Der Kaisermantel im Artenporträt
Allgemeines
Der Kaisermantel ist unser größter heimischer Perlmutterfalter. Er fliegt in naturnahen Wäldern und ist besonders auf blühenden Disteln oder auf Wasserdost anzutreffen. Die Weibchen legen ihre Eier nicht an den Fraßpflanzen der Raupen (Veilchen) ab, sondern in die Rindenritzen von in der Nähe stehenden Bäumen.
Die Schmetterlinge zeigen vor der Verpaarung ein interessantes Balzverhalten. Das Männchen fliegt zunächst unter dem Weibchen hindurch und regt es dabei mit dem Lockstoff seiner Duftschuppen auf den Flügeloberseiten an. Danach landen beide gleichzeitig, das Weibchen streckt dem Männchen sein Hinterleibsende entgegen, entsendet einen Lockstoff aus vorgestülpten Drüsensäcken und es kommt sofort zur Paarung.
Kennzeichen
Die Flügeloberseiten der Männchen sind leuchtend orange und tragen ein Muster aus schwarz-braunen Punkten und vier deutlichen Duftschuppenstreifen. Die Flügel der Weibchen sind etwas dunkler und bräunlich-orange gefärbt. Sie tragen eine Zeichnung aus bräunlichen Punkten und Flecken. Eine grün-graue Farbvariante der Weibchen (Argynnis paphia f. valesina) ist vor allem in Ostdeutschland beheimatet, kommt aber auch in Westniedersachsen vor. Die Unterseite der Hinterflügel beider Geschlechter ist grünlich gefärbt mit deutlicher silberner Binde.
Die Raupen sind schwärzlich-braun gefärbt. Sie tragen zwei orangegelbe Streifen und gelbbraune Dornen. Das erste nach vorn gerichtete Paar Dornen ist schwarz und sieht einem Fühlerpaar ähnlich.
Größe
Die Falter erreichen Flügelspannweiten zwischen 55 und 65 Millimetern. Die Raupen werden bis zu 38 Millimeter lang.
Lebensraum
Der Kaisermantel besiedelt Waldgebiete mit blütenreichen Lichtungen, kleineren Kahlschlägen sowie Waldränder. In jüngerer Zeit ist der Kaisermantel auch häufiger in Gärten und Gebüschen der Stadtränder zu beobachten.
Entwicklung
Die Flugzeit der Falter beginnt Mitte Juni und dauert bis Mitte September. Die ausgewachsenen Raupen findet man ab Ende Mai.
Die Eiablage erfolgt im Juli, wenn es im Wald überwiegend schattig ist. Das Weibchen fliegt zunächst in die Baumkronen, um Sonnenwärme für die Eiablage zu tanken. Anschließend wird die Bodenvegetation auf ausreichenden Veilchenbewuchs inspiziert. Dann erst fliegt es zum nächstgelegenen Baum und legt seine Eier dort in Rindenritzen ab. Die Raupen schlüpfen zwei bis drei Wochen danach, fressen ihre Eischalen und überwintern ohne weitere Nahrungsaufnahme als Jungraupen am Baum. Ab März sind sie dann an ihren Futterpflanzen zu finden. Die Verpuppung erfolgt Ende Mai. Die braune Stürzpuppe hängt an Zweigen in Bodennähe oder an der Futterpflanze.
Nahrung
Futterpflanzen der Raupen: Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana), Hain-Veilchen (Viola riviniana), März-Veilchen (Viola odorata), Rauhaariges Veilchen (Viola hirta). Bevorzugte Nektarpflanzen der Falter: Wasserdost (Eupatorium cannabinum), Disteln (Cirsium spp.), Brombeere (Rubus fruticosus agg.), Winter-Linde (Tilia cordata), auch Sommerflieder (Buddleja davidii).
Verbreitung
Der Kaisermantel ist in Europa weit verbreitet. Seit den 1950/60er Jahren wurde der Schmetterling nur noch sehr selten in Oldenburg und seiner näheren Umgebung nachgewiesen. Im Hasbruch wurde der Schmetterling in den vergangenen Jahren wieder häufiger nachgewiesen. 1996 gab es einen Nachweis in den Ipweger Büschen zwischen Oldenburg und Rastede (einzelnes Weibchen). Vier weitere Meldungen stammen aus dem Jahr 2006 und eine aus 2007 (ungeprüft). Im Jahr 2009 wurde im Südoldenburger Raum ein einzelnes Männchen beobachtet. Ein einzelnes Weibchen flog im Juli 2010 an drei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Garten im Bereich Oldenburg-Etzhorn.
Gefährdung und Schutz
Der Kaisermantel steht zwar noch nicht auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten in Deutschland, gilt jedoch regional im Niedersächsischen Tiefland – im Gegensatz zum Hügelland – als stark gefährdet.
Als Schutzmaßnahme empfohlen ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit der Förderung von lichten Stellen im Wald, die das Vorkommen der Futterpflanze ermöglichen. Außerdem die Anlage von naturnahen Waldrändern, der Verzicht auf Herbizideinsatz am Waldrandbereich sowie das Belassen oder die Neuschaffung von Wildkrautsäumen, naturnahen Grabenrändern und Feuchtwiesen, auf denen die Nektarpflanzen wachsen können.
Zusammengestellt von Elisabeth Woesner im August 2010, überarbeitet und ergänzt von E. Freese im Juli 2011.
Quellen: Bellmann, H.: Der Neue Kosmos-Schmetterlingsführer Franckh Kosmos- Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart. ISBN 3-440-09330-1.
Carter, D.J. & B. Hargreaves: Raupen und Schmetterlinge Europas und ihre Futterpflanzen. Hamburg u. Berlin 1987. ISBN 3-490-13918-6.
Evers,U.: Schmetterlinge im Garten: ansiedeln, beobachten, bestimmen. Stuttgart 1999. SSBN 3-8001-6663-1. Im Buchhandel leider vergriffen.
Lobenstein, U: Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Großschmetterlinge. Stand 2004. Inform.d. Naturschutz Niedersachs.24, Nr.3, S.165-196, Hannover.
Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt (1999): Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer, Stuttgart. ISBN 3-8001-3519-1.