Seltene Gans zwischengelandet!
Zwergganstrupp stärkt sich vor Weiterflug in Niedersachsen


05. November 2014 - Sie gehört zu den ganz selten gewordenen Gänsearten der Nordhalbkugel. Eine besenderte Zwerggans wurde Montag an der Unterweser registriert. Sie stärkt sich dort für den Weiterflug in die Niederlande. Eine kleine Gans mit weißer Blässe, gelbem Augenring und anmutigem runden Kopf sorgt derzeit für große Aufregung bei hiesigen Vogelfreunden. Sie pilgern mit Fernglas und Spektiv an die Unterweser, um einen Blick auf eine fast ausgestorbene Art, die Zwerggans, zu erhaschen. Zwei mit Satellitensendern ausgestattete Exemplare wurden erstmals vorgestern in unserer Region geortet.
Sie sind wahrscheinlich mit ein paar Artgenossen unterwegs. Die Tiere starteten in Schweden und sind auf dem Weg in ihre niederländischen Überwinterungsgebiete.
Vor die Linse bekommen hat sie aber bislang kaum jemand. „Das ist wie die Nadel im Heuhaufen“, sagt der Verdener Biologe und Gänse-Experte Dr. Helmut Kruckenberg. Die Zwerggänse schildert er als gesellige Zugvögel, die sich gerne unter andere Gänsetrupps mischen. Und diese Schwärme von Grau- oder Blässgänsen umfassen oft mehrere tausend Tiere.
Zwerggänse gelten als stark gefährdet. Ihr westeuropäischer Bestand liegt laut Kruckenberg deutlich unter 100 Tieren. Unter den in Skandinavien gestarteten Zwerggänsen sei in diesem Jahr nur ein einziger Jungvogel, bedauert der Biologe. „Die meisten haben gar nicht erst gebrütet.“
Die Besenderung ist Teil eines Zwerggansprojekts des niedersächsischen Naturschutzbundes (NABU). Weil über die Zugrouten und Zwischenstationen bislang wenig bekannt ist, sollen die Wege mit Sendern ermittelt und die Gänse danach besser geschützt werden. Das Projekt startete 2013, finanziert wird es von der Umweltlotterie Bingo sowie der Wattenmeerstiftung. Damit die Vögel durch die Sender nicht behindert werden, dürfen sie maximal drei Prozent des Körpergewichts wiegen. „Das sind bei der Zwerggans 30 Gramm“, erklärt Kruckenberg, der das Projekt leitet.
Obwohl Zwerggänse eigentlich streng geschützt sind, werden sie mancherorts noch geschossen – wohl auch aus Versehen. Denn sie ähneln den in vielen Ländern zur Jagd freigegeben Blässgänsen. Die niedersächsische Landesregierung habe auch deshalb in diesem Jahr die Blässgansjagd verboten, freut sich Kruckenberg.
Die Sender-Gänse sind keine in freier Wildbahn aufgewachsenen Vögel, sondern Teil einer 55-köpfigen Auswilderungsgruppe. Sie wurden in der Nähe der Brutgebiete freigelassen und schlossen sich wilden Zwerggänsen an und unterscheiden sich von den „wilden“ Artgenossen durch ihre Fußringe. Gut die Hälfte der Ausgewilderten sei noch am Leben, schätzt Kruckenberg. Er ist zuversichtlich, dass die Sender-Gänse in Holland ankommen. „Sie haben ja schon die Hälfte des Weges überlebt.“ Im Frühjahr kehren die Zwerggänse wieder ins Brutgebiet zurück.
Die Flugbewegungen der besenderten Gänse können Sie hier verfolgen.
Text: Berit Böhme; Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Redaktion des Hamme-, Wümme-Report, Herr Gerwin Möller.