Fledermäuse im Harz
Warum viele Arten hier ihre Winterquartiere haben
Fledermäuse überdauern die insektenarme Zeit, indem sie geschützte Räume aufsuchen, wo sie von Störungen weitgehend sicher sind. Sie fahren ihren Stoffwechsel fast gänzlich zurück, der Herzschlag fällt von ungefähr 600 Schlägen pro Minute auf nur 15-80 Schläge ab und auch die Atemfrequenz ist stark gedrosselt. Durch diesen Winterschlaf verbrauchen Fledermäuse nur sehr wenig Energie und können von ihren Fettreserven zehren und so die kalte Jahreszeit überstehen. Deshalb ist es auch so wichtig, Fledermäuse im Winter nicht zu stören: Denn für das Aufwachen aus dem Winterschlaf benötigen die Tiere viel Energie. Verfügen die Fledermäuse nicht über ausreichende Fettvorräte im Körper, kann das für sie tödlich sein. Umso wertvoller sind Regionen, in denen Fledermäuse störungsfreie Winterquartiere finden.
Ein Hotspot für Fledermausvielfalt in Norddeutschland ist der Harz: 21 der 25 in Deutschland vorkommenden Arten wurden hier nachgewiesen. Insbesondere als Fledermaus-Winterquartier ist der Harz ein bedeutsamer Lebensraum. Das hängt unter anderem mit seiner Kulturgeschichte zusammen: Als ehemalige Bergbau-Region bieten neben den Naturhöhlen vor allem die vom Menschen gemachten Stollen und ehemaligen Bergwerke vielen Fledermausarten ideale Überwinterungsorte. Manche Arten, wie etwa die Teichfledermaus, konnte bisher nur im Winter im Nationalpark Harz nachgewiesen werden. Die Verbesserung potentieller Winterquartiere stellt deshalb für den Artenschutz im Harz eine wichtige Aufgabe dar, ebenso wie die regelmäßigen Erfassung der Fledermausvorkommen.
Der Nationalpark bietet Platz für seltene Arten
Mit der Kartierung von Fledermäusen beschäftigt sich auch die Tierökologin Annika Schröder. Sie arbeitet im Nationalpark-Haus Sankt Andreasberg des NABU und befasst sich seit Jahren wissenschaftlich mit den Fledermäusen im Harz. Sie bietet für das Nationalpark-Haus Fledermausführungen an und erklärt interessierten Gästen die Besonderheiten der Fledermausfauna der Region. Eine der Besonderheiten im Harz ist die Mopsfledermaus. Über 50 Jahre lang war die streng geschützte Art verschwunden, galt bis 2005 als ausgestorben. Doch seit einigen Jahren ist sie zurück im Harz.
Die Fledermaus-Kundlerin freut das sehr. „Die Mopsfledermaus ist eine typische Waldfledermausart: Sie benötigt naturnahe, strukturreiche Wälder mit einem großen Totholzanteil. Es ist eine Erfolgsgeschichte, dass sie wieder im Harz heimisch ist. Ihre Rückkehr zeigt, dass sich etwas verändert hat im Nationalpark, denn die Mopsfledermaus ist eine Indikatorart für einen naturnahen Waldbestand“, so Annika Schröder.
Borkenkäfer sind ein gefundenes Fressen für die Mopfsfledermaus
Indessen mögen Wanderer, die im Sommer den Nationalpark Harz besucht haben, einen ganz anderen Eindruck vom Zustand des Waldes mit nach Hause genommen haben. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren hat sich das Bild verändert. Man sieht große Borkenkäferflächen, noch verstärkt durch die große Trockenheit der vergangenen Sommer. „Die vielen toten Bäume, das sieht für viele erst einmal geisterhaft aus“, sagt Schröder.
„Für die Mopsfledermaus jedoch sind Borkenkäferbäume ideale Habitate: Die Mopsfledermaus ist eine Spaltenbewohnerin und die Quartiere, die durch sich lösende Borke entstehen, sind für sie perfekt. Auch hatten wir im Sommer eine große Spechtaktivität zu verzeichnen, gerade durch den Schwarzspecht. Die Höhlen, die er hinterlässt, sind wiederum gut geeignete Lebensraum für Fledermäuse, beispielsweise für die stark gefährdete Bechsteinfledermaus.“ Es lohnt sich also, einen genaueren und geduldigeren Blick auf die vermeintlich toten Flächen zu werfen. „Die natürliche Waldentwicklung in den Kernzonen des Nationalparks braucht Zeit, das ist eine Sache von Jahrzehnten“, erklärt die Ökologin.
Kehrt die Wimperfledermaus nach Niedersachsen zurück?
An den Fledermausvorkommen im Harz lassen sich jedoch nicht nur Habitatveränderungen ablesen, sondern auch Klimaveränderungen. Die Wimperfledermaus ist eine wärmeliebende Art und kam bis vor kurzem in Deutschland nur in wärmebegünstigten Bereichen vor, z.B. im Rheintal oder im Alpenvorland. Im Jahr 2016 wurde in Sachsen-Anhalt (Rübeland, Ost-Harz) der Erstnachweis dieser Art erbracht. Einige Fledermausforscher sehen sich in ihrer Vermutung bestätigt, dass in Zukunft - in Folge des Klimawandels und der sich verändernden Wetterbedingungen - nun auch wärmeliebendere Arten wie die Wimperfledermaus ihr Verbreitungsgebiet in den Norden ausweiten. Für den niedersächsischen Teil des Harzes gibt es allerdings bisher noch keinen Nachweis.
Das FledermausReich im Nationalpark-Haus
Wer nun Lust bekommen hat, auch einmal Fledermäuse beobachten zu gehen, muss sich noch bis zum späten Frühjahr gedulden. Dann aber sind Besucherinnen und Besucher des Nationalparkhauses herzlich eingeladen, an einer der geführten Fledermaus-Exkursionen teilzunehmen. Wer so lange nicht warten will, kann das „FledermausReich“ im Nationalpark-Haus Sankt Andreasberg besuchen. Hier kann man vieles über die heimischen Fledermäuse lernen – die Ausstellung bietet einen wetter- und jahreszeitenunabhängige Rundgang durch das spannende Jahr der Fledermäuse.
über das Nationalpark-Haus:
Die Geopark-Infostelle bietet ein Erlebniskino und eine abwechslungsreiche Ausstellung. Ein Highlight ist die Dauerausstellung zum Thema Fledermäuse.
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