Die Mehlschwalbe
Mehr Mieterschutz für Vögel
Zunächst die gute Nachricht: Die Bestände der Mehlschwalbe nehmen in Niedersachsen seit 2016 leicht zu. Auch ist sie bei uns weit verbreitet. Nur in den Waldgebieten im Solling, im Harz und in der Lüneburger Heide gibt es Verbreitungslücken. Dennoch steht die Mehlschwalbe auf der Vorwarnliste (Rote Liste NDS 2015). Damit geht es ihr in Niedersachsen aber noch besser als bundesweit: Auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands (2021) wird sie als "gefährdet" eingestuft. Entwarnung gibt es dennoch nicht: Ihr Bestand ist vor allem durch den Insektenschwund und die abnehmenden Brutmöglichkeiten gefährdet. Und hier ist keine Trendwende in Sicht!
Wohnraum ist knapp
Dabei gehört die Flugkünstlerin seit Jahrhunderten zum Bild unserer Dörfer und Städte. Schwalben sind Kulturfolger und fühlen sich in einer von Menschen geprägten Umgebung grundsätzlich wohl. Doch immer mehr Flächen werden versiegelt, Gebäude saniert. Während früher in jedem Kuhstall Platz für mehrere Schwalbenpaare war, sind heute viele Viehställe verschlossen – sofern es sie überhaupt noch gibt. Nicht-asphaltierte Feldwege und Hofeinfahrten, ideal um feuchten Lehm für den Nestbau zu sammeln, sind heute eine Seltenheit. Die Mehlschwalbe, die ihre Nester an rauen Außenwänden unter Dachvorsprüngen baut, findet so oftmals weder das benötigte Baumaterial noch eine Struktur, an der das Nest haftet.
Dazu kommt, dass es immer noch Menschen gibt, die vorhandene Schwalbennester entfernen. Das ist strafbar, geschieht aber leider dennoch. Die Kandidatin für die Wahl zum Vogel des Jahres fordert deshalb: Mehr Mieterschutz für Vögel!
Nur in der warmen Jahreszeit bei uns anzutreffen
Mehlschwalben sind Langstreckenzieher. Im September machen sie sich auf in die Winterquartiere auf dem afrikanischen Kontinent. „An Mariä Geburt (8. September) fliegen alle Schwalben furt“ besagt ein Sprichwort. Die meisten Tiere überwintern südlich der Linie Gambia-Norduganda, einige fliegen sogar bis nach Südafrika. Mehlschwalben bleiben recht lange in ihrem Winterquartier – bis zu 23 Wochen. Wenn sie Ende März bis Mitte April wieder bei uns eintreffen, werden sie von Schwalbenfans bereits sehnsüchtig erwartet. Liebevoll nennt man sie die „Frühlingsboten“. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, heißt es. Aber wenn sie mit der Brut beginnen, ist der Sommer jedenfalls nicht mehr weit.
Lebensweise
Mehlschwalben sind leicht an ihrem leuchtend weißen Bürzel und Bauch zu erkennen sowie am tief gekerbten Schwanz. Männchen und Weibchen sind allerdings schwer auseinanderzuhalten: Die Kehle des Männchens ist rein weiß, die des Weibchens wirkt etwas schmutzig. Die Mehlschwalbe ist etwas kleiner und kompakter als die Rauchschwalbe. Sie sind gesellige Tiere und brüten meist in Kolonien. Auch außerhalb der Brutzeit sind sie in großen Schwärmen anzutreffen. Als Insektenfresser sind sehr geschickt darin, diese im Flug zu erbeuten: Es ist ein großartiges Schauspiel, den Schwalben dabei zuzuschauen, wie sie über einer Weide jagen. Untersuchungen zeigen, dass Mehlschwalben vor allem Fliegen, Mücken und Blattläuse vertilgen. Diese drei Tiergruppen machen sogar 80 Prozent der Mehlschwalbennahrung aus!
Hungriger Nachwuchs
Die Mehlschwalbe zieht normalerweise zwei, selten auch drei Jahresbruten auf. Das Gelege besteht aus drei bis fünf Eiern. Nach ca. zwei Wochen schlüpfen die Jungen, es dauert weitere drei Wochen, bis die Jungschwalben das Nest verlassen. Und die Jungen sind hungrig: Bis zu 800 Fütterungsflüge müssen die Elterntiere täglich bewältigen.
Der Mehlschwalbe helfen: Das können Sie tun
Setzen Sie sich dafür ein, dass Feldwege und Dorfplätze in Ihrer Umgebung nicht restlos versiegelt werden, sondern offene Stellen mit Pfützen erhalten bleiben. Falls bereits alles versiegelt ist: Legen Sie eine Lehmpfütze an! Ausführliche Informationen, wie Sie Schwalben bei sich ansiedeln können, finden Sie hier.
Um eine Nahrungsgrundlage für die Mehlschwalbe zu schaffen, können Sie heimische Sträucher und Stauden pflanzen, die Insekten anlocken. Es sollte selbstverständlich sein, im Garten auf chemische Pflanzenbehandlungsmittel und Insektizide zu verzichten.
Hat sich die Mehlschwalbe bei Ihnen niedergelassen, heißen Sie sie als Mitbewohnerin willkommen! Es ist nicht nur illegal, bereits vorhandene Nester abzuschlagen, für die Schwalben ist die Neuanlage eines Nestes auch viel aufwändiger als die Renovierung der Heimstätte vom vergangenen Jahr. Übrigens: Ihren Einsatz für die Schwalbe belohnt der NABU Niedersachsen mit der Auszeichnung "Schwalbenfreundliches Haus".