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Forderungen zur Landtagswahl in Niedersachsen 2017



16. September 2017 - Ökologische, ökonomische und soziale Herausforderungen ganzheitlich anzugehen gehört heute zu den zentralen politischen Gestaltungsaufgaben einer jeden Regierung. Im September 2015 hat sich die Bundesrepublik Deutschland beim UN-Gipfel in New York dazu verpflichtet, gemeinsam mit den anderen 192 Unterzeichnern, die globalen Probleme vom Klimawandel über den Verlust der Biodiversität bis hin zur Ressourcenknappheit zu bekämpfen.
Die Agenda 2030 und die darin enthaltenen Sustainable Development Goals (SDGs) geben dabei den Rahmen vor. Darüber hinaus gibt es bereits weitere Verpflichtungen aus internationalen Abkommen, der nationalen Strategie zum Erhalt der Biologischen Vielfalt und aus europäischen Richtlinien wie zum Beispiel der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, der Vogelschutzrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie, die zum Teil seit Jahrzehnten einer richtlinienkonformen Umsetzung harren. Die mangelnde Umsetzung hat zur Folge, dass unsere Ökosysteme ins Wanken geraten und die natürlichen Ressourcen schwinden. Wir leben somit auf Kosten der kommenden Generationen.
Der NABU bringt sich mit eigenem praktischem Engagement intensiv ein, was beispielsweise beim Bremsen des Artenverlustes bei einigen Arten zu deutlichen Erfolgen geführt hat. Um den steigenden Ressourcenverbrauch, die Gefährdung der Ökosysteme und den dramatischen Verlust an Biomasse (massives Insekten- und Vogelsterben) zu stoppen, müssen aber alle gesellschaftlichen Gruppen zusammenstehen. Und die Politik ist ganz besonders gefordert, sich diesem Thema mit besonderer Aufmerksamkeit zu widmen.
Während für viele Umweltthemen die europäische und die Bundesebene vorrangig zuständig sind, ist der Naturschutz die Aufgabe der Bundesländer. Niedersachsen hat im Naturschutz in den letzten Jahren Fortschritte eingeleitet, ist jedoch weiterhin bei der Umsetzung und der Finanzierung Schlusslicht der Bundesländer. Der Erhalt der Ökosystemdienstleistungen (gutes Wasser, saubere Luft und fruchtbarer Boden) ist aber nur durch einen engagierten Naturschutz und ein Umschwenken in der Agrarpolitik möglich. Denn Ökosysteme bestehen aus Arten im Zusammenwirken mit ihrer abiotischen Umwelt. Die Anforderungen des NABU an die Politik der künftigen Landesregierung für die Jahre 2017 – 2022 befassen sich daher im Schwerpunkt mit diesen Themenbereichen.
Natura 2000
Natura 2000 ist das größte Schutzgebiets-Netzwerk weltweit. Natura 2000-Gebiete sind ein wichtiges Instrument um den voranschreitenden Schwund von Tier- und Pflanzenarten zu stoppen. Bis 2020 wollen die Regierungen der 28 EU-Staaten das dramatisch voranschreitende Artensterben stoppen und damit beginnen, angeschlagene Ökosysteme wiederherzustellen. Mit der Fauna-Flora-Habitat-(FFH) und der Vogelschutzrichtlinie der EU haben sie sich sogar rechtlich verpflichtet, die wichtigsten Arten und Lebensraumtypen wieder in einen guten Erhaltungszustand zu bringen.
Niedersachsen ist von diesem Ziel allerdings weit entfernt und entfernt sich weiter. Die Gebietskulisse ist in Niedersachsen immer noch nicht fachgerecht abgeschlossen und die notwendige Überführung der gemeldeten Gebiete in nationale Schutzgebietskategorien verläuft genauso schleppend wie die Managementplanung, so dass die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat. Die fachgerechte Umsetzung krankt an Geldmangel und einer guten Betreuung der Schutzgebiete, so dass sich viele bestehende Schutzgebiete fortlaufend verschlechtern.
Wir fordern deshalb:
- eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Fachbereichs Naturschutz im Niedersächsischen Umweltministerium. Der Naturschutz-Etat muss von derzeit unter 0,25% des Landeshaushaltes (knapp 70 Mio. EUR) umgehend auf 0,5% (155 Mio. EUR) und dann schrittweise auf 1% erhöht werden.
- die langfristige, finanzielle Absicherung bestehender Ökologischer Stationen und einen schrittweisen Aufbau neuer Ökologischer Stationen, um damit die Schutzgebietsbetreuung in Niedersachsen landesweit zu stärken.
- eine fachgerechte Meldung der Natura 2000-Gebiete, die konsequente nationale Unterschutzstellung, die Erstellung und Umsetzung der Managementpläne sowie die Einführung eines qualifizierten Monitorings der Schutzgebiete und Arten.
- - die Förderung der Vernetzung von Natura 2000-Gebieten.
