Chronik Volksbegehren NABU Niedersachsen
Volksbegehren endet: 162.530 Unterschriften erreicht
27. November 2020- Zum Ende des Volksbegehrens "Artenvielfalt.Jetzt!" am 13. November 2020 haben 162.530 Menschen in Niedersachsen mit ihrer Unterschrift für besseren Tier- und Pflanzenschutz gestimmt. Das teilte die Landeswahlleiterin den fünf Initiator*innen des Volksbegehrens diese Woche mit. Positiv bewerten die Volksbegehrens-Initiator*innen, dass es das vielfach unterstellte Stadt-Land-Gefälle nicht gibt. „Wir haben sowohl in Städten als auch im ländlichen Raum deutlich überdurchschnittliche Unterschriftenzahlen erreicht. Das zeigt, dass die Notwendigkeit, mehr für den Natur- und Artenschutz zu tun, überall erkannt wird“, sagte Holger Buschmann, Vorsitzender des NABU Niedersachsen. Den landesweit höchsten Unterschriftenanteil an den Wahlberechtigten hat das Volksbegehren in der Stadt Oldenburg erreicht, gefolgt vom Landtagswahlkreis Bergen im Landkreis Celle, den Wahlkreisen Oldenburg-Land und Vechta.
Erfolg durch zahlreiche regionale Aktionsbündnisse
Auch die breite Mobilisierung von Aktiven in fast allen Teilen des Landes war nach Einschätzung der Volksbegehrens-Initator*innen ein wesentlicher Grund für den Erfolg. „Es gab in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt mindestens ein regionales Aktionsbündnis, in dem sich viele Engagierte vernetzt und die Unterschriftensammlung organisiert haben. Das hat hervorragend funktioniert, auch wenn wir coronabedingt fast sämtliche größere öffentliche Veranstaltungen streichen mussten“, resümiert Anne Kura, Landesvorsitzende der Grünen. „Unsere Aktiven und viele Einzelpersonen haben deshalb sehr erfolgreich auf Haustür- und Straßensammlung umgestellt.“
Dass Niedersachsen jetzt endlich bessere Regeln für den Arten- und Naturschutz bekommt, ist im wesentlichen auch ein Erfolg all derjenigen, die für das Volksbegehren aktiv waren, unterschrieben haben und damit großen Druck ausgeübt haben.
Die über den so genannten „Niedersächsischen Weg“ in einer Vereinbarung zwischen Landesregierung, Landvolk und Umweltverbänden vereinbarten Maßnahmen wird man zukünftig vor Ort eng begleiten. „Der rechtliche Rahmen ist gesetzt, die Förderprogramme stehen, jetzt werden wir uns sehr genau anschauen, was vor Ort konkret passiert. Wir bleiben am Ball“, versichert der Grünen-Landesvorsitzende Hanso Janßen.
Volksbegehren hat wesentliche Ziele erreicht
29. Oktober 2020 - Heute verkündete die Landesregierung eine Einigung beim sogenannten Niedersächsischen Weg. Ein Gesetzespaket samt Verordnungen wird in den Landtag eingebracht, das für mehr Artenschutz in Niedersachsen sorgen soll. Die heute verkündete Einigung beim sogenannten Niedersächsischen Weg auf ein Gesetzespaket samt Verordnungen für mehr Artenschutz in Niedersachsen kommentiert der Initiatorenkreis des Volksbegehrens Artenvielfalt.Jetzt! wie folgt:
„Wir haben den Artenschutz in Niedersachsen einen großen Schritt vorangebracht. Ohne das Volksbegehren hätte es den Niedersächsischen Weg niemals gegeben: Erst durch den Start des Volksbegehrens hat sich die Landesregierung bewegt und die Verhandlungspartner an einen Tisch geholt. Ohne das Volksbegehren und den damit verbundenen zeitlichen Druck läge heute weder dieses Gesetz auf dem Tisch noch gäbe es die weiteren Vereinbarungen zur Artenvielfalt. Das ist ein großartiger Erfolg des Volksbegehrens – und dass schon in der ersten Runde, vor der offiziellen Zulassung", sagt Initiatorin und Grünen-Landesvorsitzende Anne Kura.
