Die Bachstelze
Mit trippelndem Gang und wippendem Schwanz
Im Niederdeutschen hat sie einen Namen erhalten, der wohl kaum treffender sein kann: Wippsteert, Wippschwanz, wird sie dort genannt, denn ihr Gang mit der stets wippenden, langen Schwanzfeder ist charakteristisch: die Bachstelze.
„Die Bachstelze ist eine echte Kulturfolgerin“, erzählt Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen. Kam sie ursprünglich an Uferlandschaften mit naturnahen Gewässern, Altarmen, Abbruchkanten und anderen Elementen vor, hat sie sich über die vergangenen Jahrhunderte mehr und mehr dem Menschen angenähert, indem sie offene Parks, Gärten, Wiesen und Weiden als Nahrungsräume und Gebäudezugänge als Brutplätze bezog. Bachstelzen sind oft und gern in der Nähe von Gewässern zu finden, auf diese jedoch nicht zwingend angewiesen. Entscheidend ist das Nahrungsangebot. Das Spektrum der bevorzugten Nahrung umfasst vor allem Insekten, aber auch Würmer, Schnecken und Spinnen. Auch Ameisen werden durchaus nicht verschmäht; es kann gut sein, dass eine Bachstelze eine ‚Ameisenstraße‘ im Visier hat und versucht, eine nach der anderen aufzupicken.
Immer mehr Bachstelzen bleiben im Winter bei uns
Bachstelzen ziehen im Herbst im Regelfall gen Süden – aber längst nicht alle. Immer wieder wird von hierzulande überwinternden Bachstelzen berichtet. Die ziehenden Tiere aus unseren Breiten legen dabei im Vergleich zu vielen anderen Vogelarten keine sehr langen Wege zurück; oft geht es nur bis in den Südwesten Europas, nach Frankreich, Spanien oder Portugal. Möglicherweise wirkt sich der Klimawandel bereits auf das Zugverhalten aus. Manche Bachstelzen ziehen aber auch weiter bis nach Nordafrika, bis nach Marokko und Algerien.
Als Brutreviere sucht sich die Bachstelzen große Gärten, offene Parks mit Wiesenflächen, auch Sportanlagen, wenn sie nicht zu künstlich sind, sowie Brachen und Weiden, wo sie oft in unmittelbarer Nähe von Schafen, Ziegen, Pferden und Kühen ihre Nahrung suchen. Im Frühjahr zurückgekehrt, werden im Brutgeschäft bis zu sieben Eiern gelegt. In dem Nest, das aus Halmen, Blätter, Moos und Federn gebaut und ausgekleidet wird, wachsen dann die jungen Bachstelzen heran. Die Brutdauer umfasst rund 14 Tage, die Aufzuchtzeit der Jungen im Nest weitere 16 Tage, bis sie ausfliegen und draußen von den Alttieren zunächst weiter gefüttert werden.
„Die Bachstelze ist fleißig bei der Reproduktion“, merkt NABU-Mitarbeiter Wohlers an: „In der Brutzeit von April bis Juli, in günstigen Jahren bis in den August, werden zwei, manchmal sogar drei Bruten pro Jahr durchgeführt!“ Dann haben die Altvögel „alle Schnäbel voll zu tun“: „Es werden bei jedem Flug gleich mehrere Würmer und Insekten im Schnabel aufgenommen, die an den Seiten herausragen, und dann zu den aufgerissenen Mäulern der unablässig um Nahrung bettelnden Jungvögel gebracht werden – eine Spitzenleistung!“, zollt der Naturschützer den kleinen Tieren Respekt.
So kann man der Bachstelze helfen
Die Bachstelze bevorzugt als Brutplatz – wie auch ihre Unterart, die Trauerbachstelze, die über ein fast durchläufig schwarzes Rückengefieder verfügt – Nischenbrutplätze. Diese finden sich oft an Häusern. Oft sind es kleine Nischen unter oder hinter Verschalungen, hinter abstehenden Mauerstücken, über Windfängen oder in Maueraussparungen, stets möglichst geschützt, mit einem „Dach über dem Kopf“. In Zeiten der Altbausanierung und aus Energiespargründen stark isolierten Neubauten hat die Bachstelze mittlerweile aber – wie viele Gebäudebrüter – zunehmend Probleme, geeignete Brutplätze zu finden.
„Wir begrüßen die bessere Isolierung der Gebäude ausdrücklich, weil sie ein wichtiger Beitrag zum alles Leben bewahrenden Klimaschutz ist“, betont Wohlers. Deshalb rät der NABU Niedersachsen allen, die der Bachstelze helfen möchten, einen Nischen-Nistkasten, eine so genannte Halbhöhle, an einer Gebäudewand anzubringen - möglichst geschützt, möglichst unter einem Vorsprung, der nach oben hin Regenschutz und Deckung bietet, und Richtung Südosten ausgerichtet.
„Ein solcher Nistkasten sollte nicht zu niedrig angebracht werden, und stets für Katzen unerreichbar“, fügt Wohlers an: „Er kann leicht selbst aus Holz gefertigt werden. Oder es wird auf einen Nistkasten aus dem witterungsbeständigen Material Holzbeton im Fachhandel zurückgegriffen.“ Sinnvoll sei es, ihn im Herbst vom alten Nistmaterial durch Ausfegen zu befreien, sodass sich darin im kommenden Frühjahr keine für die Vögel lästigen Parasiten befinden. Oft findet der Kasten für die Bachstelze auch einen anderen ‚Mieter‘, nämlich den Grauschnäpper oder einen Hausrotschwanz. „Aber auch diese sind herzlich willkommen, denn wir wollen ja Vielfalt in unseren Gärten und unserer Landschaft!“, sagt Wohlers.
Und so hofft der NABU-Mitarbeiter darauf, dass die Bachstelze noch viel mehr Freunde finden wird: „Auch, wenn diese Art heute noch als im Bestand stabil und ungefährdet gilt, kann sich dies schnell ändern“, mahnt er. „Es ist eine wunderbare Sache, zu beobachten, wie oft bereits durch einfache Maßnahmen die Artenfülle steigt, auch im heimischen Garten.“
Er hofft, dass viele Gärten, Schulhöfe, Parks und Gewerbeflächen noch naturnäher werden– und viele neue Halbhöhlenkästen gebaut und angebracht werden. Der Naturschützer kann sich auch gut vorstellen, dass in Schulen im Werkunterricht solche Kästen mit den Kindern gebaut werden und die Lebensweise der Bachstelze im Biologieunterricht behandelt wird. „Wenn dann die Kästen gemeinsam mit den Kindern in einem Schulgarten oder andernorts angebracht und immer mal wieder beobachtet werden, kann das auch noch einen guten umweltpädagogischen Effekt haben“, so Wohlers.
Weitere Informationen:
Der NABU hat für alle, die sich mit der Bachstelze und der heimischen Vogelwelt näher beschäftigen und für diese im eigenen Bereich aktiv werden möchten, ein kleines Info-Paket zusammengestellt, das aus der umfangreichen Bauplansammlung für Nisthilfen aller Art und der reich bebilderten Farbbroschüre „Vögel im Garten“ besteht. Es kann angefordert werden gegen Einsendung eines 5-Euro-Scheins beim NABU Niedersachsen, Stichwort „Vögel im Garten“, Alleestr. 36, 30167 Hannover.