Grundwasserentnahme durch Wiesenhof-Tochter unzulässig
NABU: Sofortige Einstellung der Grundwasserentnahme!
++update 16. Dezember 2022+++ Am 12. Dezember 2022 hat das Verwaltungsgericht Oldenburg den Bescheid des Landkreises Vechta vom 3. April 2018 aufgehoben, mit dem der Firma Oldenburger Geflügelspezialitäten GmbH & Co. KG die Entnahme von 250.000 m³ Grundwasser im Jahr im Brunnenfeld in Brägel erlaubt wurde (s.u.). Das Gericht hatte Mängel bei der Ermessensausübung durch die Genehmigungsbehörde erkannt. Der NABU Niedersachsen und die NABU-Kreisgruppe Vechta fordern einen sofortigen Stopp, um das Grundwasser zu schützen und hat deshalb einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Genehmigungsbescheides an den Landkreis Vechta gerichtet.
„Die Klage beim Verwaltungsgericht entfaltet auch nach dem Urteil keine aufschiebende Wirkung. Die Genehmigung kann daher auch während des laufenden Verfahrens weiter ausgenutzt werden“, erläutert Henning J. Bahr, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, der den Antrag für den NABU gestellt hat. „Durch den jetzt gestellten Antrag ist die Genehmigungsbehörde zur Prüfung verpflichtet, ob die Grundwasserentnahme während des weiteren Verfahrens untersagt wird. Maßstab hierfür ist insbesondere, ob die Klage des NABU voraussichtlich Aussicht auf Erfolg hat - hierfür ist das Urteil des Verwaltungsgerichts natürlich gewichtiger Hinweis. Zwar liegt das Urteil noch nicht schriftlich vor und kann auch mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung angefochten werden. Aber die weit überwiegende Zahl solcher Anträge wird durch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zurückgewiesen, sodass es nicht mehr zu einer Berufungsverhandlung käme.“ Doch auch ein Berufungsverfahren könne Jahre dauern, so dass die weitere Entnahme aus Sicht des Umweltrechtlers in jedem Fall geprüft werden müsse.
Der Landkreis Vechta muss handeln!
„Aus Sicht des NABU ist nun der Landkreis Vechta am Zug, der entweder die weitere Ausnutzung der Genehmigung untersagen oder der Öffentlichkeit erklären muss, warum er das Urteil des Verwaltungsgerichts noch nicht befolgen will“, erklärt Ludger Frye, Vorsitzender der Kreisgruppe Vechta das weitere Vorgehen. Dr. Holger Buschmann, Vorsitzender des Landesverbandes, ergänzt: „Es geht hier darum, das Grundwasser vor der weiteren Belastung aufgrund einer bereits als rechtswidrig erkannten Genehmigung zu schützen.“
Grundwasserentnahme durch Wiesenhof-Tochter unzulässig
Verwaltungsgericht entzieht Erlaubnis für Wasserförderung
13. Dezember 2022 - Nach einer Klage des NABU wurde die wasserrechtliche Genehmigung des Landkreises Vechta zu Gunsten der Oldenburger Geflügelspezialitäten GmbH & Co. KG durch das Verwaltungsgericht Oldenburg erneut aufgehoben. Am 12. Dezember 2022 verhandelte die 1. Kammer des Verwaltungsgericht Oldenburg unter dem Vorsitz des Präsidenten Keiser über die Klage des NABU Niedersachsen gegen die wasserrechtliche Genehmigung des Landkreises Vechta zu Gunsten der Fa. Oldenburger Geflügelspezialitäten GmbH & Co. KG. Der Bescheid wurde durch das Gericht nach mündlicher Verhandlung aufgehoben. Bereits die im Jahr 2013 erteilte Genehmigung war nach einer Klage des NABU Niedersachsen vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg als rechtswidrig eingestuft worden.
In der Verhandlung hatte das Gericht im Sachbericht bereits deutlich gemacht, dass es zwar weder erhebliche Verfahrensmängel sehe noch grundsätzlich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verträglichkeit der Entnahme beanstande. Aber es sehe entscheidende Mängel bei der Ausübung des sogenannten wasserrechtlichen Bewirtschaftungsermessens. Denn die Wasserbedarfsprognose gehe nur unvollständig auf den Wasserverbrauch der auf dem Gelände der Beigeladenen tätigen eigenständigen Produktionsgesellschaft „Allfein“ ein, der nur in der Summe benannt sei. Damit sei nicht ersichtlich, wie der Landkreis dieses Ermessen hätte ausüben können.
Sowohl der beklagte Landkreis als auch das beigeladene Unternehmen versuchten noch, die eigene Entscheidung zu verteidigen, die Argumente gegen die ordnungsgemäße Rechtsanwendung waren aber letztlich durchgreifend.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und kann noch angegriffen werden. Es liegen auch noch keine schriftlichen Urteilsgründe vor, hierfür hat das Gericht bis zu fünf Monate Zeit. Erst danach müssen der unterlegene Landkreis und das beigeladene Unternehmen über Rechtsmittel entscheiden.
