Im Volksmund werden schwarz gefärbte Kreuzottern auch "Höllenotter" genannt. - Foto: NABU/Niklas Banowski
Kreuzottern in Niedersachsen
Die Kreuzotter ist Reptil des Jahres 2024
Verbreitung und Lebensraum
Die Kreuzotter kommt in Niedersachsen in vielen Naturräumen vor, ihren Verbreitungsschwerpunkt hat sie auf den erhalten gebliebenen Hochmoor- und Heidegebieten der Geest (Lüneburger Heide). Aktuell gibt es nur wenig Nachweise aus dem Westharz und aus dem niedersächsischen Hügel- und Bergland. Sie fehlt vollständig auf den Ostfriesischen Inseln, den Marschen und den Börden.
Die Kreuzotter bevorzugt kühlfeuchte Habitate mit starker Tag-Nacht-Temperaturschwankung. In Niedersachsen sind dies Hochmoore, Hochmoorränder, degradierte Restmoore, angrenzende Heideflächen sowie Sandmagerrasen und Heiden im Tiefland. Im Hügel- und Bergland sowie im Harz wurde die Kreuzotter in Bereichen von lichteren Mischwäldern, jungen Aufforstungen und Basaltbrüchen gefunden, zumeist an wegbegleitenden Böschungen. Die Kreuzotter benötigt in ihren Lebensräumen kleinere Busch- und oder Baumgruppen oder Waldränder als Rückzugsräume.
Die Kreuzotter bewohnt unterschiedliche Jahreslebensräume. Innerhalb eines Gesamtjahreslebensraums der Kreuzotter können Frühjahrssonnplätze, Paarungsplätze, Brutplätze der trächtigen Weibchen, Sommerreviere der Männchen und nichtträchtigen Weibchen, Herbstssonnplätze und Winterquartiere als Teilhabitate unterschieden werden.
Winterquartiere sind zum Beispiel in Böschungen, überflutungssicheren Dämmen in Hochmooren, unter Baumwurzeln, in Kleinsäugerbauten , in/unter Lesesteinhaufen und anderen künstlichen Aufschüttungen zu finden. Diese Winterquartiere werden immer wieder aufgesucht, oft gemeinschaftlich mit vielen anderen Kreuzottern, anderen Schlangen, Eidechsen und Amphibien. Vor allem in den Feuchtgebieten des Tieflandes (Hochmoore) mit einer begrenzten Anzahl geeigneter Winterquartiere sind solche "Massenquartiere" zu finden. Den Winterquartieren kommt damit eine hohe Bedeutung für die Kreuzotter zu.
Schlangenbiss
Wie alle Vipern hat die Kreuzotter im Oberkiefer ein Paar aufstellbare Giftzähne, die im Ruhezustand nach hinten eingeklappt sind. Das Gift der Kreuzotter wirkt auf das Herz-Kreislaufsystem der Beute oder Feinde.
Menschen werden nur äußerst selten von einer Kreuzotter gebissen. Meist kommt es zu einem Biss, wenn die Schlange übersehen wird, man auf sie tritt oder ihr beim Blumen pflücken oder Pilze sammeln zu nahe kommt. Die Tiere beißen nur, wenn sie sich bedroht fühlen und sie keine Möglichkeit haben zu fliehen. Kreuzottern greifen von sich aus keine Menschen an! Sollte man einer Kreuzotter begegnen: Ruhe bewahren, auf der Stelle verharren und die Möglichkeit nutzen, das Tier aus sicherer Entfernung zu beobachten. Fast immer flieht die Schlange sehr rasch von allein.
Falls man doch von einer Schlange gebissen wird: für einen gesunden Erwachsenen besteht keine Lebensgefahr und meist ist die in einem Biss abgegebene Giftmenge sehr gering. Auch hier gilt: Ruhe bewahren, das gebissen Körperteil ruhigstellen (nicht abbinden oder die Wunde aussaugen!), weitere Anstrengungen vermeiden und umgehend einen Arzt aufsuchen.
Um sich vor Schlangenbissen zu schützen, sollte man feste Schuhe und lange Hosen tragen und genau schauen, wo man hintritt oder hinfasst, wenn man in einem Kreuzotter-Lebensraum unterwegs ist.
Lebenszyklus
Je nach Witterung und Höhenlage erwachen ab Ende Februar bis Ende März die Männchen aus der Winterstarre. Die Weibchen beenden die Winterstarre rund zwei Wochen später. Mitte bis Ende April häuten sich die Männchen. Im silbergrauen "Paarungskleid" gehen sie auf Partnersuche.
Die Paarungszeit dauert von April bis Mai. Dabei kommt es zu Ringkämpfen zwischen konkurrierenden Männchen. Mit aufgerichtetem Oberkörper versuchen die Männchen, sich gegenseitig zu Boden zu drücken. Nach der Paarung suchen die Männchen ihre Sommerquartiere auf und führen eine sehr versteckte Lebensweise; selten findet man Männchen im Sommer.