Ihr Co-Vorsitzender Hanso Janßen ergänzt: „Die beiden großen Umweltverbände BUND und NABU sind den Niedersächsischen Weg mitgegangen und sehen das Gesetzespaket samt Verordnungen als einen großen Beitrag für besseren Naturschutz. Auch wir halten die ausgehandelten Ergebnisse für einen wichtigen Schritt hin zu mehr Artenvielfalt in Niedersachsen, auch wenn wir nicht alle Ziele zu 100 Prozent erreicht haben. Wenn der Landtag dieses Gesetzespaket jetzt im November-Plenum beschließt, werden wir das Volksbegehren beenden. Klar ist: Ohne die vielen Menschen, die sich für das Volksbegehren eingesetzt haben, wären wir nie so weit gekommen! Deshalb danken wir allen, die Unterschriften gesammelt, die unterschrieben und die trotz Corona-Einschränkungen für mehr Artenschutz geworben haben sowie auch unseren über 200 Bündnispartnern und Unterstützerinnen und Unterstützern!"
Initiator Klaus Ahrens, der zugleich Vizevorsitzender des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes ist, sagt: „Es wird mehr Ökolandbau geben, mehr Biotopverbünde und mehr Schutz unserer Gewässer vor Einträgen aus der Landwirtschaft. Auch bei der dringend erforderlichen Reduzierung der Pestizide wurden Fortschritte erzielt – auch wenn ich mir aus Imkersicht mehr erhofft hatte. Wichtig ist: Wir dürfen uns jetzt nicht zurücklehnen. Das Insekten- und Artensterben ist nach wie vor dramatisch und nicht mit dem heutigen Tag beendet. Dennoch ist – auf Druck des Volksbegehrens – ein erster Schritt in die richtige Richtung getan. Jetzt kommt es darauf an, dass auch die Förderprogramme und Verordnungen im Sinne des Naturschutzes umgesetzt werden. Wir werden der Regierung sehr genau auf die Finger schauen, damit die finanziellen Zusagen eingehalten und wirksame Programme zum Beispiel für den Wiesenvogel- und Insektenschutz tatsächlich umgesetzt werden."
Initiator Dr. Nick Büscher vom NABU-Vorstand meint: „Es war richtig, das Volksbegehren bis zuletzt vorangetrieben zu haben, denn sonst wären wir nicht dahin gekommen, wo wir heute stehen. Das jetzt erzielte geeinigte Maßnahmen-Paket des Niedersächsischen Weges ist ein großer Schritt in Richtung besserer Artenschutz – auch wenn wir noch ganz am Anfang stehen. Wir müssen den Dialog fortführen, wir brauchen in den nächsten Monaten und Jahren weitere kontinuierliche Anstrengungen auf Landes- und EU-Ebene und vor Ort in den Kommunen: für eine andere Agrarpolitik und für konsequenten Artenschutz."
Niedersächsischer Weg: NABU begrüßt Einigung
6. September 2020- Am vergangenen Freitag konnten Umweltministerium, Landwirtschaftsministerium, Landwirtschaftskammer, Landvolk, BUND und NABU eine Einigung bei den Gesetzestexten des Niedersächsischen Weges erzielen. „Es waren harte Verhandlungswochen. Jede Seite hat für ihre Punkte gekämpft. Doch wir haben auch gemerkt, dass jeder für den gemeinsamen Erfolg zu Kompromissen bereit ist. Durch diese offene und konstruktive Zusammenarbeit haben wir es nun geschafft, gemeinsam mit der Landwirtschaft einen Weg zu begehen, der in Niedersachsen bislang noch nicht begangen wurde. In einem ersten Schritt ist eine Einigung über die Gesetze erzielt worden. Doch die Verordnungen, welche ein wichtiger Teil des Gesamtpaketes sind, bedürfen noch der weiteren Ausarbeitung“, kommentierte Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, die Einigung.
Der NABU Niedersachsen ist auch Träger des Volksbegehren Artenvielfalt. Seit September 2019 ist bekannt, dass dieses geplant und durchgeführt werden sollte. „Ohne den Druck des Volksbegehrens wäre der Niedersächsische Weg so nie zustande gekommen“, sagt Buschmann. „Nur dank der vielen ehrenamtlich Aktiven, die unermüdlich für mehr Artenvielfalt auf die Straße gegangen sind und Unterschriften gesammelt haben, konnte dieser Teil-Erfolg errungen werden!“
Der NABU wird weiterhin das Volksbegehren Artenvielfalt vorantreiben. Denn noch ist dieser Gesetzentwurf nur eine Einigung der beteiligten Verhandlungspartner. Erst wenn der Gesetzesentwurf durch die Regierungsfraktionen ins Parlament eingebracht wird, kann davon ausgegangen werden, dass dieses Gesetz Rechtsgültigkeit erlangen kann.
