Die pflanzlichen Einwanderer
Neophyten - und wie man sie bekämpfen kann



Herkulesstaude - Foto: Martin Franke
In allen niedersächsischen Landschaftsräumen lassen sich Neophyten identifizieren. Folgende Neophyten sind konkurrenzstark, sehr hochwüchsig und bilden dichte Bestände. Die heimische Vegetation wird beschattet und verdrängt. Aufgrund ihrer Größe und Vitalität gehören sie zu den auffälligsten Neophyten. Wir geben Tipps und Ratschläge, wie sie die Neophyten bekämpfen lassen, gespeist aus Erfahrungsberichten verschiedener NABU-Gruppen und vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit.
Das Indische oder Drüsige Springkraut ist verwandt mit unserem gelbblühenden Springkraut, dem Rühr-mich-nicht-an. Es erreicht eine Höhe von mehr als 2,5 Meter und bildet dichte Bestände. Heimat ist der westliche Himalaya. 1839 wurde es nach England eingeführt und ist mittlerweile in (fast) ganz Europa verbreitet. Dieser Neophyt verfügt über ein enormes Ausbreitungs- und Verdrängungspotential, allerdings ist die Bekämpfung der einjährigen Pflanzen einfacher, eine Mahd zur rechten Zeit kann ausreichen. Möglicherweise wird das Problem aber auch unterschätzt, denn das Indische Springkraut hat durch die Schleuderwirkung der Fruchtstände (bis zu acht Metern) die Möglichkeit, schnell wieder von benachbarten Flächen einzuwandern.
Die Herkulesstaude oder Riesen-Bärenklau ist ein Doldenblütler, der eine Höhe von 3 Metern und mehr (in einzelnen Fällen bis 5 Meter) erreicht. Im 19. Jahrhundert wurde die Art hauptsächlich als Zierpflanze aus dem Kaukasus importiert. Sie war lange Zeit bei den Imkern als Bienenweide sehr beliebt und wurde von ihnen auch verbreitet. In Verruf ist sie geraten, weil sie ein Kontaktgift enthält, das zusammen mit Sonneneinstrahlung zu Hautverätzungen führt (Phototoxische Reaktion). Der Einsatz gegen den Riesenbärenklau ist mühselig - beschränkt in erster Linie auf ‚ausgraben, ausgraben, ausgraben’. Aber auch das Mähen, Abstechen, Fräsen und Abdecken mit Folie (vier Wochen) kann zu Erfolg führen. Selbstverständlich ist darauf zu achten, dass sich die Pflanze nicht mehr aussamt. Insgesamt eine sehr langwierige und aufreibende Sache, die sich über einige Jahre hinziehen kann, bevor sich Erfolge abzeichnen.
Der Staudenknöterich ist bei uns mit zwei Arten ( Reynoutria japonica und Reynoutria sachalinensis) vertreten, die hier der Einfachheit halber zusammengefasst werden. Dieses Knöterichgewächs wird bis 4 Meter hoch und bildet dichte Bestände. Heimat ist der Ostasiatische Raum, China, Korea und Japan. Sie wurde im 19. Jahrhundert als Zier- und Futterpflanze eingeführt, wird aber vom Vieh nicht angenommen. Diese beiden Arten bilden auch Bastarde, die noch anpassungsfähiger sind.
Der Staudenknöterich bildet über weite Strecken dichte Bestände aus, die alles beschatten. Als Gegenmittel kann gemäht werden und oberirdische Triebe entfernt. Um langfristig etwas gegen die Pflanze zu tun, müssen auch die Rhizome ausgegraben und gesondert entsorgt werden. Es sei denn, man kann hier mit Abdecken durch Folie oder Beweidung vorgehen.
Die Spätblühende oder Amerikanische Traubenkirsche ist aus gesundheitlicher Sicht völlig ungefährlich, macht sich aber in unseren Wäldern dermaßen breit, dass sie zur Plage der Förster geworden ist. Ursprünglich in Nordamerika beheimatet, wurde sie Anfang des 20. Jahrhundert eingeführt um die Bodenfruchtbarkeit in Nadelwäldern zu fördern und für Holzertrag sorgen Die Erwartungen in Bezug auf einen guten Holzertrag, die bei ihrer Ansiedlung in sie gesetzt wurden, haben sich nicht erfüllt, da sie bei uns oft nur strauchig aufwächst. Sie verhindert durch starke Beschattung des Bodens die natürliche Waldverjüngung und verdrängt heimische Kräuter. Zudem ist sie schwer zu bekämpfen, da sie zum Stockausschlag und Wurzelsprossbildung neigt. Im Unterschied zur heimischen Traubenkirsche sind die Blätter der Amerikanischen Traubenkirsche dunkler, derber und auffallend glänzend. Die Blüten- bzw Fruchtstände sind größer, dafür weniger dicht. Die Amerikanische Traubenkirsche blüht ca. zwei Wochen nach unserer heimisichen Traubenkirsche, daher auch der Name Spätblühende Traubenkirsche. Die Bekämpfung ist mühselig: ausreißen, ausgraben, absägen, abringeln, entkuseln …Interessant ist die Maßnahme der Beweidung mit Schafen oder Rindern, die schon mittelfristig Erfolg zu bringen scheint.
Die Ambrosie bzw. Beifußblättriges Traubenkraut stammt aus Nordamerika und breitet sich seit den 1990er-Jahren rasant aus. Mit einer Höhe von 1,50 Metern und ihrer Vorliebe für Brachen und gestörte Böden ist die Ambrosie durchaus vergleichbar mit ihrem Namensgeber, dem Beifuß. Sie ist relativ neu, deshalb lässt sich noch nicht viel über ihr Ausbreitungsvermögen bei uns sagen, möglicherweise würde sich Ambrosia unauffällig in unsere Landschaft einpassen oder sie verschwindet so plötzlich wieder, wie sie aufgetaucht ist, sei es, dass Ambrosia als Bestandteil aus dem Vogelfutter genommen wird, oder rechtzeitig die entscheidenden Maßnahmen ergriffen werden. Das Problem ist, dass ihre Blütenpollen hoch allergen sind: Schon geringe Mengen Blütenpollen können Allergien von Heuschnupfen bis zum Asthma-Anfall auslösen, auch die Behaarung der Pflanze kann Kontaktallergien auslösen.
Die Kanadische Goldrute stammt aus Nordamerika und wurde schon ca. 1650 als Zierpflanze in England eingeführt, in Deutschland um 1900. Sie schaffte in den 1950er-Jahren den Sprung über den Gartenzaun und breitet sich seitdem rasant aus. Sie ist ein bekannter Anblick aus unseren Gärten und fällt deshalb als Neophyt kaum auf. Sie ist hübsch anzusehen und bietet Blüten besuchenden Insekten reichlich Nahrung. Dabei wird allerdings ihr Verdrängungspotential unterschätzt, denn sie kann durch unterirdische Ausläufer große Flächen erobern.