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Tierischer Rekord mit 3.612 Notfällen
Jahresbilanz 2019 weist Höchstzahl gepflegter Tiere auf



Einer von 15 Rotmilanen, die 2019 im Artenschutzzentrum gepflegt wurden. - Foto: Joachim Neumann
21. Februar 2020 - 2019 wurde die Tieranzahl im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 541 Tiere übertroffen, wobei sich allein schon die heimischen Vögel auf 2.383 Individuen summierten. „Noch vor wenigen Jahren lag die Gesamtzahl aller Pflegetiere der verschiedenen Gruppen etwa in diesem Bereich, nun sorgen allein die heimischen Vögel für diese Menge an Pfleglingen“, erläutert die Leiterin des Artenschutzzentrums, Bärbel Rogoschik. „In zwei Jahren sind unsere Vogelnotfälle um 1.002 Exemplare gestiegen.“
Die häufigsten Pflegetiere unter den heimischen Vögeln waren Haussperlinge (259), Ringeltauben (215), Amseln (171) und Mehlschwalben (149). Als seltenere Arten sind eine Rohrdommel, vier Austernfischer und gleich acht Waldschnepfen hervorzuheben.
Trockenheit und Insektenschwund machten den Vögeln zu schaffen
Einen hohen Versorgungsaufwand bereiteten im letzten Jahr Rauch- und Mehlschwalben sowie Mauersegler, deren Zahl sich auf 371 summierte. Der überwiegende Teil bestand hier aus Jungtieren, die noch nicht flügge das Nest verlassen hatten. Als Ursache kommen hohe Temperaturen als auch Nahrungsknappheit bei diesen auf Insekten spezialisierten Vögeln in Frage.
Profitiert von der Trockenheit im Frühjahr und Sommer haben die Mäuse und ihre Fressfeinde, die Greifvögel, von denen 199 (darunter 86 Mäusebussarde und 68 Turmfalken) im Zentrum zu versorgen waren. Hervorzuheben sind 15 Rotmilane, von denen neun wieder ausgewildert werden konnten.
Auch die Nachtgreifvögel profitierten vom Mäusereichtum des vergangenen Jahres: 78 versorgte Eulen bedeuten auch hier einen neuen Höchstwert. Besonders erfreulich ist der hohe Anteil an Schleiereulen (33 Tiere). Dies belegt, dass diese Art ihr Bestandstief nach circa zehn Jahren überwunden hat.
Ein zumindest in unseren Breiten sehr erfolgreiches Jahr kann für den Weißstorch bilanziert werden - 1.133 Paare in Niedersachsen und Bremen zogen 2.463 Junge groß. Im NABU-Artenschutzzentrum ist dieser Storchenboom glücklicherweise noch nicht angekommen. Es wurden 34 Weißstörche versorgt, von denen 17 wieder ausgewildert werden konnten. Auffällig war, dass fast alle im NABU-Artenschutzzentrum versorgten Jungstörche sogenannte Hungermale im Gefieder aufwiesen, was auf eine zeitweise Nahrungsunterversorgung deutet.

Wurde ausgehungert eingeliefert und wieder aufgepäppelt: ein junger Fischotter - Foto: Joachim Neumann
Besorgniserregende Entwicklungen bei Säugetieren und Reptilien
Da im Jahr 2019 keine umfangreichen Beschlagnahmungen durchgeführt wurden, sank die Zahl der zu versorgenden Reptilien auf 302 Tiere aus 46 Arten. Diese Zahl liegt aber noch immer deutlich über dem, was an Reptilien vor den beschlagnahmungsreichen Jahren 2017 und 2018 im NABU-Artenschutzzentrum zu versorgen war. Besonders dreist war ein Fall einer selbsternannten Reptilienauffangstation, deren Geschäftsmodell es war, übriggebliebene oder unliebsam gewordene Reptilien gegen Schutzgebühr aufzunehmen und später gegen eine weitere Schutzgebühr mit Gewinn wieder abzugeben.
Im Rahmen des Zucht- und Wiederansiedlungsprojektes für die Europäische Sumpfschildkröte konnten im vergangenen Jahr weitere 38 Tiere in die Freiheit entlassen werden, so dass nunmehr 300 Tiere ausgewildert wurden. Zudem wurden gewässernahe Brutplätze mit angrenzenden Flachgewässern zur Eiablage geschaffen.
