Aktuelle Entwicklungen rund um die NABU-Beweidungsprojekte in Leer
FAQ und Stellungnahme des NABU Niedersachsen
Der NABU Niedersachsen stellt die ihm zu diesem Vorfall bekannten Informationen möglichst unmittelbar transparent zur Verfügung. Die gewissenhafte, interne Aufarbeitung der Vorfälle erfordert Zeit, damit alle Fakten wahrheitsgetreu wiedergegeben werden können. Durch die aktive Aufarbeitung der Vorfälle entsteht fortwährend ein weiterer Informationsgewinn, der mitunter auch zu Präzisierungen einzelner Aussagen führt. Wir aktualisieren daher regelmäßig die hier angebotenen Informationen.
Stand: 2. November 2023
2. November 2023: Die Blutuntersuchungen auf der Fläche Theadinger Vorwerk sind abgeschlossen. Alle Tiere wurden negativ getestet und können daher nun auch von der Fläche verbracht werden. 50 Rinder mussten nun entweder vermittelt oder geschlachtet werden. Zusätzlich zur Blutuntersuchung wurden deshalb Trächtigkeitsuntersuchungen durchgeführt. Acht weibliche Tiere wurden als nicht trächtig getestet, weshalb diese anschließend tierwohlgerecht geschlachtet wurden. Von den verbliebenen 42 Rindern sind 25 trächtige Kühe, vier Tiere mit noch unklarem Trächtigkeitsstatus und 13 Jungtiere (3-6 Monate alt). Speziell für die Jungtiere werden noch Halter*innen gesucht, die diese Tiere übernehmen möchten.
Zusätzlich läuft die Vermittlung der Koniks von allen Flächen des NABU parallel weiter. Wir versuchen weiterhin für die Pferde neue Halter*innen zu finden, die diesen Tieren ein adäquates Lebensumfeld bieten können.
17. Oktober 2023: Die Blutuntersuchung auf der Fläche Thedingaer Vorwerk konnte nun ebenfalls erfolgreich durchgeführt werden. Die Ergebnisse stehen noch aus. Das Veterinäramt hatte zunächst zur Auflage gemacht, dass 30 Tage nach der ersten Blutuntersuchung eine zweite Blutuntersuchung stattfinden müsse, sodass der 31. Oktober als Frist zur Auflösung der Herden schon allein aus diesem Grund nicht hätte eingehalten werden können. Das Veterinäramt kam offenbar ebenfalls zu dieser Einsicht und mitgeteilt, dass nur noch eine Blutuntersuchung bei den Tieren durchgeführt werden müsse. Aber auch jetzt bleibt der NABU dabei, dass eine tierwohlgerechte Verbringung der Tiere bis zum 31. Oktober nicht machbar ist. Der NABU hat gegen die Anordnung, dass die Tiere (Rinder und Pferde) bis zu diesem Datum vollständig zu entfernen seien, Rechtsmittel eingelegt.
16. Oktober 2023:: Auch nach der Stellungnahme des ehemaligen Woldenhof-Tierarztes Dr. Heeren bleiben Fragen offen. Mögliche Verstöße gegen die Tierkennzeichnung weiten sich auf das Veterinäramt aus. Weitere Informationen sind der jüngsten Pressemitteilung zu entnehmen.
6. Oktober 2023: Als besonders lauter Kritiker an den Beweidungsprojekten hat sich immer wieder der „Friesische Verband für Naturschutz“ hervorgetan, ein nicht anerkannter Naturschutzverband. Dessen Vorsitzender gerät nun in Erklärungsnot. Dr. Heeren war bis zum Frühjahr 2023 verantwortlicher Tierarzt für das Beweidungsprojekt im Landkreis Leer.
Eine Aufarbeitung der Vorgänge durch den NABU brachte nun gravierende Versäumnisse aus der Zeit der Zusammenarbeit mit Dr. Heeren ans Licht.
