Wer tut so etwas? Für sachdienliche Hinweise haben NABU und WWF eine Belohnung ausgesetzt. - Foto: Joachim Neumann
Straftat Seeadlerabschuss vor der Aufklärung
Tatverdächtiger bei getötetem Seeadler in Stade ermittelt
11. April 2016 - Der NABU Niedersachsen wurde am 12. Februar über den Totfund im Landkreis Stade informiert (s.u.). Diese Informationen führten zu Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft Stade. Nun gibt es in diesem Fall neue Erkenntnisse. Die Staatsanwaltschaft Stade hat einen Tatverdächtigen ermittelt.
Laut §44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) Abs.1 Nr.1 ist es verboten, „wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“. Die Tötung eines wild lebenden Tieres der besonders geschützten Art, in diesem Fall des Seeadlers, stellt nach §69 Abs.2 eine Ordnungswidrigkeit dar, welche laut §71 Abs.1 mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft wird.
Der NABU Niedersachsen fordert einen Schutz von Horststandorten im Zusammenhang mit geplanten Windkraftanlagen oder deren Repowering. So sollte ein Horstbaum erst nach dem Ablauf von fünf Jahren seit dem letzten Bruterfolg als verlassen gelten und ist dementsprechend bei der Planung von Windkraftanlagen zu berücksichtigen.
Sollten Partikularinteressen hinter der Tötung des Seeadlers stehen und der Wert des Grundbesitzes tatsächlich gestiegen sein, so könnte der Staat den finanziellen Vorteil abschöpfen - auch wenn dem Eigentümer keine Straftat nachgewiesen werden könne, so Oberstaatsanwalt Thomas Breas.
Der NABU Niedersachsen verweist diesbezüglich auf das Beschädigungsverbot geschützter Lebensstätten. Denn nach §44 Abs.1 BNatschG ist es verboten, „Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Das bedeutet nicht, dass die Lebensstätten nur während der Anwesenheit ihrer Bewohner geschützt sind. Auch wenn ein Horst momentan unbesetzt zu sein scheint, ist es weiterhin möglich, dass er zukünftig noch als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte genutzt werden kann.
Seeadler beginnen erst im Alter von vier Jahren zu brüten. Paare bleiben ein Leben lang zusammen und halten sich meist ganzjährig im Brutrevier auf. Hoch auf einem Baum errichtet der Seeadler aus Ästen ein Nest von einem Meter Durchmesser, das er viele Jahre benutzen kann. Als vielseitiger Jäger greift er große Fische aus dem Wasser, Wasservögel schlägt er auf der Wasseroberfläche oder verfolgt sie im Flug. Auch Aas nimmt er zu sich. Bejagung, Störungen am Brutplatz und starke Giftbelastung seiner Nahrung führten in den letzten Jahrzehnten zu starker Bestandsabnahme des Seeadlers. Schonung und Verbot gefährlicher Umweltgifte ermöglichen seit 20 Jahren eine deutliche Erholung. Auch einst geräumte Gebiete hat die Art wieder besiedelt.
Neue Erkenntnisse durch Sektionsbericht
Toter Seeadler im Landkreis Stade war ein Männchen
26. Februar 2016 - Der Sektionsbericht des Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin bringt neue Erkenntnisse über den am Mitte Februar geschossenen Seeadler in Balje-Hörne. Zunächst wurde von einem toten weiblichen Seeadler ausgegangen. Denn bei der äußeren Bestimmung von Greifvögeln kann man fast nur nach Gewicht und Größe des Tieres gehen. Normalerweise sind die Weibchen größer und kräftiger als ihre männlichen Artgenossen. In diesem Fall weist der nun vorliegende Bericht darauf hin, dass es sich um ein 6.000g schweres männliches Exemplar handelt. Laut Peter Görke, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Adlerschutz Niedersachsen, ist das ein ungewöhnlich kräftiger Seeadler, der in Balje-Hörne sehr gute Lebensbedingungen vorgefunden hat.
Weiterhin wurden am Korpus des toten Seeadlers Schmauchspuren sichergestellt. Das Projektil konnte jedoch bislang nicht gefunden werden. Das Seeadlermännchen nutzte diesen Horst schon seit Jahren gemeinsam mit seiner Partnerin. Dieser Horst wurde, neben dem Haupthorst, als Ausweichhorst genutzt.