Landvolk-Kritik an NABU-Bedingungen unbegründet
12. August 2020- Der NABU weist die Kritik des Landvolks an den Bedingungen des NABU für ein Zustandekommen des Niedersächsischen Wegs zurück. Der NABU Niedersachsen hat jüngst die Bedingungen bekräftigt, wonach ein erfolgreiches Volksbegehren auch mit dem Niedersächsischen Weg vereinbar sei. Hierzu gehören vom Niedersächsischen Landtag beschlossene Gesetze (Naturschutzgesetz, Waldgesetz, Wassergesetz), die den Zielen des Niedersächsischen Weges und des Volksbegehrens in keinster Weise nachstehen oder diese verwässern, sowie eine haushaltsrechtliche Sicherung der Maßnahmen.
Unverständlich ist dem NABU Niedersachsen die Kritik des Landvolks, das diese Bedingungen nun als undemokratisch bezeichnet hat. „Über sein Demokratieverständnis sollte das Landvolk noch einmal nachdenken“, rät NABU-Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann. „Mit unserem Volksbegehren machen die Bürgerinnen und Bürger selbst ein gutes Naturschutz-, Wasser- und Waldgesetz. Demokratischer geht es gar nicht.“
Die Kritik des Landvolks an den Bedingungen des NABU für ein Zustandekommen des Niedersächsischen Wegs zeige aber erneut, wie schwierig dieser Weg noch immer sei, sagt der NABU-Landesvorsitzende: „Einige Kreisverbände des Landvolks ziehen gegen Maßnahmen wie Gewässerrandstreifen und einen besseren Schutz von Wiesenvögeln zu Felde, die vom Landvolk in der Absichtserklärung zum Niedersächsischen Weg selbst unterschrieben worden sind.“
Offenbar hoffen einige Akteure des Landvolks immer noch, mit kleinen Maßnahmen hier und da das Volksbegehren stoppen zu können. „Diese Hoffnung wird aber nicht aufgehen. Nur, wer für das Volksbegehren unterschreibt, kann derzeit sicher sein, dass wir tatsächlich gesetzliche Änderungen für eine intaktere Natur in Niedersachsen, für mehr Insekten- und Gewässerschutz erreichen“, so Buschmann abschließend.
Über 200 Bündnispartner
11. August 2020 - Das Bündnis aus Vereinen, Unternehmen und Parteien, das aktuell in ganz Niedersachsen Unterschriften für das Volksbegehren Artenvielfalt sammelt, ist inzwischen auf über 200 Bündnispartner angewachsen. „Wir freuen uns sehr über das schnelle Wachstum und über die gesellschaftliche Breite, die unser Bündnis inzwischen erreicht hat. Auch bei der Sammlung von Unterschriften erfahren wir überall im Land großen Zuspruch. Das macht sehr deutlich, wie sehr die Bürgerinnen und Bürger wollen, dass endlich mehr für den Natur- und Artenschutz in Niedersachsen getan wird“, sagte Anne Kura, Mitinitatorin des Volksbegehrens „Artenvielfalt.Jetzt!“. „Mit wohlklingenden Absichtserklärungen lassen sich die Menschen nicht mehr abspeisen, weil dabei bisher viel zu oft am Ende nichts herausgekommen ist“, ist Kura überzeugt.
Die anhaltende Kritik der Landesregierung am Volksbegehren kann Anne Kura nicht nachvollziehen. „Schließlich kritisiert die Landesregierung ja nicht unsere Inhalte, sondern unser Vorgehen. Ein Ministerpräsident und ein Umweltminister, die unser Volksbegehren am liebsten deshalb verhindern wollen, weil ihnen das Instrument nicht passt, müssen sich ernsthaft nach ihrem Demokratieverständnis fragen lassen. Mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger als mit einem Volksbegehren geht schließlich nicht“, so Anne Kura.
Das Volksbegehren ist erfolgreich, wenn es von 10 Prozent der zur Landtagswahl wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger unterschrieben wurde. Dann hat der Landtag die Möglichkeit, das mit dem Volksbegehren vorgelegte Gesetz weitgehend unverändert zu übernehmen oder es kommt zu einer Volksabstimmung, bei der alle Wahlberechtigten wie bei einer Landtagswahl an die Urnen gerufen werden.