28. September 2023: Die Vorbereitungen für die Blutuntersuchungen auf der Fläche Thedingaer Vorwerk laufen bereits seit einigen Wochen. In diesem Zusammenhang installieren zwei Mitarbeitende des Woldenhofs Isolatoren an einem Weidezaun. Dabei haben sie leider beobachten müssen, wie ein Heckrind auf der Weide gestürzt ist. Die Mitarbeitenden standen in ca. 100 Metern Entfernung und konnten sehen, dass das Tier aus unersichtlichen Gründen ausgerutscht ist und sich dabei das Genick gebrochen hat. Das Tier war sofort tot.
Der neue Geschäftsführer des Woldenhofs, Jan Tayeb, ist kurz nach dem Ereignis dazugestoßen und hat in direkter Kommunikation den weiteren Ablauf mit dem Veterinäramt Leer abgesprochen und umgesetzt.
Wir bedauern den Vorfall und versichern, dass es sich um einen tragischen Unfall handelt, der leider nicht verhindert werden konnte. Das Tier war nach äußerem Anschein kerngesund.
13. September 2023: Die LUNO erhält eine weitere Anordnung des Landkreises Leer, nach der die Weideprojekte bis zum 31. Oktober beendet werden sollen. Der NABU bleibt dabei, dass eine Auflösung ohne Verstoß gegen das Tierwohl sowie das Tierschutzgesetz nicht möglich ist. Deshalb wird die LUNO auch gegen diese Anordnung Klage einreichen.
Die LUNO ist weiterhin dabei, die Reduktion der Herden voranzutreiben. Aktuell befinden sich noch 23 Kühe mit unterschiedlicher Trächtigkeit auf der Fläche Coldam, wobei gerade hochträchtige Tiere nicht geschlachtet und ohne entsprechende Zustimmung des Veterinäramtes verbracht werden dürfen.
Für die Fläche Thedingaer Vorwerk stehen die ersten Blutuntersuchungen noch aus, sind aber zeitnah geplant. Es wurde vom Veterinäramt verfügt, dass die Tiere nach 30 Tagen ein zweites Mal eine Blutuntersuchung durchlaufen müssen und danach könnten auch die dortigen Tiere, sollte das Wetter mitspielen, sukzessive auf andere Flächen verbracht beziehungsweise weiterverkauft werden.
6. September 2023: Entsprechend der Planung des NABU Niedersachsen die Herdengröße auf den Flächen Coldam und Thedingaer Vorwerk zu verringern, wurde die Zahl der Tiere auf der Fläche Coldam bereits um 19 Heckrinder reduziert. Diese wurden verkauft, da die Blutuntersuchungen hier mittlerweile mithilfe eines Cattle Drive Teams erfolgreich durchgeführt wurden und für alle 43 Tiere auf der Weide negativ ausfielen. Für die Fläche Thedingaer Vorwerk stehen die Blutuntersuchungen noch aus, erst danach können auch die Tiere von dort auf andere Flächen verbracht werden bzw. weiterverkauft werden.
Bereits im August hat im Zusammenhang mit den geplanten Blutuntersuchungen ein erfolgreicher Kennenlerneinsatz mit sogenannten Cattle Drivern stattgefunden. Dies ist eine besonders schonende Art, bei der die Rinder von den Reitern ohne Stress in ihre Fangstände gelenkt werden. Die Bedürfnisse und das Wohl der Rinder wird dabei stets beachtet, indem z.B. ihre Fluchtdistanz erkannt wird. Da die Rinder auf den Flächen bereits Pferde (Koniks) gewohnt sind, ist ein solcher Einsatz die tierwohlgerechteste Vorgehensweise.