Rechtsanwalt Henning J. Bahr aus Osnabrück hat das Verfahren auf Seiten des NABU geführt. „Die großartige Mitarbeit der NABU-Mitglieder Dr. Lutz Neubauer und Ludger Frye hat diesen weiteren Erfolg möglich gemacht. Der Landkreis Vechta wird sich nun überlegen müssen, ob es in der umweltrechtlichen Praxis ausreicht, eingereichte Unterlagen aus der Wiesenhof-Gruppe einfach nur abzuhaken“, kommentiert er die Entscheidung des Gerichts.
„Den NABU treiben bei der Klage massive Sorgen um benachbarte Moorflächen an, die einer drohenden Wasserarmut ausgesetzt sind, wie das Naturschutzgebiet Südlohner Moor und das Brägeler Moor. Die Wasserentnahme gefährdet nicht nur den wichtigen Lebensraum seltener Tiere und Pflanzen, sondern ist ganz besonders auch in Zeiten des Klimawandels unverantwortlich,“ so Ludger Frye, Vorsitzender des NABU Kreisverband Vechta.
Rückblick:
NABU erhebt Klage und erwägt Durchführung des Verfahrens
17. Mai 2018 - Der NABU Niedersachsen hat am 15.4.2018 vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg gegen den Bescheid des Landkreises Vechta vom 3.4.2018 Klage erhoben. Mit dem Bescheid hatte der Landkreis dem Wiesenhof-Konzern für seinen umstrittenen Großschlachthof in Lohne die Förderung erheblicher Mengen Grundwasser gestattet. Eine Genehmigung gleichen Inhalts war jedoch im November 2016 durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg aufgehoben worden.
„Der Landkreis Vechta hat trotz entsprechender Anforderung noch nicht alle Informationen übermittelt, die wir für die Einordnung und Bewertung der Sache dringend benötigen“, erklärt der NABU-Landesvorsitzende Dr. Holger Buschmann diesen Schritt. „Die Klage war deshalb jetzt der einzige Weg, weiter am Verfahren mitzuwirken.“ Hätte man keine Klage erhoben, wäre der Bescheid mit einer Laufzeit von 30 Jahren bestandskräftig und nicht mehr zu korrigieren gewesen.
Der Osnabrücker Fachanwalt für Verwaltungsrecht Henning J. Bahr ist für den NABU Niedersachsen mit der Klage betraut. Er kommentiert das Vorgehen: „Zunächst öffnet uns dies einen weiteren Weg, den Sachverhalt zu klären. Offenbar fällt es der Behörde immer noch schwer, meinen Mandanten Zugang zu allen gewünschten und fachlich erforderlichen Daten zu verschaffen.“
Ob das Klageverfahren durchgeführt wird, soll dann nach der Akteneinsicht und einer eingehenden Bewertung der Sach- und Rechtslage entschieden werden. Der NABU-Landesvorsitzende unterstreicht: „Dafür brauchen wir aber mehr Zeit, als die gesetzlich vorgegebene Klagefrist von einem Monat uns einräumt.“
Bundesverwaltungsgericht: Bescheid über Grundwasserförderung für Großschlachthof rechtswidrig
8. August 2017 -Am 9.11.2016 hatte der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) auf die Berufung des NABU Niedersachsen e.V. die Erlaubnis zur Grundwasserförderung in der Gemeinde Lohne für einen bundesweit bekannten Geflügelfleischproduzenten aufgehoben (s.u.). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtsmittel des Landkreises Vechta und des Unternehmens gegen diese Entscheidung mit dem nun bekannt gegebenen Beschluss vom 13.7.2017 zurückgewiesen.
„Nach der Begründung des Beschlusses reichten dem Bundesverwaltungsgericht schon die Gründe, mit denen die Revision erreicht werden sollte, nicht aus“, so Rechtsanwalt Henning J. Bahr, der für den NABU das Verfahren geführt hat. Die Entscheidung des OVG sei rechtlich nicht zu beanstanden, offensichtlich wollten der Landkreis und das Unternehmen nur Zeit gewinnen, so der Fachanwalt für Verwaltungsrecht weiter.
Das OVG hatte den Bescheid wegen Fehlern im Verfahren zur sog. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) aufgehoben. Es sei aus der gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentation des Entscheidungsprozesses für Außenstehende wie das Gericht nicht nachvollziehbar, weswegen sich der beklagte Landkreis Vechta gegen eine solche Prüfung entschieden habe.
Auf zu befürchtende Gefahren für das Grundwasser und naheliegende Moorgebiete sowie Fehler in der Abwägung aller relevanten Belange, auf die der NABU immer wieder hingewiesen hat, kommt es jetzt voraussichtlich in einem weiteren Verfahren auf Erteilung einer neuen Erlaubnis an. Ein entsprechender Antrag – auch auf vorzeitigen Beginn der Wasserentnahme – hatte das Unternehmen schon nach dem Urteil im November gestellt.
