Baustopp beim Windpark Viehsteige erwirkt
Gericht stellt gravierende Fehler bei der Baugenehmigung fest
23. Januar 2018- Das Verwaltungsgericht Stade hat am 21.12.2017 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder hergestellt, und damit einen faktischen Baustopp für den Windpark Viehsteige verhängt (Aktenzeichen 2 B 3706/17).
Der NABU Niedersachsen und die Bürgerinitiative aus den anliegenden Gemeinden betonen noch einmal, dass sich die Widerspruchsverfahren gegen die Baugenehmigungen und nicht gegen die Windkraft generell oder gar die Energiewende richten. Von Anfang an hat sich die Bürgerinitiative gegen die Mängel des Verfahrens zur Wehr gesetzt. Sie kritisierte, dass bei der Festsetzung des Vorranggebietes die Belange des Torfschutzes, des Hochwasserschutzes sowie die Auswirkungen der Grundwasserabsenkungen nicht geprüft wurden. Gemeinsam mit dem NABU wurde darüber hinaus gerügt, dass durch den Bau geschützte Biotope vernichtet werden, dass die Belange der Rast- und Brutvögel nicht hinreichend gewürdigt wurden und dass die Tötung von geschützten Arten erlaubt wurde, ohne dass hierfür hinreichend Begründungen angeführt wurden.
Garvierende Verfahrensmängel
Beide Partner sehen sich in ihrer Kritik vom Verwaltungsgericht nun bestätigt. Das Gericht listet über mehrere Seiten die erheblichen Verfahrensmängel auf. Es wirft dem Landkreis vor, die gesamte wasserrechtliche Prüfung erst nach der Erteilung der Genehmigung durchgeführt zu haben. Eine förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung für das Gesamtvorhaben habe nicht stattgefunden, betont das Gericht. Es hält die Fehler des Verfahrens für so gravierend, als hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung gar nicht stattgefunden. Es stellt fest, dass nach dem derzeitigen Stand wohl die gesamte Genehmigung bereits aus diesem Grunde im Hauptverfahren aufzuheben ist.
Die Genehmigung ist auch aus anderen Gründen fehlerhaft. Der Landkreis hatte in der Genehmigung eine Ausnahme vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot für die Sturmmöwe erteilt. Diese sei rechtswidrig. Die Begründung genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht. Nur zwingende Gründe könnten eine solche Ausnahme rechtfertigen. Diese seien hier weder geprüft noch dargelegt worden.
Das Gericht hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass nicht jeder Standort, der als Vorranggebiet ausgewiesen wurde, auch als Baugebiet geeignet ist. Das zu prüfen ist Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung. Es bescheinigt dem Landkreis Osterholz hier ein falsches Verständnis vom Sinn dieses Verfahrens, wenn dieser die Eingriffe in die Natur, die Aufhebung des Tötungsverbotes für geschützte Arten und die Beeinträchtigung der Schutzrechte der Menschen schlicht mit dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Windenergie begründet. Es sei vielmehr erforderlich zu prüfen, ob die geplante Bebauung mit den Schutzrechten Dritter und dem Naturschutz in Übereinstimmung stehe und ob das RROP (regionales Raumordnungsprogramm von 2011) diesen Standort wegen des hier auftretenden naturschutzrechtlichen Konflikts überhaupt als Vorranggebiet ausweisen durfte.
NABU und Bürgerinitiative hatten im Verfahren darauf hingewiesen, dass eine Prüfung des Standortes auch unter dem Gesichtspunkt des Torfschutzes und des Hochwasserschutzes erforderlich sei, da diese Prüfung bei Festsetzung des Vorranggebiets nicht stattgefunden habe. Durch die geplanten Grundwasserabsenkungen in einem durch Landesplanung festgesetzten Torfschutzgebiet wäre eine Schädigung der Torfsubstanz im Umfang von mehreren Millionen Quadratmetern zu erwarten. Der Landkreis hatte dies immer abgelehnt, dies auch nur zu prüfen. Zu Unrecht wie das Gericht jetzt bestätigt.
Kein Ausbau der Windkraft auf Kosten der Natur
Der NABU betont, dass der Ausbau der Windenergie grundsätzlich unterstützt wird. Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Natur und des Artenschutzes erfolgen. Die Bürgerinitiative betont, dass dies Projekt nur gelingen kann, wenn solche Standorte gefunden werden, die sowohl bei der betroffenen natürlichen Umgebung, als auch bei der Bevölkerung nicht zu unannehmbaren Beeinträchtigungen führen. Die Ortschaften Meyenburg, Uthlede und Aschwarden sind bereits jetzt mit 48 WEA in ihrer unmittelbaren Umgebung über Gebühr belastet. Sie wenden zu Recht ein, dass weitere Anlagen für diese drei kleinen Dörfer nicht mehr zumutbar sind.
Sowohl NABU als auch die Bürgerinitiative sehen eine umfassende, faire und transparente Beteiligung der Öffentlichkeit an der Planung als elementare Voraussetzung für eine Akzeptanz der Windenergie in der Bevölkerung. Aus einem falschen Verfahren kann keine richtige Entscheidung kommen, stellen sie fest.