Rohstoffnutzung in Niedersachsen
NABU und WBN wollen Artenvielfalt sichern
04. November 2010 - Der NABU-Landesverband Niedersachsen und der Wirtschaftsverband Baustoffe-Naturstein (WBN) haben eine gemeinsame Erklärung erarbeitet, die die Vereinbarkeit von Rohstoffgewinnung und Naturschutzzielen speziell für Niedersachsen unterstreicht, und die heute in Rinteln unterzeichnet wurde. Durch diese Erklärung, die ein Beitrag zum gegenseitigen Verständnis und zur Vertrauensbildung ist, gehen NABU und WBN davon aus, dass sich die Zahl der Konflikte zukünftig deutlich reduziert und sich die Zusammenarbeit von Vertretern Rohstoff gewinnender Betriebe mit Naturschutzvertretern gleichermaßen positiv dialogorientiert entwickelt.
Umweltminister Hans-Heinrich Sander und Wirtschaftsminister Jörg Bode begrüßten diese Zusammenarbeit und das jeweilige Bekenntnis der Verbände, den eingeschlagenen Weg gemeinsam weiter zu verfolgen. Sie würdigten die Vereinbarung als beispielhaft für „unsere Philosophie eines kooperativen Naturschutzes“, der das Wirtschaften in der Natur mit den Belangen ihres Schutzes und der Artenvielfalt verbinde.
„Rohstoffgewinnung sowie Natura 2000 müssen nicht zwangsläufig einen Konflikt darstellen. Durch diese Kooperation tragen die Beteiligten Sorge, zu tragfähigen und zukunftsorientierten Lösungen zu kommen, die sich in der Praxis bewähren“, begrüßte Umweltminister Sander die gemeinsame Erklärung. „Ich habe mich immer gegen strenge Beregelungen der Grundeigentümer durch den Naturschutz und für freiwillige Vereinbarungen ausgesprochen“, betonte der Umweltminister in diesem Zusammenhang.
Jörg Bode, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr unterstrich: „Niedersachsen ist auf die Gewinnung von heimischen Rohstoffen angewiesen, denn nur so können wir langfristig eine wettbewerbsfähige Wirtschaftsstruktur und Arbeitsplätze sichern. Ich bin mir mit Herrn Umweltminister Sander einig, dass ein Rückzug aus der heimischen Rohstoffgewinnung zugunsten von Importen für Niedersachsen keine Handlungsoption ist. Rohstoffpolitik und Rohstoffwirtschaft haben die Verantwortung, die natürlichen Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen zu erhalten und zu schützen, so der Wirtschaftsminister.
Die Rohstoffgewinnung und ihre Nachnutzung können ideale Voraussetzungen für Lebensräume seltener Tiere und Pflanzen bieten und damit zur Sicherung der Artenvielfalt beitragen. Dieser Prozess werde zudem durch die Aktivitäten der Ministerien, der Naturschutzbehörden, aber auch durch Naturschutz- und Wirtschaftsverbände unterstützt, waren sich Dirk Wegener, Landesvorsitzender Wirtschaftsverband Baustoffe-Naturstein, und Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, einig.
WBN-Geschäftsführer Raimo Benger betonte die Bedeutung der Rohstoffindustrie für Niedersachsen und seine Industriebetriebe: „Mineralische Rohstoffe sind keine Verbrauchsgüter, die mit Werbe- und PR-Maßnahmen in unnötig großer Menge vermarktet werden können, sondern unterliegen in erheblichen Maße den Schwankungen der Rohstoff benötigenden Wirtschaft, wie der Papier-, Glas, Kunststoff- und Lebensmittelindustrie. Jeder Bundesbürger verbraucht pro Tag ungefähr die Menge von zwei gefüllten Plastiktüten an mineralischen Rohstoffen und kommt wohl spätestens morgens beim Zähneputzen das erste Mal mit ihnen in Kontakt.“
Der NABU-Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann erklärte: „Wir sind uns einig, dass nur eine klare Abgrenzung und Akzeptanz der für die Rohstoffgewinnung geeigneten Gebiete den Konflikt über die Rohstoffgewinnung in unserem dicht besiedelten Land lösen können. Für strittige Vorhaben werden im Dialog gemeinsam erarbeitete Lösungswege für ein Neben- und Miteinander von Rohstoffgewinnung und Naturschutz angestrebt. Insbesondere arbeiten wir zusammen, um die Entstehung von für den Natur- und Artenschutz wertvollen Biotopen zu fördern.“
So können dann bei der Rohstoffgewinnung kleine Gewässer entstehen, in denen Amphibien wie zum Beispiel im Schaumburger Wald Gelbbauchunken leben. Das Beispiel der Liebenauer Kiesgruben bei Nienburg zeigt, dass Lebensräume für eine Vielzahl von brütenden oder rastenden Vogelarten gemeinsam entwickelt werden können. Felswände bieten zum Beispiel dem Uhu gute Brutmöglichkeiten. Raimo Benger appellierte an die Solidarität der Niedersachsen: „Die mineralischen Rohstoffe konzentrieren sich geologisch bedingt nur auf einzelne
Gebiete in Niedersachsen. Niedersachsen kann seinen eigenen Bedarf an Natursteinen nicht selber decken und muss diese schon heute aus benachbarten Bundesländern oder dem Ausland importieren.“
Dr. Holger Buschmann sieht in der Beachtung des Natur- und Artenschutzes in der Gewinnungsplanung einen wesentlichen und unbedingt zu berücksichtigenden Faktor. Außerdem muss die Folgenutzung von Gewinnungsstätten möglichst umweltverträglich für eine Förderung der Biodiversität, angepasst an die jeweiligen natürlichen Gegebenheiten, sorgen. Die aktuelle und zukünftige Raumplanung, sowie die Rohstoffgewinnung in beziehungsweise im Einzugsbereich von Natura-2000-Gebieten bedürfe einer weiteren gemeinsamen intensiven Betrachtung, der sich der NABU und der WBN gemeinsam stellen werden, unterstrichen Dr. Buschmann und Dirk Wegener.
Sowohl die Rohstoffgewinnung als auch der Naturschutz haben in Niedersachsen eine lange Tradition. Zunehmend hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Rohstoffgewinnung und der Naturschutz nicht zwangsläufig gegensätzliche Vorhaben darstellen. Mehr →