Gestatten, mein Name ist Baumläufer
Mit Tarnkleid und Pinzettenschnabel auf Insektenjagd
In wilden Pirouetten sieht man ihn den Baumstamm hinauflaufend. Nach dem Besuch eines ersten Baumes wieder hinunter fliegend zum Stammansatz des zweiten, des dritten und immer so fort – nein, das ist kein Fabelwesen und keine Fantasiefigur aus dem Weltall, die ein gewitzter Drehbuchautor erfand, sondern ein Vogel, der auch in unseren Städten und Dörfern noch weitgehend übersehen wird. Genaugenommen handelt es sich dabei um zwei Arten, die auf den ersten Blick kaum voneinander zu unterscheiden sind: Garten- und Waldbaumläufer.
In Rissen und Spalten der Borke suchen die Baumläufer nach Käfern, kleinen Spinnen, Raupen und anderem Kleingetier. Mit dem langen, dünnen, und deutlich gebogenen Schnabel gelangen sie an die entlegensten Stellen und spüren dort die Beute auf.
Den Baumläufern ist ganz besondere Lebensweise zu eigen: Sie sind Höhlenbrüter. „Wald- und Gartenbaumläufer sind vielen Menschen, oft auch passionierten Vogelfreunden, zumeist unbekannt sind“, sagt Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen. „Das mag daran liegen, dass sie in freier Natur gern - gut versteckt - hinter abstehender Rinde von Bäumen brüten.“ Dies kann man durch einen speziellen Nistkasten nachahmen, der, mit seitlichen Einschlupflöchern versehen, ohne Hinterwand an einem Baum angebracht wird. Mitunter werden solche Nistkästen auch statt von Baumläufern durch Blaumeisen oder Fledermäuse aufgesucht.
Das können Sie in Ihrem Garten für Baumläufer tun
Der NABU regt daher an, dass Vogelfreunde Nistkästen für Baumläufer bauen und diese auch jetzt noch anbringen – da der Baumläufer in günstigen Jahren auch ein zweites Mal brütet. „Auch im Winter können bereits Nistkästen angebracht werden, denn diese können dann auswittern und dienen in kalten Nächten Vögeln als geschützte Nachtquartiere“, so Wohlers.
Der Baumläufer wird das Nest mit Moos, kleine Blätter, Halme und anderem geeigneten Nistmaterial bauen. „Auch Baumläufer-Nistkästen sollten im Herbst, möglichst im Oktober, gereinigt werden“, rät der NABU-Aktive. „Damit werden lästige Parasiten aus dem alten Nistmaterial entfernt, Vogelflöhe, Lausfliegen und andere, die darin übernachtenden Vögeln und den Jungvögeln des nächsten Jahres sonst zur Last fallen könnten.“ Dabei sollte der Kasten nur „bürstenrein“ gemacht werden, aber niemals sollten dabei Chemikalien zum Einsatz kommen. Besonders gut geeignet zur Anbringung von Baumläufer-Nistkästen sind Bäume mit grober Rinde – etwa Pappel, Weide, Eiche, alte Obstbäume, Kiefer, Fichte, Tanne, alte Birken, Linde, Ahorn und andere.
Und noch einen Rat gibt Wohlers Vogelfans auf den Weg: „Ein vogelfreundlicher Garten kann ein solcher nur sein, wenn er auch insektenfreundlich ist, auch der schönste Nistkasten ist in einem sterilen Einheitsgrüngarten keine Einladung an Vögel sein.“ Daher sollten im Garten heimische Sträucher, Wildpflanzen und geeignete Stauden mit ungefüllten Blüten den Vorzug vor immergrünen Exoten haben. „Denn dann ist Insekten der Tisch reich gedeckt, und sie haben auch Entwicklungs- und Überwinterungspotentiale“, betont Wohlers. Insekten sind die Nahrungsgrundlage für Baumläufer und andere Vogelarten sowie für Fledermaus, Igel, Spitzmaus und Co.