Die trächtigen Weibchen suchen sonnenverwöhnte Brutplätze auf. Die Eier brüten Kreuzotterweibchen im Körper aus. Kreuzotter gehören zu den wenigen ovoviviparen Reptilien, das heißt, der ca. 15 cm große Nachwuchs kommt zwischen August und Oktober lebend zur Welt. In der Regel bringt ein Weibchen 4 bis 18 Jungtiere zur Welt. Die erste Häutung erfolgt kurz nach der Geburt, danach sind die Schlangen selbstständig aktiv und jagen nach jungen Fröschen und Eidechsen.
Mitte Oktober, spätestens Anfang November ziehen sich die Schlangen zum Überwintern in ihre Winterquartiere zurück. Kreuzottern können bis zu 25 Jahre alt werden. Kreuzottern sind standorttreu, man kann sie jedes Jahr an denselben Stellen beobachten.
Wer sich in den Landkreisen Aurich und Wittmund aktiv im Kreuzotterschutz einbringen möchte, kann sich an die ÖNSOF wenden. Interessierte können z.B. durch Mitteilung von Kreuzotter-Beobachtungen oder bei der Betreuung von Schlangenblechen helfen. Mehr →
Fressen und gefressen werden
Die Kreuzotter ist nicht auf bestimmte Beutetiere spezialisiert. Sie ernährt sich von Kleinsäugern, Eidechsen und vor allem von Gras- und Moorfröschen. Unter den Kleinsäugern bilden Feld-, Erd- und Rötelmäuse den größten Anteil der Beutetiere. Jungtiere hingegen ernähren sich nach der Geburt fast ausschließlich von jungen Waldeidechsen und jungen Braunfröschen.
Die Kreuzotter ist eine Lauerjägerin: Sie attackiert ihr Beutetiere mit einem Biss, injiziert das Gift und zieht sich dann zurück, um nach kurzer Zeit die Verfolgung der verendenden Beute aufzunehmen, indem sie lebhaft züngelnd deren Duftspur verfolgt. Die Beutetiere werden vollständig verschluckt, meistens mit dem Kopf voran.
Kreuzottern fressen vor allem während der Sommeraktivität in den Monaten Mai/ Juni bis September. Vor der Paarung nehmen Männchen keine Nahrung zu sich. Trächtige Weibchen scheinen sogar bis zur Geburt der Jungtiere nicht auf Jagd zu gehen und in dieser Zeit nur ausnahmsweise zu fressen. Der Nahrungsbedarf ausgewachsener Kreuzottern ist nicht sehr hoch; er wird auf 10–15 Mäuse im Jahr geschätzt.
Die Fressfeinde der Kreuzotter sind Greifvögel, aber auch Kraniche, Weißstörche oder Graureiher. Unter den Säugetieren erbeuten Iltis, Dachs, Hermelin, Rotfuchs oder Waschbär die Schlangen. Aber auch Igel und Wildschwein fressen Kreuzottern.
Aussehen
Kreuzottern sind eher kleine, gedrungene Schlangen: Sie werden höchstens 90 cm lang, weibliche Tiere sind in der Regel größer als Männchen. Charakteristisch ist das Zickzackband auf dem Rücken. Auf dem deutlich abgesetzten Kopf befindet sich im hinteren Bereich ein V-förmiges Abzeichen, das vom Rückenband getrennt ist. Die Grundfarbe der Tiere ist sehr variabel: Auch wenn die Weibchen gewöhnlich braun, die Männchen nach der ersten Häutung zu Beginn der Paarungszeit meist hellgrau sind, gibt es auch schwarze oder kupferfarbene Kreuzottern.
Übrigens: Am Muster der Kopfbeschuppung lassen sich Kreuzottern eindeutig identifizieren. Dieses ist bei allen Tieren unterschiedlich.
Gefährdung und Schutz
Auf der bundesweiten Roten Liste und auf der Roten Liste für Niedersachsen wird die Kreuzotter als "stark gefährdet" aufgeführt. Die Kreuzotterpopulationen wurden vor allem durch die Zerstörung ihrer Lebensräume dezimiert: Die Entwässerung und Abtorfung von Hochmooren, das Umbrechen und die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen, die Beseitigung und Entwertung von Saum- und Kleinstrukturen in der Agrarlandschaft sowie das Aufforsten von Heideflächen. Diese Maßnahmen haben zu gravierenden Bestandseinbußen geführt.
Neben dem direkten Verlust der Lebensräume sind die zunehmende Verbuschung und Ausschattung noch erhalten gebliebener Rückzugsräume sowie die Zerschneidung von Lebensräumeneine weitere Ursache für den Rückgang der Vorkommen.
Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen für die Kreuzotter müssen deshalb auf den Erhalt und die Optimierung der noch vorhandenen Lebensräume abzielen. Wichtig ist eine Vernetzung dieser Areale.
Wie alle heimischen Reptilienarten ist die Kreuzotter durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Es ist verboten, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten sowie ihre Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten zu beschädigen oder zu zerstören. Sie zählt allerdings nicht zu den Arten der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.
Quellen:
Broschüre zum Reptil des Jahres / DGHT
Broschüre zur Kreuzotter/ LfU Bayern
LFA Feldherpetologie und Ichthyofaunistik im NABU Niedersachsen