„Immerhin geht es darum, dass wichtige Lebensräume im Umfeld durch die Wasserentnahme in Mitleidenschaft, wenn nicht sogar ganz zerstört werden können. Grundwasserabhängige Tümpel mit Kreuzkrötenbeständen, natürliche Quellbiotope und als Naturschutzgebiet geschützte Moore sind bereits jetzt negativ betroffen“, so Ludger Frye, Vorsitzender der NABU Kreisgruppe Vechta und Dr. Lutz Neubauer, der kompetent beim Themenkomplex Grundwasser und Beweissicherung berät.
NABU Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann stellt klar: „In dem Verfahren geht es dagegen nur indirekt um eine Verhinderung der Schlachtung von Tieren aus Massentierbeständen. Der NABU sieht diese Form der industriellen Landwirtschaft mit seinen Auswirkungen auf Umwelt, Natur und uns Menschen sehr kritisch und fordert daher auf Landes-, Bundes- und Europaebene ein schnelles Umschwenken in der Agrarpolitik. Neben der Politik ist hier aber auch besonders der Verbraucher gefragt nur die Produkte zu kaufen, die aus einer verantwortungsvollen Landwirtschaft stammen.“
„In dem neuen Verfahren bleibt nun abzuwarten, ob weitere Erkenntnisse und Änderungen der Umstände möglicherweise die Erteilung verhindern. Immerhin findet derzeit kein Schlachtbetrieb statt, auch wenn der Wiederaufbau in wesentlich größerer Dimension bereits begonnen hat. Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist aber klargestellt, dass das Verfahren fehlerhaft war und der Landkreis Vechta seine Verfahrensweise ändern muss. Auch das war dem NABU ein wichtiges Anliegen – denn nur ordnungsgemäße Verfahren führen zu rechtlich fehlerfreien Bescheiden“, so Rechtsanwalt Bahr.
OVG Lüneburg hebt Erlaubnis für Grundwasserförderung auf
Wegen Mängel bei der Umweltverträglichkeitsprüfung rechtswidrig
9. November 2016 - Vor dem 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) ist heute über die Berufung des NABU Niedersachsen gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 26. März 2014 verhandelt worden. In diesem Urteil wurde eine Erlaubnis zur Grundwasserförderung in der Gemeinde Lohne für eine Geflügelschlachterei eines bundesweit bekannten Unternehmens aufrechterhalten. Aufgrund der durch Rechtsanwalt Henning J. Bahr für den anerkannten Umweltverband geführten Berufung hat das OVG das Urteil der ersten Instanz geändert und die Erlaubnis aufgehoben.
Das Verwaltungsgericht hatte die Berufung zugelassen, weil es die grundsätzliche Bedeutung und besondere Schwierigkeit der Sache gesehen hatte. Dies stellte sich als richtig heraus. War das Verwaltungsgericht noch der Ansicht, die Erlaubnis wäre insgesamt rechtmäßig, meinte das OVG, dass das Verfahren zur sog. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht ordnungsgemäß geführt wurde. Der Vorsitzende führte in der mündlichen Begründung aus, dass aus der gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentation des Entscheidungsprozesses für Außenstehende wie das Gericht nicht nachvollziehbar sei, weswegen sich der beklagte Landkreis Vechta gegen eine UVP entschieden habe. Dies sei ein Mangel, der ohne weitere Prüfung zur Rechtswidrigkeit und zur Aufhebung des Bescheides führe.
Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender Niedersachsen, erklärte zu der OVG-Entscheidung: „Umweltverträglichkeitsprüfung und gerade auch ihre Vorprüfung sind auch bei Plangenehmigungsverfahren zwingend notwendig und unerlässlich.“
„Der Senat teilt offenbar hinsichtlich der UVP unsere Auffassung. Daher kam es auf die weiteren aus unserer Sicht bestehenden Mängel der Erlaubnis nicht an“, so Rechtsanwalt Bahr.
Von Seiten des NABU war durch Ludger Frye und Dr. Lutz Neubauer noch umfangreich auf befürchtete Gefahren für das Grundwasser und naheliegende Moorgebiete sowie auf Fehler in der Abwägung aller relevanten Belange hingewiesen worden. Diese Fragen werden jetzt voraussichtlich in einem weiteren Verfahren auf Erteilung einer neuen Erlaubnis nochmals betrachtet.
„Es mag sein, dass nun ein neues Verfahren bei der Behörde betrieben wird. Dabei bleibt aber abzuwarten, ob neue Erkenntnisse und Änderungen der Umstände den Landkreis Vechta wiederum zur Erteilung führen werden. Erst einmal hat das Gericht auf einen Fehler hingewiesen, den die Behörde in Zukunft vermeiden wird – damit ist zumindest eines der Anliegen des NABU erreicht“, so Rechtsanwalt Bahr.
Zudem, so der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, könnten der Landkreis Vechta und auch das am Verfahren beteiligte Unternehmen gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einlegen. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig. Dies und die schriftliche Begründung müsse man in jedem Fall abwarten.