NABU betont Vorteile der extensiven Ganzjahresbeweidung
Vorwürfe des Landwirtschaftlichen Hauptvereins nicht haltbar
18. August 2023- In einer Stellungnahme äußerte sich der Landwirtschaftliche Hauptverein (LHV) in Ostfriesland am 17. August gegenüber der Nordwest-Zeitung zu dem Beweidungsprojekt des NABU Niedersachsen im Landkreis Leer und wirft diesem vor, dass dieses aufgrund der vorherrschenden Wasser- und Bodenverhältnisse nicht funktionieren könne. Der NABU widerspricht dieser Einschätzung und hebt den positiven Nutzen der extensiven Ganzjahresbeweidung für Tierwohl und Naturschutz hervor:
„Die Kennzahlen der Beweidungsprojekte im Landkreis Leer belegen eine hohe Altersstruktur der Tiere sowie eine geringe Sterblichkeit“, so Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen. „Die Tiere erreichen ein Alter von bis zu 18 Jahren, während 20 Jahre bei Rindern als das Höchstalter gilt. In konventionellen Haltungen erreichen die Tiere aufgrund der geringen Nutzungsdauer in der Regel nur zwischen zwei und sechs Jahre. Die Sterblichkeit betrug in den letzten zehn Jahren auf den Flächen trotz des hohen Alters nur 3,3 Prozent und diese war 2022 und 2023 bis jetzt nicht sonderlich erhöht, während die Sterblichkeit über alle Haltungsformen in Niedersachsen hinweg in den Jahren 2014 bis 2018 bei 4,6 Prozent lag.“ Ein Teil der Rinder starb dabei an Altersschwäche.
Auch die robusten Konikpferde werden deutlich älter als die meisten anderen Pferderassen. In den letzten sieben Jahren gab es über die Gesamtzeit nur sieben Falltiere, wobei zwischen 45 und 70 Tiere jährlich auf den Flächen standen.
Der NABU Niedersachsen weist zudem von sich, den Prozess der Herdenauflösung zu verschleppen. „Seit Mitteilung der ersten Anordnungen sind die Mitarbeitenden mit allen Kräften darum bemüht, die Auflösung der Herden unter Berücksichtigung aller Genehmigungsvorgaben des Landkreises voranzutreiben“, so Dr. Buschmann. „Schon vor dem Vorfall wurde mit hoher Priorität versucht, eine Reduzierung der bestehenden Herden umzusetzen, was aber aufgrund von fehlender Schlachtgenehmigung bis zum Juli und aufgrund der bekannterweise gescheiterten Blutuntersuchung, bei der Jungrinder hätten entnommen werden sollen, nicht möglich war. Mittlerweile schreitet das Vorgehen aber voran, wobei eine tierwohlgerechte Auflösung bis zum 30. September, wie vom Landkreis Leer bisher gefordert, definitiv nicht umsetzbar ist.“
Weshalb landwirtschaftliche Akteure dennoch den Druck aufrechterhalten, obwohl die dem NABU vorgeworfenen Zustände nicht zutreffen und die Tiere absehbar von der Weide genommen werden, bleibt für den Landesvorsitzenden Dr. Buschmann fraglich: „Die Vorwürfe sind nicht haltbar und torpedieren die Arbeiten der Mitarbeitenden vor Ort, da sie unnötigerweise durch die Falschbehauptungen Unsicherheiten streuen.“ Angebote wie die des LHV, die übrigens nie dem NABU Landesverband gegenüber geäußert wurden, auf der Fläche saisonal begrenzte Sommerweidehaltung zu betreiben, deuten darauf hin, dass hier rein landwirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen könnten: „Eine Bewirtschaftungsform, die nicht der bisherigen extensiven Ganzjahresbeweidung gleichkomme, könne dazu beitragen, dass sich die über zwei Jahrzehnte entwickelten naturreichen Ausgleichsflächen zurückentwickeln“, so Dr. Buschmann. „In der Verantwortung der Stadt Leer als Eigentümerin der Flächen, mit der wir im Übrigen in der Vergangenheit immer gut zusammengearbeitet haben, liege nach Beendigung der NABU-Beweidungsprojekte die Verantwortung, den Naturschutzaspekt zu berücksichtigen und die Weideflächen zum Erhalt der Biodiversität mit adäquater Bewirtschaftung zu erhalten.“