- die sachgerechte Pflege weiterer Naturschutzgebiete
- die Ausstattung der Naturschutzbehörden mit weiterem, fachlich qualifiziertem Personal
- Modernisierung des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes (NAGB-NatSchG) in Richtung eines effektiven Schutzes der Biodiversität und aller anderen natürlichen Lebensgrundlagen.
- die Umsetzung der Naturschutzstrategie
- die verstärkte Investition des Landes Niedersachsen in den Flächenkauf, darunter auch Waldflächen.
Landwirtschaft
Niedersachsen ist Agrarland Nr. 1 in Deutschland, mehr als die Hälfte des Bundeslandes (rund 2,6 Millionen Hektar) werden landwirtschaftlich genutzt. Gerade deshalb können Natur- und Artenschutz nur gemeinsam mit einer damit übereinstimmenden Landwirtschaft funktionieren. Die industrielle Landwirtschaft stellt in der heute betriebenen Form eine Gefahr für die biologische Vielfalt im Offenland als auch für die oberirdischen Gewässer und das Grundwasser dar.
Neben dem intensiven Maisanbau und dem stetig steigenden Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden ist insbesondere auch der großflächige Verlust von artenreichem Grünland für den massiven Rückgang zahlreicher Tiere und Pflanzen verantwortlich. Der NABU Niedersachsen macht sich für eine umweltfreundliche Agrarwende des Landes stark.
Wir fordern deshalb:
- die konsequente Kopplung aller Agrarzahlungen an ökologische Mindestkriterien nach dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistung“
- die Trinkwasserreserven vor Verseuchung zu schützen
- Modernisierung des Niedersächsischen Wassergesetzes mit 10 Meter breiten Randstreifen ohne Düngemittel- und Pestizidgaben an Gewässern 1., 2. und 3. Ordnung
- die Nährstoffeinträge in die Oberflächengewässer nachweislich und deutlich bis 2021 zu reduzieren
- strengere Nachhaltigkeitskriterien für den Anbau und die Nutzung von Bioenergie
- ein Umbruchverbot von Grünland und den Biotopschutz von artenreichem Grünland
- die Einbindung von Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt in die gute fachliche Praxis (z.B. Ackerrandstreifen, Extensivgrünland, „Lerchenfenster“) und Überführung ins Ordnungsrecht
- die mengenmäßige Reduktion des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft und Verbot von Glyphosat und Neonicotinoiden
- eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Niedersachsen
- eine konsequente Umsetzung der Kompensationsverzeichnisse und Verfolgung einer nicht erfolgten oder unsachgemäßen Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen
- ein ambitioniertes Programm zur Rettung der Wiesenvögel und weiterer Arten der Offenlandschaft
- die stärkere Unterstützung und Ausweitung des Ökolandbaus in Niedersachsen
Verbandsbeteiligung
Die Verbandsbeteiligungsrechte von Umweltverbänden wurden unter der CDU-FDP-Landesregierung deutlich eingeschränkt und unter Rot-Grün nicht wieder gestärkt. Eine frühzeitige Beteiligung der Verbände stärkt die Berücksichtigung des Natur- und Umweltschutzes bereits in der Planung und vermeidet eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung, die z.Zt. oft die einzige Möglichkeit der Mitwirkung darstellt. Eine Stärkung der Beteiligungsrechte anerkannter Naturschutzverbände ist bei dem zunehmenden Verlust unserer Lebensgrundlagen dringender denn je nötig.
Da die Natur sich nicht selbst verteidigen kann, kommt den Naturschutzverbänden per Gesetz diese Aufgabe zu. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, wurde das Landesbüro für Naturschutz (LabüN) eingerichtet. Es ist eine gemeinsame Einrichtung der vier altruistischen und dem Umweltministerium zugeordneten Naturschutzverbände in Niedersachsen: BUND Niedersachsen, Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen (LBU), NABU Niedersachsen sowie Naturschutzverband Niedersachsen (NVN). Das LabüN dient als Anlaufstelle für Bürger, Ehrenamtliche und Verbände. Dort finden sie die notwendigen Fachkenntnisse und die rechtliche Expertise. Es wird mittlerweile intensiv genutzt und ist zur Unterstützung der ehrenamtlichen Akteure von hoher Bedeutung. Die Qualifizierung von Stellungnahmen ist dabei von besonderem Wert für Vorhabenträger, da sie die Verfahren rechtssicherer gestalten und somit zeitlich verkürzen.
Wir fordern deshalb:
- die langfristige, finanzielle Absicherung mit Erhöhung des Budgets des Landesbüros für Naturschutz Niedersachsen
- die Ausweitung der Beteiligungsrechte gemäß des bewährten Katalogs des ehemaligen Niedersächsischen Naturschutzgesetzes von 1994 (NNatG, § 60)
- die Beteiligung an der Durchführung von UVP-Vorprüfungen
- die Beteiligung an Verfahren nach BImSchG, wenn eine UVP-Vorprüfung erforderlich ist
- Einblick in Kompensationsflächenkataster über das Internet
- die Bereitstellung der Verfahrensunterlagen im Internet oder durch Zusendung