Grünlandumbrüche im ganzen Land
NABU enttäuscht über Aufhebung des Umbruchverbotes


07. Januar 2015 - Der NABU kritisiert zudem die öffentliche Ankündigung des agrarpolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion, Wiard Siebels, vom 17. Dezember, wonach ab sofort ein Grünlandumbruch wieder möglich sei und die kurzzeitige Aufhebung des Umbruchverbotes begrüßt wurde. Da viele NABU-Mitglieder landesweit Grünlandumbrüche beobachtet haben, fordert der NABU Niedersachsen die Landesregierung auf, eine Übersicht zum Verlust der artenreichen Grünlandflächen vorzulegen und unverzüglich Schritte zur Rückgewinnung von Grünland einzuleiten.
Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender Niedersachsen, erklärte: „Es ist ein Unding, Umbrüche auf Grünlandflächen zu propagieren. Dies treibt den dramatischen Artenschwund im Grünland weiter voran und verursacht zusätzliche Treibhausgasemissionen. Nach Informationen des NABU wurde besonders auf Moorböden bspw. im Tausendschrittmoor (Landkreis Emsland) und im Landkreis Rotenburg umgebrochen, wodurch noch schneller als bisher CO2 in die Atmosphäre gerät und dies die Klimaerwärmung anheizt. Da nicht genau bekannt ist, wo sich noch artenreiches Grünland befindet, um dieses individuell zu schützen, gehen bei jedem Umbruch Blütenpflanzen auf dem Grünland verloren. Es ist schon traurig genug, dass das Landvolk die Landwirte eindrücklich auf die Umbruchsmöglichkeit über die Feiertage hingewiesen hat, eine öffentliche Ankündigung aus der SPD-Regierungsfraktion heraus ist aus Sicht des NABU aber völlig untragbar und sendet eine fatale Botschaft für eine angeblich angestrebte naturverträgliche Agrarpolitik aus."

Nach Informationen des NABU wurde besonders auf Moorböden umgebrochen, wodurch noch schneller als bisher CO2 in die Atmosphäre gerät und dies die Klimaerwärmung anheizt. - Foto: Klaus Bosse
Grünland hält traurigen Rekord bei der Artenarmut
Der NABU Niedersachsen fordert insbesondere die SPD-Landtagsfraktion auf, sich endlich wie im Koalitionsvertrag versprochen dem Erhalt der Moorböden zu widmen und dabei ganz besonders auch das Grünland im Blick zu haben. Um den Wiesenvögeln wie Kiebitz, Uferschnepfe und Bekassine sowie den Weißstörchen einen Platz zum Brüten und zur Nahrungssuche bieten zu können, braucht Niedersachsen Grünlandflächen mit einer Vielzahl an Gräsern, Kräutern, einem breiten Spektrum an grünlandtypischen Insekten und Kleintieren.
"Ziel muss es sein, artenreiche Wiesen zu erhalten und wieder Ackerflächen in Wiesen umzuwandeln, statt Grasäcker mit Hochleistungsgräsern zu schaffen oder gleich umzubrechen. Sämtliche ökologisch besonders wichtigen Standorte wie Moorböden, Grünlandflächen in FFH- und Vogelschutzgebieten, Überschwemmungsflächen sowie erosionsgefährdete Hanglagen sind als Tabuflächen zu definieren und von jeglichem Umbruch auszuschließen", betonte der NABU-Landesvorsitzende.
Nach neuesten Zahlen aus dem Bundesamt für Naturschutz haben alle landwirtschaftlich geprägten Natura 2000-Gebiete in Deutschland an Arten verloren. Ausgerechnet das Grünland nimmt einen traurigen Spitzenplatz ein.
Hintergrund:
Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hatte am Freitag, den 19.12.2014 amtlich mitgeteilt, dass der Schwellenwert für die allgemeine flächendeckende Genehmigungspflicht bei Grünlandumwandlungen unter fünf Prozent gefallen ist: Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland vom 6. 10. 2009 (Nds. GVB1. S. 362) wurde bekannt gegeben, dass sich der Anteil der Flächen, die als Dauergrünland genutzt werden, im Verhältnis zur gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche bezogen auf die Referenzjahre 2003 bzw. 2005 um weniger als 5 Prozent verringert hat.
Damit entfällt die Genehmigungspflicht für das Umbrechen von Dauergrünland nach der Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland ab dem Tag der Bekanntmachung. Damit war der Genehmigungsvorbehalt nach Cross Compliance, der sich an Empfänger von EU-Betriebsprämien richtet und im Oktober 2009 in Niedersachsen eingeführt wurde, für 13 Tage vorübergehend aufgehoben.
Beschränkungen aufgrund anderer Rechtsvorschriften in Bezug auf den Umbruch von Dauergrünland bleiben allerdings bestehen. Denn: Ab 1. 1.2015 gilt ein neues Genehmigungsverfahren gemäß § 16 des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes. Demnach ist es nach dem Naturschutzrecht weiterhin unzulässig, Grünland auf Moorstandorten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand und in Überschwemmungsgebieten umzubrechen, da dies der ordnungsgemäßen Landwirtschaft widerspricht. Generell ist der Grünlandumbruch in allen Naturschutzgebieten, in so genannten „Natura 2000-Gebieten", in gesetzlich geschützten Biotopen, auf als Geschützte Landschaftsbestandteile geltendem Ödland und sonstigen naturnahen Flächen sowie in Landschaftsschutzgebieten ohne Genehmigung verboten. Zudem darf nach dem Wasserrecht in Wasserschutzgebieten, in Überschwemmungsgebieten sowie an Gewässern Zweiter Ordnung ohne Genehmigung kein Grünlandumbruch erfolgen.