Kranichzug in Niedersachsen
Fantastisches Schauspiel für Naturfreunde
19. Oktober 2018- „Hier in Niedersachsen sind wir in einer besonderen Situation. Während es in Deutschland Regionen gibt, in denen man nie Kraniche zu Gesicht bekommt, ziehen sie in Niedersachsen direkt über unsere Köpfe hinweg“, stellt Prof. Dr.-Ing. Ulrich Reimers fest. Er ist Vizepräsident für Hochschulentwicklung und Technologietransfer der TU Braunschweig, Sprecher und Gründer der Arbeitsgruppe Avifauna Süd-Ost-Niedersachsen (AviSON) im NABU Niedersachsen und seit frühester Jugend Ornithologe.
Kranichzug in Niedersachsen
Wer Kraniche sehen will, sollte jetzt vor allem die Ohren aufsperren. Denn zu überhören ist ihr charakteristischer Ruf kaum. „Manchmal höre ich sie sogar im Schlaf“, berichtet Reimers. Im Schmalfrontzug in typischer keilförmiger Formation ziehen die Kraniche über Süd- und Südostniedersachsen. Da es nur wenige Orte gibt, wo sich Kraniche bei der Rast beobachten lassen, spielt sich der Kranichzug in Niedersachsen vor allem am Himmel ab. Mit etwas Glück lassen sich an einem Tag bis zu 20.000 durchziehende Tiere beobachten.
„Wer Kraniche ausgiebig studieren möchte, sollte sich im Herbst in die Rastgebiete in den Nordosten Deutschlands aufmachen“, rät Reimers deshalb. „Rund um die Darß-Zingster Boddenkette und auf Rügen lassen sich die Tiere im September und Oktober wunderbar beobachten.“ Ein faszinierendes Schauspiel, denn dort rasten einige hunderttausend Vögel. Insbesondere der Besuch des "Kranorama" empfiehlt sich. Die moderne Beobachtungsstation in Groß Mohrdorf bei Rostock liegt in unmittelbarer Nähe der Kranich-Rastplätze, so dass man den atemberaubenden abendliche Einflug der Tiere von den Mais-Stoppeläckern zu ihren Schlafplätzen aus nächster Nähe erleben kann. Betreut wird die Beobachtungsstation durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des nahe gelegenen NABU-Kranichzentrums. Dort erhält man viele ergänzende Informationen zu den Vögeln des Glücks, kann eine Ausstellung besuchen und geführten Exkursionen buchen.
Bruterfolge für den Kranich in Niedersachsen
Die Vögel, die über und in Niedersachsen zu beobachten sind, haben zum Teil schon viele hundert Kilometer Strecke hinter sich. Sie kommen aus Brutgebieten in Norwegen und Schweden, dem Baltikum und Russland. In den Rastgebieten in Nordostdeutschland und auf dem Flug nach Südwesten schließen sich aber auch in Deutschland brütende Kraniche an. Der Vogelzug verläuft weiter über Südniedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz nach Frankreich und endet in der spanischen Extremadura, wo die Tiere überwintern. Dies ist der klassische westeuropäische Zugweg. Allerdings stellen Ornithologen in den letzten Jahren eine zunehmende Verkürzung der Zugwege fest. „Der Klimawandel macht sich auch beim Kranichzug bemerkbar“, erläutert Reimers. „Mittlerweile gibt es bereits einige Kraniche, die in Niedersachsen überwintern.“
Ebenfalls nimmt die Zahl brütender Kraniche in Niedersachsen zu. „Wir haben bei der Entwicklung der Brutpaarzahlen inzwischen wirklich fantastische Ergebnisse“, sagt der Sprecher der AviSON. „Als Student musste ich weit fahren, um einen Kranich zu sehen. Da wurden die Kranichbrutplätze einzeln geschützt – was nicht weiter überraschend ist, denn damals gab es nur rund zehn davon. Inzwischen kann man in Niedersachsen und Bremen von ca. tausend Brutpaaren ausgehen, in ganz Deutschland sind es sogar um die zehntausend. 1974 standen die Vögel bei uns als „vom Aussterben bedroht“ auf der Roten Liste, inzwischen gelten sie als ungefährdet.“ Ein Erfolg, der auch den Anstrengungen des NABU zu verdanken ist, die Lebensräume des größten Vogel Deutschlands zu schützen. Aktuell wirbt der NABU Niedersachsen um Spenden für die Renaturierung des Hamberger Moores, um dort die Brutmöglichkeit für den Kranich zu verbessern:
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