Auf beiden Flächen, Coldam und Thedingaer Vorwerk, wurden zudem sieben Bullen entnommen. Die Entnahme erfolgte dabei in Form von sehr tierschutzgerechten Weideschüssen. Im Anschluss an den Weideschuss wurden die Tiere direkt vor Ort geschlachtet und der Fleischverwendung zugeführt. Dies ist die tierfreundlichste Art der Schlachtung, da die Rinder keinem langen und stressigen Transport zum Schlachthof ausgesetzt werden, sondern stressfrei direkt auf der ihnen bekannten Weide durch Kugelschuss getötet werden. Die weiblichen Tiere, für die die Trächtigkeitsuntersuchungen negativ ausfallen, könnten auch durch tierschutzgerechten Weideschuss geschlachtet oder alternativ verkauft werden.
Im September werden noch insgesamt vier Koniks von allen Standorten verkauft. Im November ist der Verkauf von 15 Hengsten geplant, nachdem diese kastriert worden sind. Weitere Anfragen werden aktuell bearbeitet.
31. August 2023: Der NABU wartet noch immer auf eine offizielle Antwort durch den Landkreis zu seiner Begründung gegen die Anordnung, den Tierbestand bis zum 30. September aufzulösen. Um eine Fristverlängerung von Seiten des NABU wurde nicht ersucht.
21. August 2023: Der Landkreis Leer erteilt der LUNO gGmbH die Anordnung, die Herden auf den Flächen Coldam und Thedingaer Vorwerk bis zum 30. September vollständig aufzulösen. Die LUNO hat eine Begründung zur Anhörung fristgerecht zum 10. August 2023 eingereicht und wird ggf. gerichtlich gegen die Anordnung vorgehen, sollte der Landkreis weiter auf den 30. September bestehen, da die Anordnung nicht im Sinne des Tierwohles umsetzbar ist. Dagegen sprechen einige Fakten, die mit der Vorgabe zur Auflösung des Tierbestandes bis zum 30. September allem Anschein nach vom Landkreis nicht berücksichtigt werden:
• Bevor die Tiere überhaupt abtransportiert werden können, müssen erst die Blutproben genommen und diese geprüft werden. Dabei sind nach Angaben des Veterinäramtes zum Teil zwei Blutproben im Abstand von 30 Tagen zu nehmen. Dies ist ein aktuell laufender Prozess, welcher aber eine entsprechende Zeit benötigt.
• Eine Verzögerung erfolgte auch durch die ursprünglich auf der Weide lebenden Bullen. Eine Abschuss- und Schlachtgenehmigung für diese Tiere wurde erst Anfang Juli vom Landkreis ausgestellt und ermöglichte somit kein früheres Handeln.
• Daher können wir nicht ausschließen, dass einige Tiere trächtig sind, deren Transport unter Berücksichtigung des Tierwohls nur eingeschränkt möglich ist.
• Schließlich benötigt der Prozess zur Findung interessierter Abnehmer mehr Zeit, da damit auch weitere organisatorische Abläufe verbunden sind. Der Vorschlag des Veterinäramtes die Tiere einmal zu beproben, bei negativem Ergebnis an neue Eigentümer abzugeben, die die Tiere dann 30 Tage in Quarantäne halten und sie dann erneut zu beproben, lässt sich in der Praxis aufgrund des hohen Aufwandes für die neuen Besitzer nicht umsetzten.
• Der Landkreis erschwert es dem NABU Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen, indem Untersuchungsergebnisse zu Parasiten und Ernährungszustand der Tiere – auf die sich der Landkreis des Öfteren beruft – dem NABU noch immer nicht vorgelegt worden sind.
Den Abbau der Herden hat der NABU Niedersachen als Gesellschafter der LUNO längst selbst beschlossen. Dies soll jedoch tierschutzgerecht erfolgen, was voraussichtlich zwei bis drei Jahre benötigt. Der NABU und die LUNO beschäftigen sich intensiv mit dem tierschutzverträglichen Abbau der Herden, indem diese bspw. an andere Interessierte vermittelt werden. Um allerdings die entwickelten Biotoptypen und die entstandene Strukturvielfalt auf den Flächen zu erhalten, wäre eine Mischbeweidung mit Pferden und Rindern unter Ganzjahreshaltung weiterhin sinnvoll. Zu gegebener Zeit ist der NABU bereit, mit der Stadt Leer über zukünftige Konzepte nachzudenken – sofern diese auch dazu bereit ist. Letztendlich wird die Verantwortung und Entscheidung, was mit den Flächen geschieht, jedoch die Stadt Leer als Eigentümer der Flächen übernehmen müssen.
