Landesvertreterversammlung 2018 in Bad Bentheim
NABU fordert mehr Geld für den Natur- und Wasserschutz



Die Landesvertreterversamlung 2018 in Bad Bentheim. - Foto: Matthias Freter
17. September 2018 - 250 Naturschützerinnen und Naturschützer aus rund 190 NABU-Gruppen trafen sich am 15. September zur jährlichen Landesvertreterversammlung in Bad Bentheim. Das Gremium, gewissermaßen das "NABU-Landesparlament", vertritt 98.000 NABU-Mitglieder in Niedersachsen. Es wurden der NABU-Jahresbericht 2017 präsentiert, Sachfragen diskutiert und der Dr. Strahl-Jugendnaturschutzpreis verliehen.
Alarmiert zeigte sich der NABU Niedersachsen darüber, dass Niedersachsen im bundesweiten Vergleich bei der Naturschutz-Finanzierung weiterhin das Schlusslicht bildet. Während für viele Umweltthemen die europäische und die Bundesebene vorrangig zuständig sind, ist der Naturschutz die Aufgabe der Bundesländer. Mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) und der Vogelschutzrichtlinie der EU hat sich Deutschland und damit auch Niedersachsen rechtlich verpflichtet, die wichtigsten Arten und Lebensraumtypen wieder in einen guten Erhaltungszustand zu bringen. Niedersachsen wird als einziges Bundesland die EU-Vorgaben bei der Ausweisung von FFH-Gebieten für das Schutzgebietsnetz Natura 2000 nicht erfüllen.
Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, kritisierte: „Bisher ist immer noch fast die Hälfte der gemeldeten FFH-Gebiete nicht in eine nationale Schutzgebietskategorie überführt worden, obwohl dies bis 2014 hätte geschehen müssen. Zudem ist die Gebietskulisse für Natura 2000 nicht ausreichend, da nicht alle fachlich notwendigen Flächen gemeldet wurden. Es fehlen in den Gebietsmeldungen beispielsweise die Leda-Jümme-Niederung als faktisches Vogelschutzgebiet und die Obernkirchener Sandsteinbrüche als faktisches FFH-Gebiet für die Gelbbauchunke.“
Nur zwei Prozent der Gewässer in Niedersachsen sind in einem guten ökologischen Zustand
Angesichts hoher drohender EU-Strafzahlungen ab dem Jahr 2019 fordert Dr. Holger Buschmann die Landesregierung zum sofortigen Handeln auf. „Wir als NABU fordern eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Fachbereichs Naturschutz im Niedersächsischen Umweltministerium. Der Naturschutz-Etat muss von derzeit unter 0,25 Prozent des Landeshaushaltes umgehend auf 0,5 Prozent und dann schrittweise auf 1 Prozent erhöht werden. Weiterhin müssen zusätzliche Gelder für weitere Programme, Ökologische Stationen, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen etc. in Höhe von 86 Millionen Euro unmittelbar bereitgestellt werden. Dadurch kann man den bereits laufenden und drohenden EU-Vertragsverletzungsverfahren effektiv entgegenwirken.“
Derweil befinden sich die Erhaltungszustände der wertgebenden Arten und Lebensräume in Niedersachsen in einem weiteren Abwärtstrend. In erster Linie wird versucht, dem mit Vertragsnaturschutzmitteln entgegenzuwirken, was nachweislich nur ausnahmsweise fruchtet, da die Gesamtförderfläche nicht ausreichend ist. Das beste Beispiel dafür sind die Feld- und Wiesenvögel, die in den letzten Jahren teilweise bis zu 90 Prozent abgenommen haben und für die Niedersachsen eine besondere Verantwortung trägt.
Die europäische Wasserrahmenrichtlinie, die einen guten ökologischen Zustand der Gewässer vorschreibt, hätte bis 2014 umgesetzt werden müssen. Niedersachsen hat allerdings eine Verlängerung bekommen. Dr. Holger Buschmann bemängelt: „Wer gedacht hat, dass das Land sich daraufhin besonders Mühe geben würde, sieht sich getäuscht. Bis heute sind nur zwei Prozent der Gewässer in einem entsprechenden Zustand und es gibt kein Programm, das eine Umsetzung erheblich voranbringen würde.“
NABU-Resolution 2018 "Mehr Geld für den Natur- und Wasserschutz in Niedersachsen":
HINTERGRUND: NABU-Forderungen

Der Vorsitzende des NABU-Niedersachsen, Dr. Holger Buschmann, und Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies auf der LVV 2018. Lies formulierte seine Forderungen an die EU-Agrarpolitik. - Foto: Matthias Freter
Der NABU Niedersachsen fordert eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Fachbereichs Naturschutz im Niedersächsischen Umweltministerium. Der Naturschutz-Etat muss von unter 0,25 Prozent des Landeshaushaltes (knapp 70 Mio. EUR) umgehend auf 0,5 Prozent (155 Mio. EUR) und dann schrittweise auf 1 Prozent erhöht werden, wodurch Strafzahlungen der EU in weit höherem Ausmaß verhindert werden könnten. Insbesondere werden zusätzliche jährliche Gelder in folgenden Bereichen akut benötigt:
1. Für ein Schutzprogramm für artenreiches Grünland und Wiesenvogelschutz, das im ersten Schritt auf allen landeseigenen Flächen und im zweiten durch Flächenkauf und eine intensive Betreuung vor Ort umgesetzt wird, werden acht Millionen Euro benötigt.
2. Für einen schrittweisen Aufbau neuer Ökologischer Stationen, um damit die Schutzgebietsbetreuung und die Naturschutzberatung in Niedersachsen landesweit zu stärken, werden fünf Millionen Euro benötigt.
3. Die Einrichtung von Landschaftspflege- und Naturschutzbauernhöfen in ganz Niedersachsen für die praktische Umsetzung von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, werden acht Millionen Euro benötigt.
4. Ein bei weitem besser finanziell ausgestattetes Gewässerprogramm, das Fließgewässer und stehende Gewässer sowohl chemisch als auch ökologisch strukturell deutlich verbessert, werden acht Millionen Euro benötigt.
5. Für Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in den Schutzgebieten und die dringend notwendige Managementplanung müssen deutlich mehr Landesmittel zur Verfügung stehen, nämlich 30 Millionen Euro.
6. Die Naturschutzbehörden, die in der Vergangenheit deutlich im Personal verkleinert wurden und vollkommen unterbesetzt sind, müssen mit weiterem, fachlich qualifiziertem Personal ausgestattet werden, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden können. Dies gilt für die Unteren Naturschutzbehörden genauso wie für den Fachbereich Naturschutz im Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und den Naturschutzreferaten im Umweltministerium. Dazu werden zwölf Millionen Euro benötigt.
7. Für den Erschwernisausgleich für Eigentümer, Landwirte und Forstwirte in Schutzgebieten, wenn ein Nutzungsverzicht oder eine Nutzungsänderung über die Gesetzeslage hinaus notwendig wird, werden zehn Millionen Euro benötigt.
8. Für die Ko- und Zwischenfinanzierung sowie Antragsunterstützung von LIFE-, Bundesprogramm Biologische Vielfalt-, Insektenförderprogramm des Bundes und Blaues Band-Projekten werden vier Millionen Euro benötigt.
9. Das Monitoring und doe Berichtspflichten der Erhaltungszustände der Arten und Lebensräume inklusive eines digitalen Artenerfassungssystems müssen mit einer Million Euro gefördert werden.