Volksbegehren: Landesregierung in Panik
6. August 2020 - Ministerpräsident Weil äußerte sich via dpa kritisch gegenüber dem NABU, der indessen weiterhin sehr konstruktiv am Niedersächsischen Weg weiterarbeitet. Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, zeigt Unverständnis über die Äußerungen von Ministerpräsident Weil. „Zu einer Demokratie gehören auch Auseinandersetzungen und Kontroversen. Das scheint dem Ministerpräsident nicht zu passen“, so Buschmann. „Dass diese nicht immer einvernehmlich sind, liegt wohl in der Natur der Sache.“
„Der Zustand unserer Natur, gerade hier in Niedersachsen, ist äußerst besorgniserregend“, betont Dr. Holger Buschmann. „Das liegt unter anderem auch daran, dass die Landesregierungen in den letzten Jahrzehnten wichtige Reformen verschlafen haben, um unsere Natur, unser Wasser und unsere Wälder zu schützen. Nun dem NABU den schwarzen Peter zuzuschieben, zeigt ja schlicht, dass die Landesregierung Panik vor einem erfolgreichen Volksbegehren hat.“
Der NABU Niedersachsen plant seit dem Frühsommer vergangenen Jahres ein Volksbegehren zum Erhalt der Artenvielfalt in Niedersachsen. Seit September 2019 weiß die Landesregierung hierüber Bescheid. Erst seit Anfang 2020 wurden lockere Gespräche geführt. Nach der offiziellen Ankündigung des Volksbegehrens durch eine Pressekonferenz wurden die Gespräche zum Niedersächsischen Weg intensiver. „Das zeigt eindeutig, dass es ohne das Volksbegehren überhaupt keinen sogenannten Niedersächsischen Weg gäbe. Umweltminister Olaf Lies müsste den knapp 200 Bündnispartnern des Volksbegehrens eigentlich dankbar sein, dass diese mehr für die Natur in Niedersachsen erreichen möchten. Denn ohne sie könnte er sich nicht mit dem Niedersächsischen Weg brüsten“, so Buschmann.
Wie die Landesregierung mit Versprechungen umgeht, zeigt die geplante Ausweitung der Gänsejagd auf streng geschützte Arten wie Bläss- und Nonnengänse. Es wurde von Agrarministerin Otte-Kinast versprochen, dass mögliche Änderungen der Jagdzeitenverordnung zuerst mit den Experten im Arbeitskreis Gänsemanagement besprochen werden, in dem auch der NABU beteiligt ist. Dieses Versprechen wurde gebrochen, die Jagdzeitenverordnung vorab in die öffentliche Verbandsbeteiligung gegeben. Zudem widersprechen die Änderungen den im Rahmen des Arbeitskreises gewonnenen Forschungserkenntnissen eklatant. „Das zeigt uns, wie "wertvoll" Versprechen der Landesregierung sind und die geringe Wertschätzung des Naturschutzes“, kommentiert der NABU-Landesvorsitzende. „Gerade im Hinblick des Volksbegehrens sind wir hier sehr vorsichtig!“
Wie uneins die Regierungsfraktionen hinsichtlich des Niedersächsischen Wegs sind, zeigen die Äußerungen der CDU-Abgeordneten Helmut Dammann-Tamke und Martin Bäumer. Der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Helmut Dammann-Tamke, betonte im Politikjournal Rundblick vom 5.5.2020, Vorrang vor Ordnungsrecht hätten Anreizsysteme. Die Neue Osnabrücker Zeitung vom 24.07.20 berichtet unter der Überschrift „Treffen zwischen Landwirten und Politikern: Bäumer bremst Hoffnung auf schnelle Gesetze zum Niedersächsischen Weg“ von einer Aussage des umweltpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Martin Bäumer. Dieser habe gesagt, es gebe „keine Bereitschaft in der Fraktion, die Forderungen durchzuwinken und sofort zum Gesetz zu machen.“
Diese Aussagen lassen nur einen Schluss zu, so Dr. Buschmann: „Dass die Landesregierung trotz der Unterschriften von Ministerpräsident Weil, Umweltminister Lies und Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast unter die Absichtserklärung des Niedersächsischen Weges sich nicht sicher sein kann, dass der Landtag den gemeinsam entwickelten Gesetzestexten und Finanzversprechungen auch tatsächlich zustimmt.“
Dem NABU geht es um die Sache, während die Landesregierung und die Regierungsfraktionen diesen Beweis (noch) schuldig bleiben.
Landtagsdebatte "Den niedersächsischen Weg gemeinsam gehen!“
1. Juli 2020 - In der heutigen aktuellen Stunde im Landtag Niedersachsen wurde leidenschaftlich über den Antrag der SPD-Fraktion „Miteinander für den Natur-, Arten- und Gewässerschutz - den niedersächsischen Weg gemeinsam gehen!“ debattiert. Immer wieder wurde in den Wortbeiträgen versucht, das demokratische Instrument des Volksbegehrens durch den Vorwurf parteipolitischer Einflussnahme durch eine Partei zu diskreditieren.
