Artenporträt Wechselkröte
Eine Pionierart verschwindet
Eigentlich ist es paradox: Aufgrund des Klimawandels wird es in Deutschland immer wärmer und trockener, aber die Wechselkröte, wie keine andere heimische Amphibienart unempfindlich gegenüber Trockenheit, wird immer seltener. So selten, dass sie unmittelbar vom Aussterben bedroht ist. In Niedersachsen kommt sie mittlerweile nur noch in zwei Landkreisen vor und steht auf der Roten Liste ganz weit oben.
Die Kröte mit der auffälligen Camouflage-Zeichnung besiedelt sonnenexponierte, trockene, vegetationsarme Habitate. Als Pionierart ist sie nicht wählerisch: Ihr Verbreitungsgebiet reicht in Deutschland von der Ostseeküste über das Harzvorland bis zu den Chiemgauer Alpen. Die Wechselkröte hat sich dem Menschen angepasst und lebt als Kulturfolgerin auch in Sekundärhabitaten, wie z.B. Tagebaufolgelandschaften, Industriebrachen oder Truppenübungsplätze. Doch diese Adaptationsleistung nützt ihr wenig: Nicht nur ihr natürlicher Lebensraum (sandige Auenlandschaften), auch die Sekundärhabitate verschwinden zunehmend aus unserer Kulturlandschaft. Und mit ihnen verschwindet die Wechselkröte. Wenn wir die noch verbliebenen Wechselkrötenpopulationen in Deutschland bewahren wollen, müssen wir also vor allem ihre Lebensräume erhalten! Der NABU Niedersachsen setzt deshalb Maßnahmen um, die auf die Schaffung und den Schutz von Lebensräumen abzielen, und führt Projekte zur Bestandsstützung durch:
Die Wahl der Wechselkröte zum „Lurch des Jahres 2022“ ist für uns Anlass, um über die Bestandssituation dieser Amphibienart in Niedersachsen zu berichten. Erfahren Sie, welche Projekte der NABU Niedersachsen zum Schutz der Wechselkröte durchführt. Mehr →
Die Ökologische NABU-Station Aller/Oker (ÖNSA) ruft im Rahmen des NABU-Projektes „Schaffung von Lebensräumen für die gefährdete Wechselkröte“ erneut dazu auf, Beobachtungen von Wechselkröten zu melden. Mehr →
Der Lebenszyklus der Wechselkröte
Als wärmeliebende Art verlässt die Wechselkröte ihr frostsicheres Winterquartier erst ab einer Bodentemperatur von ca. 8 °C um sich fortzupflanzen. Im Vergleich zu anderen Amphibien macht sie sich damit eher spät (ab Mitte März) auf dem Weg zu den Laichgewässern. Die Paarung beginnt ab Mitte April und die Laichablage kann sich bis in den Juli ziehen. Auch bei den Laichgewässern bevorzugt die Wechselkröte warme Gewässer (Wassertemperatur ab 15 °C), weshalb sie vor allem besonnte, vegetationslose Stillgewässer wählt, die sich schnell erwärmen. Wechselkröten haben keine starke Bindung an bestimmte Laichgewässer, sondern sind in der Lage, auch neu entstandene Gewässer zu besiedeln.
Das Wechselkröten-Weibchen legt im Flachwasserbereich zwei bis vier Meter lange Laichschnüre ab, die aus bis zu 5000 schwarzen Eiern bestehen. Oft laichen Wechselkröten in Gewässern, die im Laufe des Jahres austrocknen. Fische und andere Fressfeinde können hier nicht leben und der Laich und die jungen Wechselkröten sind so vor ihnen geschützt. Die Metamorphose von der Kaulquappe zur Kröte ist nach 8 bis 12 Wochen abgeschlossen, so dass die ersten Jungkröten ab Ende Juni unterwegs sind. Nach etwa drei Jahren erreichen die Jungkröten die Geschlechtsreife.
Hätten Sie's gewusst? Fünf verblüffende Fakten über die Wechselkröte:
- Auch wenn dies nur in Ausnahmefällen geschieht: Wechselkröten können sowohl mit Erdkröten wie auch mit Kreuzkröten lebensfähige Nachkommen zeugen.
- Woher der Name „Wechselkröte“ stammt, ist nicht eindeutig geklärt. Die Deutungen reichen von der camouflageartigen Körperzeichnung der Tiere, über die Eigenschaft sehr schnell neue Lebensräume besiedeln zu können, bis zur angeblichen Fähigkeit, die Grundfärbung der Haut abdunkeln oder aufhellen zu können.