Auch gegen weitere Anordnungen, insgesamt fünf, wehrt sich der NABU Niedersachsen juristisch, da diese zahlreiche nicht erfüllbare Maßnahmen enthalten, sich in Teilen widersprechen und dem Tierwohl widersprechen. Ein Beispiel ist eine Anordnung, nach der alle 6-8 Wochen eine Hufpflege der Koniks durchgeführt werden soll. Eine regelmäßige Hufpflege ist bei Robustrassen wie bei Koniks, die ganzjährig auf der Weide stehen, jedoch nicht notwendig und auch nicht angezeigt, da sie jedes Mal in Vollnarkose gelegt werden müssten. Das ist mit dem Tierwohl nicht vereinbar.
27. Juli 2023: Rücktrittsaufforderungen infolge der Aufklärungen auf der Pressekonferenz am 26. Juli erteilt NABU-Landesvorsitzender Dr. Buschmann eine Absage: „Es ist schon erstaunlich, wie CDU-Politiker Thiele diese Offenlegung nutzt und versucht, sich nun auf dem Rücken des NABU und der Tiere zu profilieren, obwohl er von den Zuständen und Abläufen keine Kenntnis hat. Ich lade ihn gerne persönlich ein, sich die Situation vor Ort anzuschauen und sich darüber zu informieren.“
Auch den jüngsten Äußerungen des Landkreises Leer vom 27. Juli widerspricht der NABU Niedersachsen ausdrücklich und macht deutlich, dass diese Darstellungen Teil der laufenden bzw. anzustrebenden Klageverfahren sein werden.
26. Juli 2023: Am 26. Juli 2023 lud der NABU Niedersachsen zu einer Pressekonferenz nach Leer (Ostfriesland), um die Sachlage aufbereitet darzustellen. Dr. Holger Buschmann schilderte die bisherigen Ergebnisse der eigenen Recherchen sowie den aktuellen Zustand und gab eine Perspektive dazu ab, wie es mit den Projekten und Weideflächen in Zukunft weitergehen wird. Alle bisherigen Informationen sind der Pressemitteilung zu entnehmen.
21. Juli 2023: Der NABU Niedersachsen reagiert auf die am 20. Juli in der „Bild“ vorgebrachten Vorwürfe des Friesischen Verbandes für Naturschutz (FVN), nach dem aus dem zusammengeschobenen Misthaufen Jauche ausgelaufen und in den Boden versickert sei und diesen stark belastet haben soll.
Auf Anordnung des Landkreises Leer vom 5. Juni wurde der überschüssige Mist von der Weidefläche am Versorgungsplatz zusammengeschoben. Der Misthaufen wurde mit Folie unterlegt und abgedeckt. Der Abfluss von Sickerwasser war dabei nicht zu vermeiden, ein großflächiger Oberflächenabfluss erfolgte aber nicht. Parallel wurde sich seitens des NABU Niedersachsen intensiv darum bemüht, das Material entfernen zu lassen. Gleichzeitig war eine einfache und schnelle Entsorgung nicht möglich, da der Mist aufgrund von fehlenden Blutuntersuchungen – aber ohne jeglichen Verdachtsfall – vom Landkreis als sogenanntes tierisches Nebenprodukt der Kategorie 2 deklariert wurde. Nach Absagen zahlreicher Firmen wurden erst durch Unterstützung der Unteren Wasserbehörde Angebote gemacht. Daraufhin wurde sofort gehandelt und das Material bis zum 22. Juni fachgerecht entsorgt.