Erstmals die Fünfhunderter-Marke überschritten haben die im NABU-Artenschutzzentrum gepflegten Säugetiere. Mit Abstand die häufigste Art war der Igel mit 333 Tieren. Darüber hinaus wurden auch 50 Eichhörnchen und 48 Zwergfledermäuse versorgt. Als Besonderheit ist ein junger Fischotter zu nennen, der weit abseits des nächsten Gewässers überaus hungrig aufgelesen und dem Otterzentrum in Hankensbüttel zur weiteren Aufzucht übergeben wurde. Von sechs aufgenommenen Wildkatzen konnten vier bereits ausgewildert werden, die übrigen zwei sollen im Frühjahr 2020 folgen.
Wie in jedem Jahr stammen die meisten Tiere aus dem Landkreis Gifhorn (1.109 Tiere). Es folgten die benachbarten Landkreise, bzw. Städte Peine (416), Braunschweig (384), die Region Hannover (258), Wolfsburg (241), Celle (222), Hildesheim (205) und Wolfenbüttel (151). Insgesamt erreichten das Zentrum Tiere aus 53 Landkreisen oder kreisfreien Städten aus 10 verschiedenen Bundesländern oder Stadt-Staaten.
Kritik an mangelnden Kontrollmechanismen bei der Haltung von Exoten
Nach wie vor besteht die größte Gruppe der zu versorgenden Tieren aus „verwaisten“ Jungtieren, die mit 1.075 Exemplaren einen Höchststand erreichten. Mit gehörigem Abstand folgen die Kollisionsopfer (520) vor den behördlich eingezogenen Tieren (296). Für Joachim Neumann, Mitarbeiter des NABU-Artenschutzzentrums, müsste die Kategorie der behördlich eingezogenen Tiere eigentlich wesentlich mehr Raum einnehmen. „Bei den beschlagnahmten Tieren handelt es sich fast immer um exotische Reptilien, die entweder schlecht gehalten oder zurückgelassen wurden oder um geschützte Arten, für die keine Herkunftsnachweise vorlagen. Bei den Tieren handelt es sich fast immer um Zufallsfunde oder um Tiere, die aufgrund von Anzeigen im privaten Bereich eingezogen wurden. Funktionierende Kontrollmechanismen gibt es nicht“.
Die Auswertung der Einlieferungszeiten hat wie in jedem Jahr ergeben, wie wichtig die durchgehende Erreichbarkeit des NABU-Artenschutzzentrums ist. Knapp 30 Prozent aller Tiere erreichten das NABU-Artenschutzzentrum außerhalb der regulären Öffnungszeiten.
Artenschutzzentrum auch als Umweltbildungszentrum gefragt
Über die Tierpflege hinaus fungiert das NABU-Artenschutzzentrum seit den 1990er Jahren auch als Umweltbildungs- und Naturerlebniszentrum. Im vergangenen Jahr fanden 133 Veranstaltungen statt, an denen 2.265 Personen teilnahmen. Hinzu kommt das alljährlich stattfindende Storchenfest, das 4.500 Menschen ins Artenschutzzentrum lockte.
Uwe-Peter Lestin, Vorsitzender des Förderkreises des NABU-Artenschutzzentrums, lobt die Arbeit des Teams in Leiferde: „Wenn man sich die stark gestiegenen Tierzahlen anschaut, kann man nachvollziehen, dass jeder Euro im NABU-Artenschutzzentrum willkommen ist. Auf Grund dessen hat sich der Förderkreis entschlossen, ein Jahr lang die Kosten für einen Tierpfleger zu übernehmen. Erwähnen möchte ich auch noch das Storchenfest, welches wieder ein tolles Event mit vielen gutgelaunten Besuchern war. Ich freue mich schon auf das diesjährige Storchenfest, das am 26. April stattfindet.“
Das Artenschutzzentrum unterstützen
Die finanziellen und personellen Mittel des NABU-Artenschutzzentrums sind begrenzt. Daher sind wir auf ehrenamtliche Mithilfe, Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen. Spenden sind steuerlich absetzbar. Mehr Infos: www.nabuzentrum-leiferde.de/helfen/spenden
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Herzlichen Dank!