„Mit dieser fadenscheinigen Argumentation versuchen die Abgeordneten das Instrument des Volksbegehrens zu beschädigen. Sie hätten sich von Anfang an in den Prozess der Volksgesetzgebung einbringen können. Angefragt haben wir sie schließlich“, weist Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, die Vorwürfe entschieden zurück. „Jetzt den über 160 Unterstützern des Volksbegehrens, darunter Umweltverbände wie BUND, WWF, Heimatbund Niedersachsen, NaturFreunde Niedersachsen, Imkerverbände, Landwirtschaftsverbände, Stiftungen und Unternehmen politische Instrumentalisierung durch eine Partei vorzuwerfen ist allerhand und beschämend.“
Richtig ist, dass das Volksbegehren neben Bündnis 90/Die Grünen auch die Ökologisch-Demokratische Partei, DIE LINKE. Niedersachsen, PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ Landesverband Niedersachsen, Piratenpartei Niedersachsen sowie einige Wählergemeinschaften unterstützen.
Angefragt, das Volksbegehren zu unterstützen, waren praktisch alle politischen Parteien, die 2017 zur Landtagswahl antraten. CDU Niedersachsen, FDP Niedersachsen sowie Freie Wähler Niedersachsen erteilten dem Volksbegehren eine Absage. Dr. Bernd Althusmann, Landesvorsitzender der CDU, wünschte den Initiatoren des Volksbegehrens dennoch Erfolg bei der Durchführung. Die SPD Niedersachsen bleibt bis heute eine Antwort auf die Anfrage schuldig.
Insbesondere der NABU als einer der Träger des Volksbegehrens geriet in die Kritik einiger Abgeordneten. Der seit dem Jahr 1899 existierende Verband zeichnet sich durch seine demokratische Organisation und sein praktisches Handeln aus. Denn die Mitglieder im NABU bestimmen mit! Durch aktives und passives Wahlrecht hat jedes Mitglied Einfluss auf die Besetzung der örtlichen und regionalen NABU-Vorstände sowie die inhaltliche Arbeit des NABU und kann sich als Delegierte oder Delegierter für die Landes- und Bundesvertreterversammlung wählen lassen. „Jedes unserer mittlerweile 112.000 NABU-Mitglieder in Niedersachsen kann also mitentscheiden, wohin sich der Verband entwickelt, welche neuen Ideen sich durchsetzen, und ob Kampagnen und Projekte erfolgreich sind. Auf dieses demokratische und überparteiliche Fundament des NABU sind wir stolz“, hebt Dr. Buschmann hervor. „Diese Mitglieder erwarten allerdings auch, dass die Positionen des NABU immer auf einer fachlichen, wissenschaftlichen Grundlage basieren. So dass auf dieser Basis Naturschutz für den Menschen umgesetzt werden kann.“
Entlarvend sei ein Teil der Äußerungen der Abgeordneten gewesen, da versucht wurde, von den tatsächlichen Problemen mit einem dramatischen Artenverlust und einem bevorstehenden Kollaps der Ökosysteme abzulenken. Der NABU stelle sich nun ernsthaft die Frage, inwieweit die Regierungsfraktionen als diejenigen, die über Gesetze und Finanzmittel beschließen, überhaupt an einer Lösung der Probleme interessiert sind. „Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass der Niedersächsische Weg, den der NABU im Übrigen sehr begrüßt und mit viel Engagement begleitet, nur ein Vorwand ist, um den NABU vom Volksbegehren abzubringen, aber keine wirklich wirksamen Maßnahmen umsetzen zu müssen. Solche politischen Spielchen dürfen nicht auf dem Rücken der Bevölkerung und deren Kindern und Kindeskinder, die die Folgen des Artensterbens auszubaden haben, geführt werden“, so Dr. Buschmann.
Riesige Resonanz auf das Volksbegehren
19. Juni 2020 - Zwei Wochen nach Start des Volksbegehrens "Artenvielfalt.Jetzt!" wurden bereits rund 200.000 Unterschriftenlisten verschickt. Ein deutliches Signal, was die Bevölkerung von der Landesregierung erwartet.
