Carbon Capture and Storage: CCS
Risiken und Grenzen von CCS im Kampf gegen die Klimakrise



Carbon Capture and Storage: CCS - Grafik: Renée Gerber
Der Kampf gegen den Klimawandel hat höchste Dringlichkeit. Doch die Risiken für die Umwelt bei der ineffizienten CCS-Technologie wiegen so schwer, dass sie nur als letzte Option eingesetzt werden darf – und zwar erst dann, wenn die natürlichen Speicher wie Moore, alte Wälder, extensive Weidesysteme und Seegraswiesen weitgehend wiederhergestellt sind und diese Maßnahmen nicht ausreichen sollten.
Gaslecks mit Folgen
Das verpresste Gas soll unter der Nordsee gespeichert werden, etwa in ausgeförderten Öl- und Gaslagerstätten, und würde infolge der Verpressung unter hohem Druck stehen. Über einen Zeitraum von Jahrtausenden soll sich das Gas mineralisieren, also sich an das Gestein binden und seinen gasförmigen Zustand verlieren. Das dichte Deckgestein darüber soll verhindern, dass das Gas in die Nordsee entweicht.
Nun haben ausgeförderte Lagerstätten von Öl und Gas aber keine natürlich geschlossene Deckschicht mehr. Stattdessen ist die Deckschicht von den einstigen Bohrlöchern durchzogen, die nachträglich verdichtet worden sind. Genau hier liegt die Gefahr: Einer Studie des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel von 2020 zufolge wurden mehr als die Hälfte der untersuchten Bohrlöcher unzureichend abgedichtet, sodass es zu dauerhaften Methan-Austritten kommt. Das unter Druck stehende CO₂ könnte ebenfalls unkontrolliert entweichen.
Ein solcher Gasaustritt hätte gravierende Folgen: Entweicht das CO₂ in die Nordsee, kommt es lokal zu Versauerungen des Meerwassers. Durch das rapide Absinken des pH-Werts wird die Austrittsstelle für viele Organismen zur Todeszone. Besonders betroffen wären etwa Muscheltiere und Korallen. Solange das Leck nicht wieder abgedichtet wird, würde immer mehr CO₂ ins Meer entweichen.
Zusätzlich könnten gemeinsam mit dem CO₂ weitere Schadstoffe aus dem Untergrund ins Meer gelangen. Tiefseeorganismen entwickeln sich sehr langsam, da ihre Stoffwechselraten deutlich geringer sind als die von Organismen in höheren Wasserschichten. Beschädigte oder zerstörte Organismen brauchen daher sehr lange, um sich zu erholen. Welche konkreten Auswirkungen drohen, ist bislang jedoch unzureichend erforscht. Das Umweltbundesamt betont daher, es bestehe „dringender Forschungsbedarf hinsichtlich der Auswirkungen“.
Wenn die Folgen für die Umwelt noch nicht einmal hinreichend sicher erforscht sind, kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass etwaige Umweltschäden vertretbar wären.
Innovation ja, aber nicht auf Kosten des Wattenmeeres!
Je mehr Gas in den Untergrund eingebracht wird, desto wahrscheinlicher sind Druckdifferenzen in der Speicherschicht. Diese Druckdifferenzen können zu Rissen führen, sogenannten „geologischen Störungen“, über die ebenfalls Gas entweicht. Da CCS nur dann einen relevanten Beitrag leisten kann, wenn es in industriellem Maßstab durchgeführt wird, ist mit der Einlagerung großer Mengen zu rechnen.
Zu den Mindestvoraussetzungen für den sicheren Einsatz von CCS gehört zudem ein engmaschiges Monitoring samt schneller Zugriffsmöglichkeiten. Das Bundesamt für Naturschutz stellt jedoch klar, dass Techniken für ein derartiges Monitoring derzeit nicht zur Verfügung stehen. Selbst wenn ein Leck erkannt wird, bleibt die Frage, wie es schnell verschlossen werden kann. Bis Einsatzkräfte das Leck erreichen, können Stunden vergehen, in denen große Mengen Gas ausgetreten sind.
Das Helmholtz-Zentrum kommt zwar zu dem Ergebnis, dass CCS ausreichend erforscht und einsetzbar sei, gibt jedoch zu bedenken, dass gewaltige Kapazitäten geschaffen werden müssten. „Eine sorgfältige Prüfung des Untergrunds und die Auswahl geeigneter Speicherstätten dauert mindestens zehn Jahre; weitere fünf Jahre werden benötigt, um eine spezifische Anlage zu bewerten und die notwendigen Genehmigungen zu bekommen.“ Um das 1,5-°C-Ziel bis 2030 zu erreichen, ist diese Technologie daher absolut ungeeignet.
Alternativen
Diese erheblichen Risiken für die Umwelt sind mit dem Nutzender Technologie für das Klima abzuwägen – und dieser Nutzen ist recht gering. Denn CCS ist ineffizient. Das CO₂ aus der Luft zu filtern und zu verpressen, erfordert seinerseits gewaltige Mengen an Energie, ebenso der Transport des Gases vom Abscheidungsort zur Lagerstätte. Nur in sehr großem Maßstab könnte die Technologie einen relevanten Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten. Da sie aber zugleich sehr teuer ist, ist eine entsprechende Skalierung fragwürdig.
Um Treibhausgase zu reduzieren, gibt es eine Vielzahl anderer Maßnahmen, deren Erfolg hinreichend sicher ist. Maßnahmen, die nicht mit Schäden, sondern oftmals sogar mit Nutzen für die Umwelt verbunden sind und überdies schon heute zur Verfügung stehen: eine weniger tierzentrierte Landwirtschaft, eine weniger auf Individualverkehr fokussierte Verkehrspolitik, eine energische Wiederherstellung von Mooren, der Erhalt alter Wälder und die Wiederherstellung von Seegraswiesen.