- Wechselkröten sind sehr mobil: Auf der Suche nach neuen Laichgewässern können sie Strecken von mehr als 10 Kilometern zurücklegen. Eine erstaunliche Leistung für ein Tier, das maximal 10 Zentimeter groß wird!
- Die Zeichnung der Wechselkröte ist individuenspezifisch. So lassen sich durch einen Fotovergleich einzelne Tier eindeutig identifizieren.
- Wechselkröten können bis zu 28 Jahre alt werden.
Wechselkröten sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv, bei zu großer Trockenheit und tagsüber halten sie sich in Bodenrissen, Kleinsäugerbauten oder unter Totholz auf. Ab September erfolgt dann der Rückzug in das Winterquartier. Über die Winterquartiere der Wechselkröte weiß man noch wenig: Vermutlich überwintern die Tiere unter der Erde, z.B. in Tierbauten oder Bunkern. Aber gibt es Beobachtungen von überwinternden Tieren aus Gewächshäusern und Kriechkellern.
Fressfeinde und bevorzugte Beutetiere
Die Hauptnahrung der Wechselkröte besteht aus Insekten und Spinnen. Sie frisst aber auch Regenwürmer und Schnecken. Dabei reagiert sie bei der Jagd nach Beute nur auf die Bewegung ihrer Beutetiere. Mit Hilfe ihrer klebrigen Zunge, die sie blitzschnell Richtung Beute schleudert, ist die Wechselkröte sogar in der Lage, auffliegende Insekten im Flug zu erbeuten.
Fische sind die häufigsten Fressfeinde der Kaulquappen. Aber auch Libellenlarven, wasserbewohnende Käferarten sowie Molche können ihnen gefährlich werden. Adulte Tiere schützen sich vor Fressfeinden zwar durch einen giftigen Film auf der Haut, dennoch werden sie von Vögeln, z.B. dem Graureiher, und von Ringelnattern gefressen. Außerdem erbeuten See- und Teichfrösche des Öfteren junge Wechselkröten. Zudem wird vermehrt der Waschbär zu einer ernsten Gefahr für die Wechselkröte.
Optische Unterscheidung zwischen Wechsel- und Kreuzkröte
Da Wechselkröte und Kreuzkröte ähnliche Habitate bewohnen und ähnlich aussehen, ist es für Laien gar nicht so einfach, die beiden Krötenarten voneinander zu unterscheiden. Das wichtigste optische Unterscheidungsmerkmal ist die dünne, gelbliche Längslinie, die bei der Kreuzkröte auf dem Rücken zu sehen ist. Die Wechselkröte hat außerdem an den Hüften und Oberschenkeln kleine rötliche Warzen. Die Arten lassen sich aber auch akustisch unterscheiden: Der Paarungsruf der Wechselkröte klingt trillernd-bohrend, der rätschende Paarungsruf der Kreuzkröte dagegen erinnert ein wenig an eine Zikade.
Die Männchen und Weibchen der Wechselkröte unterscheiden sich übrigens durch das Fleckmuster: Bei Männchen ist es meist weniger kontrastreich und eher hellgrün, bei den Weibchen stärker kontrastiert und dunkelgrün.
Was kann ich für die Wechselkröte tun?
Da die Wechselkröte nur noch in einem kleinräumigen Bereich in Niedersachsen vorkommt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass Sie auf Ihrem Gartengrundstück eine Wechselkröte finden. Nur in den Landkreisen Helmstedt und Wolfenbüttel gibt es gelegentliche Meldungen von Wechselkröten aus Gärten und Kleingartengebieten. Falls Sie das Glück haben sollten, dieses seltene Tier in Ihrem Kleingarten oder Teich beherbergen zu dürfen, stören Sie es möglichst nicht. Folgende Maßnahmen verbessern den Lebensraum der Wechselkröte:
- Lassen Sie „unaufgeräumte“ Bereiche im Garten als Verstecke bestehen.
- Gärtnern Sie ohne den Einsatz von Giften und Pestiziden.
- Legen Sie geeignete Gewässer für die Wechselkröte an: Die Teiche sollten besonnt sein, flache und nur spärlich bewachsene Ufer aufweisen, nicht oder nur gering mit Wasserpflanzen bewachsen und keinesfalls mit Fischen besetzt!