Bereits zwei Wochen nach dem Start des Volksbegehrens stehen die Telefone nicht mehr still und die Mail-Postfächer quillen über. „Wir können uns vor Anfragen nach Unterschriftenbögen kaum retten“, sagt Volksbegehren-Initiator Dr. Nick Büscher. „Das Volksbegehren ist sehr gut gestartet.“
Direkt nach dem Auftakt mit erstem Infostand in Hannover am 3. Juni begann der Run auf die Unterschriftenbögen und das Infomaterial. Die rund 50 Aktionsgruppen in ganz Niedersachsen stehen damit in den Startlöchern, um vor Ort Unterschriften zu sammeln, sobald wie möglich auch mit Infoständen und kleinen Aktionen. Auch viele Einzelpersonen haben die Bögen bereits angefordert. „Die hohe Nachfrage freut uns und zeigt, wie dringend notwendig das Volksbegehren und ein besserer Naturschutz in Niedersachsen ist“, sagt Büscher. „Den Menschen ist der Tier- und Pflanzenschutz wichtig und sie wollen etwas tun. Sie sehen die ausgeräumten Landschaften mit immer weniger Hecken und blühenden Wiesen und sind besorgt über die Gefahren des hohen Pestizideinsatzes einer immer intensiveren Landwirtschaft für Insekten, Vögel und viele weitere Tier- und auch Pflanzenarten. Aktuelle Berichte wie zuletzt der der Bundesregierung zur Lage der Natur machen deutlich: Wenn wir nicht schnellstmöglich gegensteuern, gehen Arten unwiederbringlich verloren, mit noch unabsehbaren Folgen für ganze Ökosysteme.“
Die Unterschriftensammlung startet
3. Juni 2020 - Das Artensterben macht keine Pause, die Aktionsgruppen in ganz Niedersachsen stehen in den Startlöchern und die Unterschriftenbögen liegen druckfrisch bereit: Ab sofort startet das Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt! mit dem Sammeln der Unterschriften.
Ein erster Infostand mit dem Initiatorenkreis* des Volksbegehrens in Hannovers Innenstadt machte heute Mittag den Auftakt. „Ab sofort kann unterschreiben, wer Tier- und Pflanzenarten in Niedersachsen besser schützen will! Das Artensterben ist dramatisch. Auch hier in Niedersachsen sind die Hälfte von 11.000 Tier- und Pflanzenarten bedroht, 62 Prozent der Wildbienenarten gefährdet und Millionen Brutvögel verschwunden. Der Bericht der Bundesregierung zur Lage der Natur hat es gerade nochmal verdeutlicht: Die Natur geht verloren“, sagt der Initiator des Volksbegehrens, Dr. Holger Buschmann.
„Wir sind aber auf intakte Ökosysteme angewiesen – nicht nur saubere Luft und sauberes Trinkwasser, auch die Versorgung mit gesunden Lebensmitteln hängt davon ab. Die immer intensivere Landwirtschaft ist einer der Hauptverursacher des Artensterbens. Naturforscher der Leopoldina bestätigten kürzlich, dass 80 Prozent des Biodiversitätsverlusts auf das Konto der intensivierten Landwirtschaft gehe. Deshalb darf es ein "Weiter-So" nicht geben. Wir müssen jetzt handeln, wenn wir nicht wollen, dass unsere Kinder und Enkelkinder Tierarten wie Kiebitz, Uferschnepfe, Bekassine, aber auch Feuersalamander künftig nur noch im Museum sehen werden,“ so Buschmann.
„Besseren Artenschutz gibt es nur mit besseren Gesetzen! Ankündigungen und Absichtserklärungen helfen den bedrohten Tier- und Pflanzenarten wenig“, sagt Initiatorin Anne Kura. „Es braucht verbindliche Reglungen, an die sich alle halten müssen und die Entschädigungszahlungen für Landwirte sichern. Viele Menschen sind besorgt, dass Klimakrise und Artensterben unumkehrbare Schäden anrichten. Wir brauchen 610.000 Unterschriften für das Volksbegehren Artenvielfalt, damit besserer Tier- und Pflanzenschutz in Niedersachsen Gesetz wird. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen!“
Auftakt zum Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt!
2. März 2020 - „Zeit zu handeln“ – unter diesem Motto haben die Initiatorinnen und Initiatoren am 2. März auf einer Pressekonferenz in Hannover das für Niedersachsen geplante Volksbegehren „Artenvielfalt.Jetzt!“ vorgestellt.„Das Artensterben ist eines der größten Probleme unserer Zeit“, sagt Dr. Holger Buschmann, Vorsitzender des NABU Niedersachsen. „Von den dramatisch einbrechenden Insektenbeständen sind ganze Nahrungsketten betroffen. Jeder Singvogel braucht zumindest bei der Aufzucht der Jungen Insekten. Weil es die nicht mehr ausreichend gibt, gehen inzwischen sogar weit verbreitete Allerweltsarten wie die Stare massiv zurück. Vor allem bei den typischen Arten der Kulturlandschaft sieht es schlecht aus: Fledermäuse, Vögel, Blütenpflanzen – alle Artengruppen sind betroffen.
