Gefleckte Weinbergschnecke in Bergen
Carsten Krieger aus Celle staunte nicht schlecht, als er an einer Garagenrückwand in Bergen (Landkreis Celle) die gefleckte Weinbergschnecke beobachtete. Mehr →
20. Mai 2010 -
Beate Walz aus Dollbergen (Region Hannover) hat diesen Aufruf gelesen und seitdem auf ihren Spaziergängen eifrig Ausschau gehalten. Anfang Mai war es dann tatsächlich so weit. „Ich traute meinen Augen kaum“, freut sich die glückliche Finderin. Da saß tatsächlich eine Weinbergschnecke mit links gewundenem Gehäuse am Wegrand neben der Bahnlinie Hannover-Berlin, östlich von Hannover. „Anfangs hatte ich den Aufruf für einen Scherz gehalten“, sagt Beate Walz. Doch nun freut sie sich, dass ihre Aufmerksamkeit mit einem tollen Fund belohnt wurde.
„Schneckenkönige kommen bei verschiedenen Arten immer wieder einmal vor, werden aber nur ganz selten gefunden“, erklärt Walter Wimmer, Schneckenexperte beim NABU. Er selbst kennt Schneckenkönige nach Jahrzehnten der Beschäftigung mit den heimischen Weichtieren nur aus Museumssammlungen. Die Ursache für diese anders gewachsenen Tiere lässt sich nicht genau klären. Diskutiert werden Verletzungen in einem ganz frühen Entwicklungsstadium, aber auch genetische Ursachen.
„Dieser Schneckenkönig ist auch ein Beispiel dafür, wie spannend es sein kann, sich mit dieser Tiergruppe zu beschäftigen“, freut sich Walter Wimmer und ergänzt: „Deshalb werden die Schnecken auch weiterhin einen festen Platz in der Umweltbildungsarbeit des NABU einnehmen. So veranstaltet der NABU auch Vorträge und Exkursionen in die Welt der Schnecken.
Beate Walz erhält für ihren Fund vom NABU das von Wimmer selbst verfasste Büchlein „Schnecken entdecken mit Victor von Koch (1840 bis 1915)“.
26. März 2010 -
Die Weinbergschnecke ist ohne Frage die bekannteste der heimischen Schneckenarten. Mithalten können höchstens noch die Bänderschnecken Cepaea spp. und neuerdings die Spanische Wegschnecke Arion lusitanicus, die seit einigen Jahrzehnten so häufig in unserer Kulturlandschaft und ganz besonders auch in Ortschaften vorkommt. Sie wurde vom Menschen nach Mitteleuropa verschleppt.
Doch auch die Weinbergschnecke – für uns ein selbst verständlicher Teil unserer Fauna – war nicht immer hier. Nach der letzten Eiszeit musste sie sich wie andere Tiere auch mühsam vom Mittelmeerraum wieder nach Norden ausbreiten. Obwohl (oder weil?) sie so groß ist, hat sie dafür lange gebraucht. In etwa 5.500 Jahre altem archäologischem Grabungsmaterial aus dem südöstlichen Niedersachsen fehlt sie noch, während die Mehrzahl der heute bei uns vorkommenden Arten derzeit schon hier war.
Heute zählt der Braunschweiger Raum zum natürlichen Verbreitungsgebiet der Weinbergschnecke. Allerdings ist das geschlossene Areal mehr oder weniger auf das südniedersächsische Berg- und Hügelland beschränkt. Im Norddeutschen Tiefland sind ihre zahlreichen Vorkommen auf Verschleppung oder gezielte Ansiedlung zurückzuführen. Hier ist sie besonders in menschlichen Siedlungen zu finden. Den Winter verbringen Weinbergschnecken leicht eingegraben am Erdboden, geschützt unter Büschen oder anderen Pflanzen. Mit einem hausgemachten Kalkdeckel gut verschlossen können sie auch starken Frost problemlos überleben, was im aktuellen Winter auch nötig war. Wenn es draußen wieder warm und nass wird, erwachen sie aus der Winterruhe. Mit dem Fuß treten sie den Deckel heraus und beginnen ihre Aktivitäten – bei uns meistens im März oder April. Dann können wir sie – besonders auf kalkreichem Untergrund – wieder zahlreich umher kriechen sehen.
Wer findet den Schneckenkönig ?
Auch hier lohnt sich allerdings das genauere Hinsehen. Es fängt damit an, dass Weinbergschnecken in der Regel rechts gewunden sind. D. h., wenn man von oben auf das Haus schaut, ist es von der Spitze zum Gehäuse rechts herum gewachsen. Oder von der Seite in die Mündung geschaut, liegt diese rechts. Nun gibt es ausgesprochen selten einzelne Tiere, deren Haus links gedreht ist. Sie werden als Schneckenkönig bezeichnet. Wer darauf achtet, kann früher oder später einen solchen Schneckenkönig finden. Das Phänomen kommt übrigens auch bei anderen Schneckenarten vor.
Gefleckte Weinbergschnecke schon in Braunschweig?
Wer sich schon die Freude macht und Weinbergschnecken beobachtet, oder wenigstens näher anschaut, der kann auch gleich darauf achten, ob es sich wirklich um unsere gute alte Weinbergschnecke handelt, oder vielleicht um einen Neubürger. In jüngster Zeit mehren sich nämlich in Niedersachsen die Meldungen einer mediterran-westeuropäisch verbreiteten Art, der Gefleckten Weinbergschnecke Cornu aspersum. Diese ist nicht nur gefleckt, sondern auch etwas kleiner als die heimische Weinbergschnecke. Nachgewiesen ist, dass sie oft mit Gemüse verschleppt wird, aber auch viele andere Transportmöglichkeiten werden genutzt. Das ist schon lange bekannt. Doch während die wenigen Vorkommen, die früher schon bei uns entstanden waren nie Bestand hatten, scheint sich die Gefleckte neuerdings auch dauerhaft bei uns halten zu können. Sie könnte ein Gewinner des viel zitierten Klimawandels sein. In Niedersachsen lebt sie mittlerweile auf einem Friedhof in Ostfriesland, auf Borkum und in Bergen, im Landkreis Celle. Aus Braunschweig ist sie bisher nicht bekannt. Es lohnt sich aber auch hier, genau hinzuschauen, denn früher oder später dürfte sich die Gefleckte Weinbergschnecke auch hier etablieren.
Übrigens: Die Gefleckte Weinbergschnecke ist die Art, die in Frankreich am häufigsten gegessen wird. Hierzulande droht den Tieren dieses Schicksal weitaus seltener. Sie zu suchen und zu beobachten lohnt sich dennoch. Und wer weiß, vielleicht stößt man bei der Suche ja auch auf das Weichtier des Jahres, die Gemeine Schließmundschnecke Alinda biplicata? Aber das ist eine andere Geschichte.
Wer besondere Schnecken-Beobachtungen mitteilen möchte oder Fragen zum Thema hat, kann sich an die NABU-Regionalgeschäftsstelle Südostniedersachsen – Harz wenden: info@nabu-niedersachsen.de
Artenporträt Weinbergschnecke
Carsten Krieger aus Celle staunte nicht schlecht, als er an einer Garagenrückwand in Bergen (Landkreis Celle) die gefleckte Weinbergschnecke beobachtete. Mehr →
Schnecken gehören mit weltweit mehr als 100.000 Arten zu den erfolgreichsten Tiergruppen. Der NABU Niedersachsen hat sich zum Ziel gesetzt, das Bild der Schnecken ins rechte Licht zu rücken und den Tieren gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Mehr →