Über die vom FVN durchgeführten Bodenproben kann keine Aussage getroffen werden. Weder ist bekannt, wo diese genommen worden sind, noch ob diese fachlich korrekt durchgeführt wurden. Der Landkreis will allerdings fachlich korrekte Bodenproben auf dem Gelände durchführen lassen, die der NABU begrüßt.
17. Juli 2023: Mit Mitteilung vom 17. Juli übersandt der Landkreis Leer an die Landschaftspflege und Naturerlebnis gGmbH eine Anhörung zu einer vom Landkreis beabsichtigten Anordnung zur Beendigung der Beweidungsprojekte auf den Flächen Thedingaer Vorwerk und Coldam und damit verbunden die Auflösung der darauf befindlichen Heck- sowie Pferdeherden bis zum 30. September 2023. Der NABU Niedersachsen hält diese Anordnung auch des Tierwohles wegen für zeitlich nicht umsetzbar und prüft diesbezüglich weitere Schritte.
23. Juni 2023: Entgegen der wiederholten Berichterstattung darüber, dass der NABU Niedersachsen „ein Konzept für eine tierschutzgerechte Auflösung der Herden im Kreisgebiet vorlegen und die Beweidungsprojekte bis zum Ende dieses Jahres beenden“ solle, macht der NABU Niedersachsen erneut deutlich, dass ihm die entsprechenden Unterlagen dazu nicht vorliegen. Seit der Pressemitteilung des Landkreises Leer am 26. Mai ist beim NABU Niedersachsen dazu keine Mitteilung eingegangen.
15. Juni 2023: Der NABU Niedersachsen nimmt erneut öffentlich zu den anhaltenden Vorwürfen Stellung.
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9. Juni 2023: Der NABU Niedersachsen hat seit der Aufarbeitung der Vorfälle mehrfach vollständige Akteneinsicht gefordert, aber diese bis heute nicht erhalten. Bis auf die Anordnungen des Landkreises Leer, denen der NABU intensiv nachkommt, liegen darüber hinaus keine Unterlagen vor. Dem NABU ist es daher nicht möglich, zu anhaltenden Vorwürfen Stellung zu beziehen.
27. Mai 2023: NABU-Landesvorsitzender Dr. Buschmann kritisiert illegale Aktivitäten nach zum Teil falscher Presseberichterstattung und ruft zur Sachlichkeit auf. >> weiterlesen
26. Mai 2023: Am 26. Mai 2023 veröffentlichte der Landkreis Leer eine Pressemitteilung und kündigte in dieser an, dass das Heckrinder-Weideprojekt des NABU bis zum Winter beendet werden soll. Dem NABU Niedersachsen ist diesbezüglich keine Mitteilung eingegangen, weshalb uns eine Stellungnahme nicht möglich ist.
Fragen und Antworten zu den Vorfällen im Mai mit zwei verstorbenen Heckrind-Jungtieren
1. Weshalb musste ein Kalb eingeschläfert werden?
Auf Anweisung des Veterinäramtes Landkreis Leer wurden die Rinder am 10. Mai 2023 für routinemäßige Blutuntersuchungen zusammengetrieben.
Zum Tag der geplanten Untersuchung war neben Mitarbeitenden des NABU Woldenhofes ein Tierarzt anwesend. Es wurde bedauerlicherweise verpasst, das Veterinäramt direkt mit einzubinden, allerdings wurde dieses wegen einer bemerkten fehlenden Ohrmarke an einer Mutterkuh nachträglich benachrichtigt, woraufhin eine Mitarbeiterin des Veterinäramtes zur Untersuchung dazustieß.
Die Witterungsbedingungen mit starkem Regenfall in der Nacht vor der geplanten Untersuchung erschwerten den Prozess, weshalb die Aktion auf Anweisung des Veterinäramts abgebrochen und die Tiere wieder freigelassen wurden. Vermutlich wurde das Kalb dabei von den anderen Tieren verletzt.
Die Schwere der Verletzung konnte nicht direkt beurteilt werden. Aus diesem Grund wurde der Zustand des Tieres, wie in solchen Fälle üblich, zunächst beobachtet. Leider trat keine Verbesserung ein, weshalb der NABU am darauffolgenden Tag einen Tierarzt mit der Einschläferung beauftragt hatte.