Es gäbe zwar auch Erfolge im Naturschutz, so Buschmann, aber fast nur bei den Arten, die früher unter direkter Verfolgung gelitten haben wie Uhu oder Biber. Bei den meisten Arten sei der Verlust ihres Lebensraumes das Problem. „Das ist dramatisch und hat fatale Auswirkungen auf ganze Ökosysteme und damit für das Überleben des Menschen! Hier gilt es, endlich gegenzusteuern. Wir müssen jetzt reagieren.“
„Bedrohte Tier- und Pflanzenarten lassen sich nur mit besseren Rahmenbedingungen schützen, mit einem besseren Naturschutzgesetz und Änderungen im Wasser- und Waldgesetz. Die Landesregierung hat hierzu immer noch nichts Substanzielles vorgelegt. Deshalb bringen wir – das sind rund 70 Bündnispartner – ein Volksbegehren für die Rettung der Artenvielfalt in Niedersachsen auf den Weg“, sagt Anne Kura, Landesvorsitzende der niedersächsischen GRÜNEN. „Immer mehr Menschen fordern wirksame Maßnahmen für Artenvielfalt, Natur- und Klimaschutz. Überall in Niedersachsen haben sich lokale Aktionsbündnisse gegründet, die das Volksbegehren unterstützen und es schließen sich immer mehr Bündnispartner an.“
Imker Klaus Ahrens sagt: „ Unsere Bienenvölker sind in Gefahr. Blütenpollen, die nicht nur für Honigbienen, sondern auch für Wildbienen und Hummeln lebensnotwendig sind als Futter für ihre Brut, sind immer häufiger regelrechte Chemie-Cocktails. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen. Ohne Bienenvölker funktioniert aber weder die Landwirtschaft noch der Obstanbau. Trotzdem äußern sich Politik und Landwirtschaft, als wäre alles noch verhandelbar. Aber die Natur verhandelt nicht! Deshalb brauchen wir das Volksbegehren."
Bienen, Schmetterlinge, duftende Blumenwiesen und blühende Bäume sind nicht nur schön anzusehen – Artenvielfalt und intakte Ökosysteme sind die Grundlage unseres Lebens. Sie sor gen für sauberes Wasser, gesunde Ernährung und viele Rohstoffe, die wir zum Wirtschaften brauchen. „Auch unseren Kindern und Enkeln wollen wir eine vielfältige Umwelt hinterlassen, in der sie den ganzen natürlichen Reichtum an Pflanzen und Tieren, an Schmetterlingen, Libellen und Wildbienen, an Fröschen, Fischen und Vögeln erleben können“, sagt Hanso Janßen, Landesvorsitzender der niedersächsischen GRÜNEN.
„Deshalb gilt es, die für die Artenvielfalt so wichtigen Strukturen in der Landschaft wie Hecken, Wegeränder und Feldraine zu schützen. Naturschutzgebiete wollen wir von Pestiziden freihalten, Gewässerränder sollen nicht gedüngt und gespritzt werden, um auch hier die Artenvielfalt zu erhöhen und die Gewässer zu schützen. Für die damit verbundenen Ertragseinbußen der Landwirte sind gesetzliche Ausgleichszahlungen vorgesehen“, sagt Hanso Janßen. Darüber hinaus müsse die Agrarpolitik umgebaut und deutliche Anreize für nachhaltiges Wirtschaften gesetzt werden.
Im Zuge des Volksbegehrens Artenvielfalt hat sich auch ein Bündnis von Jugendverbänden gegründet, das die Kampagne unterstützt und eigenständig für sie mobilisiert. Die Mitglieder des Jugendbündnisses sind BUNDjugend Niedersachsen, Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung, FridaysforFuture Niedersachsen, Grüne Jugend Niedersachsen, Junges Bioland Niedersachsen, Linksjugend ['solid] Niedersachen, Naturfreundejugend Niedersachsen und NAJU Niedersachsen.
Magdalena Schumacher spricht für das Jugendbündnis des Volksbegehrens: „Die derzeitige Agrarpolitik ignoriert den Wert von Natur. Dies trägt erheblich zu einem globalen Artensterben ungeheuren Ausmaßes bei. Wir fordern ein Gesetz für Niedersachsen, das biologische Vielfalt wirksam schützt, Ökosysteme für nachfolgende Generationen erhält und nachhaltige Landwirtschaft fördert. Konsequenter Natur- und Artenschutz ist zugleich ein entscheidender Beitrag zum Klimaschutz. Nur so ist eine lebenswerte Zukunft möglich: There is no future on a dead planet!"
Zum Initiatorenkreis des Volksbegehrens gehören Klaus Ahrens vom Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund, Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, und Dr. Nick Büscher, stellvertretender Vorsitzender im NABU-Vorstand, sowie Hanso Janßen und Anne Kura, Landesvorsitzende der niedersächsischen GRÜNEN. Für das Jugendbündnis zum Volksbegehren war Magdalena Schumacher, Landesjugendsprecherin der NAJU, auf der Pressekonferenz dabei.