Der Sektionsbericht wurde der für die Aufklärung des Falles zuständigen Polizeiinspektion Stade übersandt.
Das Komitee gegen den Vogelmord e.V., der NABU Niedersachsen, NABU-Gruppen, etliche Seeadlerfreunde sowie private Spender und der WWF haben sich bereiterklärt, eine Belohnung in Höhe von insgesamt 12.300 Euro für sachliche Hinweise zur Aufklärung des Vorfalls auszusetzen. Die Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. setzt ebenfalls eine Belohnung in Höhe von 2.000 Euro aus.
Der NABU bittet um sachdienliche Hinweise und Beobachtungen, die Aufschluss über die Tat geben können. Gerne können Sie sich an Ihre zuständige Polizeibehörde wenden.
Fälle von illegaler Greifvogelverfolgung können auch in Zukunft bei der vom Komitee gegen den Vogelmord eingerichteten Erfassungs- und Dokumentationsstelle Greifvogelverfolgung und Artenschutzkriminalität (EDGAR) unter 0160-5813445 oder edgar@komitee.de gemeldet werden.
Seeadler im Landkreis Stade geschossen
NABU und WWF setzen Belohnung zur Ergreifung des Täters aus
15. Februar 2016 - Diese Information bestätigte sich, als Joachim Neumann, Mitarbeiter des NABU-Artenschutzzentrum Leiferde und zertifizierter Baumkletterer, den Horstbaum bei Neuhaus / Oste (Landkreis Stade) bestieg. Ein Seeadlerweibchen lag mit durchschossenem Korpus tot im Nest. Der NABU bittet um Hinweise und Beobachtungen, die Aufschluss über die Tat geben können.
Peter Görke, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Adlerschutz Niedersachsen (AAN), Seeadlerbetreuer und –Experte, sowie Joachim Neumann waren nach einem Anruf des dortigen Adlerbetreuers Fritz Bechinger nach Neuhaus gefahren, um den Kadaver des toten Vogels zu bergen. Fritz Bechinger beobachtet den Horst schon seit einiger Zeit und hatte den toten Vogel bemerkt.
Am Horst angekommen stellte Joachim Neumann den toten Seeadler sicher und brachte ihn zu Boden. Das adulte, sehr kräftige Weibchen war bei sehr guter Kondition und hatte noch einen kleinen Ast im Schnabel. „Bei der Tätigkeit des Nestausbesserns ist das Adlerweibchen durch einen Schuss zu Tode gekommen“, berichtet Peter Görke, AAN. „Wir sind entsetzt und traurig, dass so etwas heute noch vorkommt. Bei 44 Seeadlerpaaren in Niedersachsen zählt jedes einzelne Individuum“.
Der Seeadler wird morgen Nachmittag per Express vom NABU zur weiteren Sektion an das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung nach Berlin geschickt.
Das vorsätzliche Töten eines Greifvogels ist strafbar!
Der NABU Niedersachsen unterstreicht seine seit längerem erhobene Forderung nach Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft Umweltkriminalität für Niedersachsen. „Greifvogelverfolgung verstößt gegen das Artenschutzrecht und muss konsequent und unnachgiebig verfolgt werden“, erklärte Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender in Niedersachsen. Dies sei in Niedersachsen aber nicht gewährleistet. Hier müsse dringend Abhilfe geschaffen werden.
Der NABU Niedersachsen erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass mit der gemeinsam mit der Jägerschaft unterzeichneten „Hannoverschen Erklärung gegen die illegale Greifvogelverfolgung“ vom 27. März 2007 eine klare Grundlage vorhanden ist: Jede Greifvogelverfolgung mit Gift, Fallen oder Waffen ist eine Straftat, die mit empfindlichen Strafen bis hin zum Freiheitsentzug von fünf Jahren geahndet werden kann!
Der WWF, der NABU Niedersachsen sowie private Spender haben sich bereit erklärt, eine Belohnung zur Ergreifung des Täters auszusetzen.
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Dr. Nick Büscher, Vorsitzender des NABU Rinteln, treibt es die Zornesröte ins Gesicht: „Es ist einfach unglaublich, dass wir im Jahr 2015, in dem der Habicht „Vogel des Jahres“ ist, solch eine Entdeckung machen müssen! Mehr →