Hinweis: An dieser Stelle schrieben wir ursprünglich von einer unmittelbaren Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt sowie einer von Beginn an bestehenden Anwesenheit einer Veterinäramtsmitarbeiterin. Diese fehlerhafte Darstellung ist auf einen zwischenzeitlichen Sachstand während der laufenden Aufarbeitung der Vorfälle zurückzuführen. Der Fehler wurde in diesem Prozess erkannt, eingestanden und korrigiert.
2. Was ist mit dem zweiten Tier passiert?
Das Veterinäramt meldete uns am 21. Mai ein lahmendes Tier. Nach unmittelbarer Begutachtung durch das Veterinäramt, mit Unterstützung durch das Personal des NABU Woldenhofs, wurde das Tier noch am selben Tag fachgerecht von seinem Leid erlöst und wird im Folgenden obduziert. Diese Obduktion soll klären, ob ein Zusammenhang mit den Blutuntersuchungen besteht.
3. Wie ist die Situation vor Ort zu beurteilen?
Die Flächen und Tiere stehen in Verantwortung der „Landschaftspflege und Naturerlebnis gGmbH Ostfriesland“ (LUNO) in Trägerschaft des NABU Niedersachsen. Die Tierhaltung wird nach dem Konzept einer extensiven „Wilden Weide“ betrieben, die Rinder leben somit ganzjährig auf den Flächen und werden nicht in Stallungen untergebracht. Eine regelmäßige Kontrolle wird von Mitarbeitenden des von der LUNO gGmbH betriebenen NABU Woldenhofs durchgeführt und durch ein konkretes Weidemanagement sichergestellt. Die Tiere befinden sich insgesamt in einem guten Zustand. Sie wurden und werden regelmäßig versorgt und stehen sehr gut im Futter. Bei den zwei betroffenen Tieren handelt es sich um bedauerliche Unfälle im Zuge der routinemäßigen Blutentnahmemaßnahme.
Die aktuell verbreiteten Aussagen in Medien und Politik über die angeblich negativen Zustände der Tiere und tierschutzrechtliche Verstöße entsprechen nicht der Realität. Der NABU Niedersachsen war mittlerweile mit verschiedenen unabhängigen Sachkundigen auf der Weide, um die Tiere anzuschauen. Ergebnis für den NABU Niedersachsen bleibt, dass die Pferde und Rinder grundsätzlich in einem guten Zustand sind und keine Unterversorgung zu erkennen ist. Lediglich bei zwei Heckrind-Jungtieren konnte ein leicht struppiges Fell festgestellt werden. Dies ist jedoch nichts Ungewöhnliches in Ganzjahresbeweidungsprojekten und kann verschiedene Ursachen haben. Gleichwohl bleibt festzustellen, dass die Tierdichte auf der Fläche zu hoch ist. Es wurden zudem auch bekannte Mängel bei den technischen Einrichtungen der Weide bestätigt, die der NABU Niedersachsen bereits bearbeitet. Das betrifft vor allem Fangeinrichtungen, Zäune und Unterstände.
4. Weshalb werden die Tiere extensiv auf der Weide gehalten?
Die extensive ganzjährige Beweidung kann eine erfolgreiche Methode zur Pflege und zum Erhalt von Naturschutzflächen sein. Robuste Weidetiere gestalten auf großen Flächen ganzjährig die Landschaft, ähnlich wie es wilde Huftiere früher taten. Durch die Bewegung und das Fressen von Rindern und Pferden entstehen abwechslungsreiche Strukturen mit Kurzrasen, Stauden, offenen Böden und Gebüschen. Diese Flächen bieten vielen anderen Tieren und Pflanzen Lebensraum, etwa dem bedrohten Kiebitz, der auf kurz gehaltene Flächen angewiesen ist. Zudem bietet der Dung der Weidetiere vielen Insekten Nahrung, die wiederum eine Futterbasis für Vögel und andere Tiere darstellen. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen die positive Wirkung der Ganzjahresbeweidung auf die Artenvielfalt, sie trägt maßgeblich zum Erhalt unseres Naturerbes bei. Zudem stellt die ganzjährige Weidehaltung für die dafür geeigneten Rassen eine der tierschutzgerechtetsten Haltungsformen dar, da ihr Bewegungsbedürfnis frei ausgelebt und Sozialstrukuren gebildet werden können.