Warum ein Volksbegehren Artenvielfalt?
Aktuell wird die Naturschutzgesetzgebung in Niedersachsen überarbeitet. Es wird voraussichtlich keine wirkliche Verbesserung geben. Deshalb initiiert der NABU Niedersachsen gemeinsam mit einem breiten Bündnis das Volksbegehren.
Bienen, Schmetterlinge, duftende Blumenwiesen und blühende Bäume sind nicht nur schön anzusehen – Artenvielfalt und intakte Ökosysteme sind die Grundlage unseres Lebens. Sie sorgen für saubere Luft, gesunde Ernährung und viele Rohstoffe, die wir zum Wirtschaften benötigen.
Aber der Verlust dieser Vielfalt ist eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit: sowohl global, als auch vor unserer eigenen Haustür ist es um die Natur extrem schlecht bestellt. Vom Harz bis an die Küste, von der Ems bis zur Elbe sind Lebensräume und Arten in ihren Vorkommen gefährdet. Die Hälfte von 11.000 niedersächsischen Tier- und Pflanzenarten ist bedroht, rund 62 Prozent aller Wildbienenarten sind in ihrem Bestand gefährdet und bereits 12 Millionen Vogelbrutpaare sind bundesweit in den letzten zehn Jahren verschwunden.
Feldvögel wie Feldlerchen, Kiebitze, Feldsperlinge oder Stare verloren ihre Lebensgrundlage, wie aus einem europaweiten Vogelmonitoring hervorgeht. Es ist belegt, dass die Feld- und Wiesenvögel im Vergleich zu den Wald- und Siedlungsarten deutlich stärker zurückgehen. Die Bekassine, früher als „Himmelsziege“ überall in Niedersachsen bekannt, hat in den letzten dreißig Jahren um über 80 Prozent im Bestand abgenommen.
Die Hauptgründe für diesen massiven Artenrückgang sind die heutige Form der Landnutzung und der Flächenverbrauch. Die intensivierte land- und forstwirtschaftliche Nutzung führt dazu, dass strukturreiche und vielfältige Lebensräume verloren gehen und unsere Gewässer durch überhöhte Düngung und Pestizideinsatz belastet werden. Außerdem werden jeden Tag neue Flächen in Niedersachsen versiegelt, Flächen, die der Natur nicht mehr zur Verfügung stehen.
Arten und Lebensräume können nur erhalten werden, wenn unsere Natur konsequent geschützt wird. Der NABU sieht sich in der Pflicht, an dieser Stelle noch stärker für den Erhalt von Mensch und Natur einzutreten - denn ein „Weiter so“ kann und darf es nicht geben.
Naturschutz ist Ländersache - unsere Chance!
Weil Naturschutz in Deutschland Ländersache ist, gestalten die einzelnen Bundesländer ihre jeweiligen Ausführungsgesetze des Bundesnaturschutzgesetzes selbst. Aktuell wird dieses Ausführungsgesetz in Niedersachsen überarbeitet. Es wird voraussichtlich keine weitere Verschlechterung, aber auch keine wirkliche Verbesserung geben. Da die aktuelle Gesetzgebung keine Lösungen für die genannten Probleme bietet, initiiert der NABU Niedersachsen gemeinsam mit einem breiten Bündnis an Partnern aus Naturschutz, Politik, Zivilgesellschaft sowie Unternehmen das Volksbegehren "Artenvielfalt in Niedersachsen".
Aus Sicht der Initiatoren müssen das Niedersächsische Naturschutzgesetz, das Niedersächsische Wassergesetz und das Niedersächsische Waldgesetz dringend geändert werden, um den rasanten Rückgang der Artenvielfalt in Niedersachsen zu stoppen und unsere Landschaft wiederzubeleben.
Dies kann nur gelingen, wenn unsere Gewässer geschützt, die ökologische Landwirtschaft gefördert sowie Lebensräume für Vögel, Insekten und andere Arten erhalten werden. Die Schutzgebiete sollen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern tatsächliche Wirkung entfalten.
Es geht nicht nur darum, die Schönheit unserer Heimat zu erhalten, sondern ganz elementar um unsere Lebensgrundlagen. Wir müssen jetzt handeln, denn noch können wir eine Umkehr erreichen. Mit unserer Volksinitiative haben die Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen es selbst in der Hand, wie sie mit ihrer Natur, ihrer Lebensgrundlage, ihrer Heimat umgehen möchten.