Den Igeln im Herbst helfen - aber richtig!
Der NABU Niedersachsen appelliert an Gartenbesitzer, den Igel nicht zu vermenschlichen, sondern ihm nachhaltig und mit Sachverstand zu helfen. Mehr →
Jedes Jahr kümmert sich das Team des NABU-Artenschutzzentrums in Leiferde um rund 300 bis 400 verletzte oder geschwächte Igel. Die Tiere werden dort wieder aufgepäppelt und für die Auswilderung vorbereitet. August und September sind die Hauptgeburtsmonate der Igel. Besonders im Herbst drehen sich deshalb viele Anfragen um das Thema Jungigel. Oft ist die Sorge groß: „Der kleine Igel ist so winzig und schwach. Er wird den Winter nicht überstehen.“ Doch nicht jeder Igel, der tagsüber aktiv ist, braucht sofort Hilfe.
Junger Igel tagsüber im Garten – ein Warnsignal?
Aber was, wenn es sich bei dem gefundenen Igel noch um ein Jungtier handelt, welches tagsüber durch den Garten streunt? Bärbel Rogoschik, Leiterin des Nabu-Artenschutzzentrums in Leiferde: „Gerade jetzt ist das nicht ungewöhnlich. Schließlich wurden junge Igel noch bis Ende September geboren. Der Nachwuchs von Igeln kann bei milden Temperaturen sogar noch im Dezember draußen unterwegs sein und sich Winterspeck für den Winterschlaf anfressen. Ein tagsüber gesichteter Igel ist oft nur durch Gartenarbeit aufgeschreckt worden und kehrt abends in sein Versteck zurück.“
Wann sind Igel wirklich in Not?
Igel dürfen laut Bundesnaturschutzgesetz weder gefangen noch getötet werden. Nur in absoluten Notfällen, wenn ein Igel verletzt oder krank ist, dürfen Menschen ihn für eine kurze Zeit in ihre Obhut nehmen, gesund pflegen und alsbald wieder in die Freiheit entlassen. Deswegen sei es auch so wichtig, den Igel zunächst genau zu beobachten, erklärt Rogoschik: „Läuft er im Kreis? Ist er verletzt? Hat er Fliegeneier oder Maden zwischen den Stacheln? Fühlt er sich kalt an? Dann benötigt er sofort Hilfe.“ In solchen Fällen sollte man einen Tierarzt, eine Igelauffangstation oder das NABU-Artenschutzzentrum kontaktieren.
Zecken und die Gefahr von Spot-On-Präparaten
Hat ein Igel fünf bis sechs Zecken, ist auch das nicht besorgniserregend. Erst, wenn sich bei einem kleinen Igel zahlreiche Zecken in der Kopfregion angesammelt haben, besteht Gefahr. Die Zecken müssen dann entfernt werden. Vorsicht ist jedoch bei sogenannten Spot-On-Präparaten geboten: „Manche dieser Präparate werden von Igeln nicht gut vertragen und können sogar zum Tod führen, wenn der Igel anschließend in den Winterschlaf geht. Deshalb sorgen wir dafür, dass Igel nach der Gabe solcher Mittel nicht in den Winterschlaf gehen, bis das Präparat abgebaut ist“, betont Rogoschik.
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Dehydrierter Igel? Das sind die Anzeichen!
Ein einfacher Test hilft, um festzustellen, ob ein Igel dehydriert ist: „Dazu zieht man die Stacheln einfach ein bisschen hoch. Wenn diese dann so stehen bleiben, dass eine Beule entsteht, die sich nur ganz langsam wieder zurückbildet, braucht der Igel auf alle Fälle Hilfe“, erklärt Rogoschik. In solchen Fällen sollte dem Tier Wasser angeboten werden. Nimmt er kein Wasser an oder kann nicht selbstständig trinken, gehört der Igel umgehend zum Tierarzt oder in eine Auffangstation. Wenn bekannt ist, wo sich das Muttertier aufhält, sollte ein Jungtier in ihrer unmittelbaren Nähe ausgewildert werden.
Sind keine Krankheiten oder sonstigen Beschwerden ersichtlich, ist es immer die bessere Wahl, den Igel in der Natur zu lassen und einen Jungigel somit nicht seiner Mutter zu entreißen. Insbesondere bei weiblichen Tieren ist es wichtig, diese nicht einfach der Natur zu entnehmen: Meist kümmern sie sich noch um ihre Jungtiere, die dann nicht mehr versorgt werden können. Die Gefahr ist groß, dass die Igelmutter ihre Jungen nicht mehr versorgt, wenn sie nach der Einsammelaktion wieder ausgewildert werden.
Einmal den eigenen Garten aus der Sicht eines Igels betrachten
Wer Igel in seinem Garten hat, kann sie am besten unterstützen, indem er hochwertiges Katzen- oder Hundefutter mit einem Fleischanteil von mindestens 70 Prozent anbietet. Igel sind Insektenfresser und können pflanzliche Inhaltsstoffe nicht verstoffwechseln. Gekochte Eier oder Rinderhack sind ebenfalls geeignete Nahrungsquellen. Rogoschik betont: „Schauen Sie sich den Garten aus der Sicht eines Igels an. Gibt es Gefahrenquellen wie offene Schächte, Kellertreppen oder Obstbaumnetze, in denen sich der Igel verfangen könnte? Gibt es Versteckmöglichkeiten wie z.B. Laubhaufen? Um Igel zu unterstützen, sollten Gartenbesitzer Versteckmöglichkeiten schaffen und Gefahrenquellen vermeiden.“
Wer sich trotz Zufütterung noch unsicher ist, ob das Tier rechtzeitig bis zum Winter ausreichend Fettreserven ansetzt, kann zwei bis drei Stacheln vorsichtig mit etwas Nagellack markieren und das Tier regelmäßig wiegen. Im Zweifel können Igelfreundinnen und -freunde aber immer mit Fragen, Beschreibungen und Bildern der Igel mit dem Artenschutzzentrum in Leiferde auch im Notfall Kontakt aufnehmen.
Die Leiterin des Artenschutzzentrums hat jedoch folgende Bitte: „Tiere bitte nie einfach so in einer Box vor unseren Türen abstellen, sondern immer Bescheid geben. Andernfalls könnten die Lebewesen zu spät bemerkt und so nicht mehr vor dem Tod bewahrt werden. Dies ist leider schon vorgekommen.“
Öffnungszeiten, Kontaktmöglichkeiten des Artenschutzzentrums und alle Infos rund um tierische Notfälle finden sie hier →Tierische Notfälle
Informationspaket des NABU
Wer mehr über Igel erfahren möchte, kann beim NABU Niedersachsen ein Info-Paket anfordern: Es besteht aus der Bauplansammlung für Nisthilfen, wozu auch die Igelburg zählt, und der Farbbroschüre des NABU zu Lebensweise, Gefährdung und Schutz des Igels.
Einfach 5-Euro in Briefmarken mit dem Stichwort ‚Igel‘ an den NABU Niedersachsen, Alleestr. 36, 30167 Hannover senden.