Für die naturnahe Beweidung eignen sich viele alte und gefährdete Haustierrassen. Die robusten Rinder und Pferde nehmen auf nährstoffärmeren Böden das Futter optimal auf und sind sehr wetterfest. Auf seinen Flächen hält die LUNO gGmbH Heckrinder und Konikpferde. Die Tiere leben hier möglichst naturnah und sind an eine ganzjährige Haltung im Freien gewöhnt. Die Eigenständigkeit der Tiere innerhalb der Weide führt jedoch oft dazu, dass die Tiere weniger Nähe zu Menschen tolerieren als etwa Milchkühe und Reitpferde.
Dies stellt die Betreiber*innen extensiver Ganzjahresbeweidung vor besondere Herausforderungen, da sie in der Verantwortung stehen, einen Ausgleich zwischen den Notwendigkeiten des Natur-, Arten- und Tierschutzes herbeizuführen. Auch wenn in den Beweidungen großer Wert auf Naturnähe gelegt wird, handelt es sich immer um Tiere in menschlicher Obhut und die verantwortlichen Organisationen und Personen müssen das Wohl der Tiere stets gewährleisten. Als NABU Niedersachsen stehen wir für das Wohlergehen der Tiere in unserer Obhut in der Verantwortung. Dass zwei Rinder zu Schaden gekommen sind, bedauern wir sehr. Wir arbeiten konsequent daran, Risiken für die Tiere zu minimieren.
5. Weshalb tragen manche Tiere keine Ohrmarken?
Die Setzung von Ohrmarken ist wegen der weiträumigen und schwer begehbaren Weideflächen eine ähnliche Herausforderung wie die regelmäßigen Blutentnahmen. Aufgrund witterungsbedingter Einschränkungen und nur eingeschränkt verfügbarer Fachkräfte konnten einige der jüngeren Tiere bislang noch nicht mit Ohrmarken versehen werden. Ältere Tiere dagegen sind alle mit Ohrmarken versehen worden – es ist aber bekannt, dass eine Mutterkuh ihre Ohrmarke auf der Fläche verloren hat (s. Punkt 1).
Wir sind intensiv darum bemüht, die Ohrmarken sowie Blutuntersuchungen so schnell es geht nachzuholen bzw. zu wiederholen. Da dies in der extensiven Weidetierhaltung jedoch eine Herausforderung und mit Risiken der Arbeitssicherheit sowie Stress oder Verletzungen der Tiere beim Fang verbunden sein kann, mussten zuerst bestehende vakante Personalstellen besetzt werden.
6. Ist es richtig, dass auch zwei tote Fohlen auf den Flächen gefunden wurden?
Es ist richtig, dass Anfang Mai von den Tierbetreuern zwei verstorbene Konik-Fohlen auf einer der Flächen entdeckt wurden. Es besteht kein Zusammenhang zwischen diesen zwei verstorbenen Fohlen und den Vorfällen mit den zwei Heckrind-Kälbern! Leider werden öffentlich Mutmaßungen angestellt, dass diese Tiere aufgrund eines schlechten Zustands verstorben seien. Die Umstände des Todes beider Fohlen sind bislang nicht vollständig geklärt. Sie sind nach dem NABU vorliegenden Informationen in einem Graben der Fläche stecken geblieben, in denen sich die Pferde normalerweise nicht aufhalten – sie wurden aber unmittelbar fachgerecht der Tierentsorgung zugeführt. Der NABU Niedersachsen betont, dass Krankheiten, Unfälle oder auch eine natürliche Sterblichkeit in der Tierhaltung, auch in diesen Beweidungsprojekten, nie komplett vermieden werden können.
