Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte in Niedersachsen
Die Europäische Sumpfschildkröte zählt zu den am stärksten gefährdeten Tierarten in Deutschland und gilt in Niedersachsen als ausgestorben. Mit dem Projekt zur Wiederansiedlung soll eine ausgestorbene Art Niedersachsens hier wieder heimisch werden. Die scheuen Tiere können über hundert Jahre alt werden.
Das Verbreitungsgebiet der Europäischen Sumpfschildkröte erstreckt sich vom nordwestlichen Afrika, über die Iberische Halbinsel und über den nördlichen Mittelmeerraum bis zum Aralsee in Mittelasien sowie in Osteuropa bis ans Kaspische Meer und nördlich bis nach Litauen und Lettland. In den letzten Jahrhunderten ließ sich ein starker Rückgang der Art mit ihren vielfältigen Lebensraumansprüchen fast im gesamten Verbreitungsgebiet feststellen.
Die Zerstörung der Lebensräume ist einer der wichtigsten Gründe für den dramatischen Gesamtrückgang der Art. Insbesondere der Ausbau und die Begradigung von Bächen und Flüssen und die großflächigen Entwässerungen haben in den letzten 200 Jahren zu einem gravierenden Verlust an Gewässerhabitaten in Mitteleuropa geführt. Gleichzeitig bedingten die Aufgabe historischer Nutzungsformen z.B. Waldhutung und Beweidung der schwer zu bewirtschaftenden Endmoränenhügel, großflächige Aufforstungen und eine zunehmende Intensivierung und Industrialisierung der landwirtschaftlichen Flächen ein allgemeines Verschwinden natürlicher Landlebensräume und somit einen erheblichen Rückgang offener Flächen. In Deutschland waren die Bestände der Europäischen Sumpfschildkröte in vielen Regionen schon Ende des 18. Jahrhunderts aufgrund von Habitatzerstörungen, intensiver Nachstellung und Fischerei zusammengebrochen oder gar ausgestorben.
Aufgrund des starken Rückgangs der Art, gibt es seit den 1990er Jahren Populationsstützungs- und Wiederansiedlungsprojekte in verschiedenen europäischen Ländern z.B. in der Schweiz, in Frankreich, Polen, Litauen und Lettland sowie in einigen Bundesländern Deutschlands (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Rheinland-Pfalz). Die Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte in Niedersachsen wird vom Land Niedersachsen und der Unteren Naturschutzbehörde der Region Hannover nicht nur begrüßt, sondern sie unterstützen insbesondere die Durchführung der Pflege- und Renaturierungsmaßnahmen mit erheblichen finanziellen Mitteln. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie für eine Wiederansiedlung am Steinhuder Meer, die von der Ökologischen Schutzstation Steinhuder Meer (ÖSSM e.V.) im Auftrag des Umweltministeriums erstellt wurde, wurde eine Wiederansiedlung als durchweg positiv bewertet.
Mit der Ansiedlung und dem Schutz der Schildkrötenart sowie dem Schutz und Erhalt der Projekthabitate werden schließlich auch jede Menge anderer seltener und geschützter Arten langfristig am Steinhuder Meer profitieren z.B. in den aquatischen Habitaten Amphibien und Libellen und z.B. in den terrestrischen Habitaten Reptilien, Heuschrecken und seltene Pflanzenarten.
Das Projekt lief von April 2013 bis Oktober 2016 unter der Federführung des NABU Niedersachsen und wurde von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung sowie der HIT Umwelt und Naturschutz Stiftungs-GmbH unterstützt. Aktuell wird das Projekt vom Land Niedersachsen weiter gefördert.
Mehr ZUm Projekt:
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Aufzucht und Pflege von Europäischen Sumpfschildkröten:
Der Film gibt einen Einblick in die Haltung, Aufzucht und Pflege von Europäischen Sumpfschildkröten (Emys o. orbicularis) im NABU-Artenschutzzentrum Leiferde. Die betreuten Europäischen Sumpfschildkröten werden im Rahmen des Projektes „Ein lebendes Fossil kehrt zurück – Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte in Niedersachsen“ in den Gewässern des Projektgebietes freigelassen.
Im Naturschutzgebiet Meerbruchswiesen freigelassene Europäische Sumpfschildkröten:
Der Film zeigt das alltägliche Treiben der Europäischen Sumpfschildkröten beim Sonnenbaden in ihren neuen Heimatsgewässern. Es wurden Fotoaufnahmen und Filmsequenzen von Wildtierkameras verwendet.
Projektziele:
Artenschutz
- Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte in Niedersachsen mit genetisch geeigneten Tieren, um langfristig überlebensfähige Vorkommen zu etablieren ohne natürliche Restvorkommen Deutschlands zu schädigen
- Aufbau einer Zucht mit genetisch geeigneten Tieren im NABU-Artenschutzzentrum Leiferde
- Optimierung und Erhalt von Lebensräumen am Steinhuder Meer, die den ganzjährigen Ansprüchen der Art gerecht werden unter Berücksichtigung von Ansprüchen und potenziellen Konflikten mit Landnutzern, sowie Aufklärung und Einbindung von Jägern zur Erfassung und Kontrolle von Prädatoren der Europäischen Sumpfschildkröte
- Effizienzkontrollen zum Erfolg und zu den Gefahren der Wiederansiedlung auch zum Zwecke der zeitnahen Optimierung des Projektes in Kooperation der Projektleitung mit Hochschulen z.B. im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten.
Öffentlichkeitsarbeit
- Aufklärung der Bevölkerung über die Art, deren Bedrohungen und die Notwendigkeit der Projektmaßnahmen durch Öffentlichkeitsarbeit und die Durchführung umwelt- und naturschutzbildender Maßnahmen mit verschiedenen Methoden (Projektwebseite, Presseartikeln, Faltblätter, Poster, Ausstellung und verschiedenen Informationsveranstaltungen)
- Entwicklung von Methoden und Maßnahmen zur Weiterführung der Projektaktivitäten nach Ablauf des Projektes z.B. Patenkonzept für auszuwildernde/ ausgewilderte Schildkröten und zukünftige Effizienzkontrollen.
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