zur Identifikation der Arten zu erproben. - Foto: Rolf Witt
Der Biologe wirbt daher auch für die Erhaltung und Förderung von Flächen mit Vorkommen der Weißen und Gefleckten Taubnessel, da diese vor allem im Frühjahr wertvolle Pollenquellen sein können. Der Pollen des auf mit Gülle gedüngten Wiesen oftmals dominant vorkommenden Löwenzahns ist dagegen minderwertig und nur begrenzt für die Versorgung der Hummelbrut geeignet. Problematisch für die Hummeln ist zudem das häufig zu beobachtende zeitgleiche Mähen großer Grünlandgebiete, was den Hummeln vielfach selbst auf extensiver genutzten Wiesen das Nahrungsangebot entzieht. Insbesondere von Juli bis September wird der Mangel dann so groß, dass die Völker der in der Regel erst spät im Jahr fliegenden seltenen Arten wegen Nahrungsmangel zugrunde gehen. Nicht zuletzt mache diesen Arten auch der Einsatz von Giften in der Landwirtschaft zu schaffen, so Witt.
Außer den Informationen zur Ökologie der Arten und den Ergebnissen bisheriger Nachforschungen zu Vorkommen der Arten gibt Rolf Witt anhand mitgebrachter Insektenpräparate auch die Möglichkeit, verschiedene Bestimmungshilfen zur Identifikation der Arten zu erproben. Motiviert durch das Erlernte sollen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Goslar zum Ende der Veranstaltung zur Bildung von Arbeitsgruppen animiert werden.
Bereits im kommenden Frühjahr sind Exkursionen geplant, um durch das Auffinden weiterer seltener Hummelarten die Grundlagen für einen verbesserten Schutz zu legen. Den wenigen noch vorhandenen seltenen Hummelarten soll durch ein optimiertes Pflegemanagement der Lebensräume geholfen werden. Dazu müssen vor allem die Flächeneigentümer informiert und sensibilisiert werden. An einer Mitarbeit interessierte Hummelfreunde oder Institutionen können sich gern beim NABU Goslar melden.
Ansprechpartner: Wolfgang Moldehn, Tel. 0170 380 39 85, w.moldehn@t-online.de
Erstes Hummelseminar im Harz
Weitere Hummelseminare auch für das Jahr 2015 geplant
Hummeln gehören zu den beliebtesten Tieren überhaupt. Sie brummen durch unsere Gärten, besorgen wichtige Bestäubungsarbeiten, sehen hübsch bunt aus und tun keinem etwas. Leider ist die Idylle nicht ungetrübt, viele Hummelarten sind seit Jahren gefährdet und im Rückgang begriffen.
Die häufigen Arten, wie Erd-, Stein-, Garten- und Ackerhummel kennt fast jeder, aber die seltenen, hauptsächlich offenlandbewohnenden Arten sind weitgehend unbekannt und leider auch zum Teil sehr schwer zu bestimmen. Um die seltenen Hummelarten geht es in dem NABU-Projekt ‚Hummelschutz in Niedersachsen‘, das von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung gefördert wird.
Das Projekt, das der NABU Niedersachsen mit dem Wildbienenspezialisten Rolf Witt durchführt, dient der Erfassung von seltenen Hummelarten und der Verbesserung ihrer Lebensgrundlage. Leider ist die Artenkenntnis über diese Wildbienengruppe in Niedersachsen nicht weit verbreitet, sodass hier Hilfe dringend geboten ist. Erst wenn weitere Ergebnisse vorliegen, können Fördermaßnahmen umgesetzt werden. So sind Mooshummel, Sandhummel & Co. in erster Linie von einem reichen Blütenangebot bis in den Spätsommer auf extensiv bewirtschafteten Flächen mit Nistmöglichkeiten in naturnahen Randstreifen abhängig. Strukturen, die die sympathischen Pelzträger in unserer Landschaft immer seltener finden.