7. Welche Schritte werden als nächstes unternommen?
Der NABU Niedersachsen hat Maßnahmen vom Landkreis Leer angeordnet bekommen, welche bereits befolgt werden bzw. welchen mit hoher Priorität nachgekommen wird. Dazu zählen:
- Benennung verantwortlicher Betreuer*innen für die Tierhaltung auf der Weidefläche,
- Vorlage von Nachweisen über Kotuntersuchungen auf Parasiten, tierärztliche Behandlungen sowie ein Konzept für die Tierhaltung,
- eine Verbesserung der Kontrollen durch zweimal tägliche Besichtigung der Tiere auf der Weide mithilfe eines Traktors, um möglichst nah und gefahrlos an die Tiere heranzukommen,
- sowie die erneute Angewöhnung der Tiere an den Menschen durch Zufütterung mit schmackhaftem Futter
- und die zur Verfügungstellung von Tränkewasser.
Der NABU Niedersachsen ist bis heute intensiv dabei, die Anordnungen des Veterinäramts Leer umzusetzen. Dafür wurden zwei neue Mitarbeitende zusätzlich eingestellt. Die Tiere werden zweimal täglich durch die Mitarbeitenden kontrolliert und ausreichend mit Wasser und Futter versorgt. Eine vom NABU Niedersachsen in Auftrag gegebene Kotuntersuchung hat Pansenegeleier und in einem geringen Maße Magendarmwurmeier festgestellt. Bei ganzjährig auf der Weide lebenden Tieren ist dies keine Besonderheit. Wenn solche Parasiten festgestellt werden, werden mit dem Futter entsprechende Behandlungspräparate verabreicht. Insbesondere die Magendarmwürmer könnten für das struppige Fell einzelner Jungrinder verantwortlich sein.
Aufgrund der hohen Verantwortung und zum Wohl der Tiere strebt der NABU Niedersachsen dennoch schon seit Längerem mit hoher Priorität eine Reduzierung der bestehenden Herden auf diesen Flächen an. Auch die Aufgabe der Tierbestände ist eine mögliche Option. Dieses Vorgehen stellt den NABU Niedersachsen, die LUNO gGmbH sowie das Veterinäramt allerdings vor große Herausforderungen, weshalb Abstimmungsprozesse und Durchführung längere Zeit in Anspruch nehmen. Dazu gehört beispielsweise auch eine noch ausstehende notwendige EU-Zertifizierung des zu beauftragenden Schlachters, sodass ein sogenannter „Weideschuss“ direkt vor Ort durchgeführt werden darf. Dies ist die stressärmste Art der Schlachtung und erspart den Tieren den Transport zum Schlachthof. Trotz der bürokratischen Herausforderungen stehen alle Akteure in regelmäßigem und engem Austausch und treiben das Vorgehen voran.
In Abstimmung mit dem Veterinäramt ist geplant, zeitnah die noch ausstehenden Blutproben zu nehmen, um Infektionen mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV 1) vorzubeugen.
Fakt ist, dass das Aufeinandertreffen mehrerer ungünstiger Faktoren zu diesen bedauerlichen Unfällen führte. Sowohl das Veterinäramt, als auch alle Mitarbeitenden des NABU sind darum bemüht, solche Einflüsse zu vermeiden. Auch aufgrund des generellen Fachkräftemangels ist es uns aktuell nicht schnell genug gelungen, Personalabgänge zu kompensieren, was in Kombination mit der schwierigen Wetterlage Einfluss auf die Entwicklung gehabt haben kann. In gemeinsamer Absprache mit dem Veterinäramt vor Ort wird deshalb seit längerem die Umsetzung verfolgt, die Anzahl der Tiere zu reduzieren, um die Betreuung langfristig gewährleisten zu können.