Strandaster - Foto: Helge May
Salzwiesen
Leben zwischen Land und Meer
Salzwiesen markieren den Übergangsbereich zwischen Watt und Festland. Sie entstehen, weil mit jeder Flut Schwebeteilchen ins ufernahe Watt geschwemmt werden. Dabei sinkt feines Material ab und bildet mit der Zeit eine Schlickschicht, die rund einen Zentimeter pro Jahr wächst.
Im Wattenmeer vielerorts auf ein schmales Vorland vor den Deichen beschränkt, stellen Salzwiesen doch weltweit eine Besonderheit dar. Sie sind ein einzigartiger, wertvoller Lebensraum und von enormer Wichtigkeit für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Deshalb sind Salzwiesen in Europa auch besonders geschützt. In Niedersachsen gibt es noch rund 8.400 Hektar Salzwiesen.
Die Pflanzenwelt des Wattenmeers ist an die speziellen Standortbedingungen besonders angepasst. Dies ist notwendig, denn die Salzwiesen werden regelmäßig überflutet. "Normale" Landpflanzen kämen mit den hohen Salzgehalten, denen die Pflanzen hier täglich ausgesetzt sind, nicht zurecht. Man findet in den Salzwiesen deshalb viele endemische Arten. Die sogenannten Halophyten sind sogar derart an das Leben im Salz angepasst, dass sie ohne eine bestimmte Konzentration von Salz gar nicht lebensfähig wären. Beispiele dafür sind der Gewöhnliche Queller, die Strandsode oder das Salz-Schlickgras.
Zonierung der Salzwiesen
An welcher Stelle welche Arten vorkommen ist abhängig vom Höhenniveau, auf dem diese Pflanzen wachsen. Das ist leicht zu verstehen, wenn man sich vor Augen führt, dass der Lebensraum Wattenmeer von Ebbe und Flut geprägt ist. Die Standorte der Pflanzen werden also mehr oder weniger stark überflutet und das bedeutet, dass die Böden desto mehr dem Salzwasser ausgesetzt sind, je tiefer sie liegen (in Relation zum Mittleren Tidehochwasser).
Man unterscheidet drei Zonen:
Die Pionierzone liegt unterhalb der Hochwasserlinie und steht bei Flut täglich zwei Mal mehrere Stunden unter Wasser. Sie wird auch als Quellerzone bezeichnet, denn hier wachsen nur zwei Blütenpflanzen: der Gewöhnliche Queller und das Salz-Schlickgras.
Die Untere Salzwiese erstreckt sich bis etwa 30 cm oberhalb der Hochwasserlinie. Diese Zone markiert den eigentlichen Beginn der Salzwiese und wird 100-300 Mal pro Jahr überflutet. Hier wachsen außer dem Andelgras z.B. die Strandaster, der Strandflieder, der Stranddreizack und die Portulak-Keilmelde.
Die Obere Salzwiese erstreckt sich bis etwa 70 cm oberhalb der Hochwasserlinie und wird nur 25-70 Mal pro Jahr überflutet. Die Zahl der Pflanzenarten steigt in dieser Zone an. Hier wachsen außer dem Salzwiesen-Rotschwingel z.B. das Milchkraut, der Strandbeifuß und die Strandquecke.
Typische Pflanzen der Salzwiese
Gewöhnlicher Queller, Strandwegerich, Strandaster, Strandgrasnelke, Strandflieder, Portulak-Keilmelde, Strandsode, Salz-Schlickgras, Stranddreizack, Milchkraut, Strandquecke, Strandbeifuß, Strandwermut, Salzwiesen-Rotschwingel, Andelgras, Gewöhnliches Löffelkraut.
Trickreiche Anpassungsmechanismen
Im Lauf der Evolution haben Pflanzen unterschiedliche Anpassungsstrategien an die extremen Bedingungen der Salzwiesen entwickelt. Man unterscheidet zwei Typen: Die Salzausschließer und die Salzanreicherer. Die Salzausschließer, das sind z.B. Binsen und Gräser, haben Wurzeln entwickelt, die verhindern, dass zu viel Salz ins Innere der Pflanze gelangt.
Die Salzanreicherer hingegen lassen die Salze passieren und reichern sie in der Pflanze an. Jedoch ist es auch für sie überlebensnotwendig, das angereicherte Salz wieder loszuwerden, ansonsten würde der Organismus der Pflanze nach einer Weile regelrecht vergiftet. Auch hier lassen sich zwei unterschiedliche Strategien unterscheiden. Entweder erfolgt die Salzabgabe über die Blätter. Dann werden die Blätter oder Blattanhängsel, in denen das Salz gespeichert ist, von Zeit zu Zeit einfach abgeworfen. Dies lässt sich beispielsweise bei der Keilmelde beobachten. Oder die Pflanze scheidet das Salz kontinuierlich über spezielle Salzdrüsen im Blatt aus - eine Anpassungsstrategie z.B. der Strandgrasnelke und des Strandflieders.
Schließlich gibt es auch noch die Sukkulenten. Wer dabei an Kakteen denkt, denkt in die richtige Richtung: Denn auch die Sukkulenten des Wattenmeers haben auffällig dickfleischige Blätter und Stängel. Hier ist der "Trick", dass das Wachstum der Zellen, vereinfacht gesagt, schneller vonstatten geht als die Aufnahme des Salzes. Der Salzgehalt in der Pflanze wird also quasi verdünnt. Eine Anpassung, die beispielsweise Strandwegerich und Strandaster entwickelt haben.
Wattenmeer-Tour: Mit dem NABU Salzwiesen erleben
Lust auf mehr? Seit 2020 bietet das Nationalpark-Haus Wangerooge jeden zweiten Freitag um 10 Uhr eine Botanische Führung im Wattenmeer an. Wer den Lebensraum auf eigene Faust entdecken will, sollte den Salzwiesen-Erlebnispfad in Neßmersiel besuchen.
Auch das Nationalpark-Haus Greetsiel bietet Salzwiesenführung an. Kommen Sie mit auf eine einstündige Entdeckungsreise durch Neptuns Vorgarten! Sie erfahren, wie sich Pflanzen und Tiere "zwischen Land und Meer" anpassen und welche Bedeutung die Salzwiesen für den Küstenschutz hat. Die Führung findet jeden Freitag um 16 Uhr statt. Um eine vorherige Anmeldung wird gebeten: Nationalpark-Haus Greetsiel