Um landesweit ein Netz von Hummelfachleuten aufzubauen, bietet der NABU Niedersachsen für seine ehrenamtlichen Projektmitarbeiter in ganz Niedersachsen Seminare an, um die Artkenntnis zu fördern, Problembewusstsein zu erzeugen und den dramatischen Rückgang unserer Hummeln zu stoppen. Sankt Andreasberg machte hier den Auftakt von einer Reihe von Schulungen, die in den kommenden Monaten an dezentralen Lernorten durchgeführt werden.
Wer sich für das Projekt interessiert und Lust hat mitzumachen, kann sich direkt bei Martin Franke informieren. E-Mail: martin.franke@NABU-niedersachsen.de oder telefonisch: 0511-9110514.
Hummelseminar auf NABU Gut Sunder
30. April 2014 - Am 12. April 2014 fand das erste Seminar im Projekt ‚Hummelschutz in Niedersachsen‘ auf NABU Gut Sunder statt. Mit 30 Teilnehmern war die Veranstaltung gut besucht. Was für eine Bedeutung das Projekt für den Hummelschutz hat, machte die Teilnahme der beiden unbestrittenen Großmeister des Hummelschutzes, Hans-Heinrich und Eberhard von Hagen deutlich, aber auch welche Hoffnungen und Erwartungen die beiden Nestoren an das Projekt knüpfen, nämlich die Fortführung ihres Lebenswerkes.
Auch NABU-Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann ließ es sich nicht nehmen an dieser hochkarätig besetzten Veranstaltung teilzunehmen. Die Voraussetzungen und Erwartungen an das Seminar waren recht unterschiedlich. Neben wenigen Fachleuten, die kaum einer Schulung bedürfen, gab es auch Einsteiger, die die Breite der Thematik unterschätzt haben.
Der Biologe Rolf Witt, fachlicher Leiter des Projektes, gab in seinem ersten Vortrag einen Überblick zum geplanten Projektablauf und den ersten Kartierungsergebnissen aus dem Vorjahr. Nur sehr wenige vielversprechende Vorkommen seltener Hummelarten konnten bisher nachgewiesen werden. In seinem zweiten Vortrag gab er Einblick in projektrelevante Aspekte der Biologie und Ökologie der Hummeln. Im Vordergrund standen das Zielartenspektrum, deren Aktionsradius, Sammelverhalten oder Biotopansprüche. Ein sehr wichtiger Punkt war das aktuelle Gefährdungspotential durch eingeführte Parasiten (z.B. Nosema ceranae). Die von Hagen-Brüder gaben einen Abriss über die seit rund 60 Jahren beobachteten katastrophalen Rückgänge vieler Hummelarten, die ehemals weit verbreitet waren. Dazu wurde über viele Details der Hummelhaltung, Schutzbemühungen und Gefährdungsgründe berichtet. Gespickt waren die beiden engagierten Vorträge mit sehenswerten historischen Dias.
Anschließend berichtete der Biolandwirt Henning Schaeper anschaulich über seine vielfältigen Erfahrungen zum Thema Artenschutz, landwirtschaftliche Praxis und Sachzwänge. Danach stellte Rolf Witt ausführlich Bestimmungsmerkmale und -methoden vor. Um es nicht am Anfang schon zu kompliziert zu machen, beschränkte er sich hierbei auf die Arbeiterinnen und Königinnen. Sein nächster Vortrag befasste sich mit beispielhaften Schutzprogrammen. Gerade aus Großbritannien gibt es vorbildliche Projekte mit detaillierten Praxistipps zum Thema Einrichtung und Management von Hummelschutzgebieten.
Insgesamt war das Seminar ausgelegt auf einen regen Austausch und es wurden die Gefährdung z.B. von Seiten der Landwirtschaft diskutiert und wie man den Befall durch die Wachsmotte verhindern kann. Rolf Witt wird noch mehrere dezentrale Schulungen anbieten, wozu auch Feldbegehungen in interessante Hummelschutz-Gebiete gehören werden.