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Acht Jahre „Herdenschutz Niedersachsen“

Beratung und praktische Unterstützung für effektiven Schutz vor Wolfsübergriffen

Im gerade beendeten 18-monatigen Förderzeitraum wurden über 100 Beratungen durchgeführt, 86 Weiden mit insgesamt fast 300 Hektar Weidefläche und mehr als 70 Kilometer wolfsabweisenden Zäunen wirkungsvoll geschützt.

Schafe hinter wolfsabweisendem fünfreihigem Elektrofestzaun mit Zaunmonitor und Weidetor mit Elektrifizierungsset. - Foto: Peter Schütte

Schafe hinter wolfsabweisendem fünfreihigem Elektrofestzaun mit Zaunmonitor und Weidetor mit Elektrifizierungsset. - Foto: Peter Schütte

10. Oktober 2023- Seit 2017 leistet das NABU-Projekt „Herdenschutz Niedersachsen“ Beratung, Wissenstransfer und praktische Unterstützung für die Umsetzung wirkungsvoller Herdenschutzmaßnahmen. Die Vermeidung von Wolfsübergriffen und damit die Erhaltung von Beweidung bei Wolfspräsenz ist möglich, setzt aber eine fachgerechte Anwendung entsprechender Maßnahmen voraus. Projektleiter Peter Schütte erklärt: „Konkret bedeutet die Anwesenheit von Wölfen für Weidetierhaltende höheren Aufwand, z.B. für wolfsabweisende Zäunungen, den Einsatz von Herdenschutzhunden oder notwendige Betriebsumstellungen. An dieser Stelle können wir ansetzen, um Wissen als Entscheidungsgrundlage für die passende Maßnahme zu schaffen.“

Zu den wirksamen Herdenschutzmaßnahmen zählen in erster Linie mobile oder fest verbaute Elektrozäune. Schwerpunkt der praktischen Projektarbeit ist die Installation der empfohlenen fünfreihigen 1,20 Meter hohen Elektrofestzäune mit gespanntem Stahldraht als elektrischem Leiter für Schaf-, Ziegen- und Rinderhaltungen (oder für Pferde mit Pferdezaundraht bis 1,40 Meter Höhe). „Unsere mittlerweile langjährigen Erfahrungen sowie zwei Feldstudien zeigen, dass Wolf und Wildschwein diese Art von fachgerecht errichteter und gut gepflegter Zäunung nicht queren, sehr wohl aber Kleintiere, Dam-, Reh- und Rotwild“, sagt Schütte.

Mit Hilfe von geschulten Ehrenamtlichen werden diese Zäune rasch und fachgerecht auf den dafür vorbereiteten Weiden installiert. Das Projektteam beteiligt sich an Herdenschutz-Informationstagen und widmet sich stetig der Weiterentwicklung für eine leichtere Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen. Ferner werden Beratungen zum Einsatz von Herdenschutzhunden vermittelt.


Elektro-Festzaun am Seedeich - Foto: Peter Schütte

Elektro-Festzaun am Seedeich - Foto: Peter Schütte

Bisherige Bilanz kann sich sehen lassen

Im gerade beendeten 18-monatigen Förderzeitraum wurden im Rahmen der Projektaktivitäten über 100 Beratungen durchgeführt, bei 62 Weidetierhaltungen wurden 86 Weiden mit insgesamt fast 300 Hektar Weidefläche und mehr als 70 Kilometer wolfsabweisenden Zäunen wirkungsvoll geschützt.

Seit Beginn der Projektaktivitäten im Jahr 2017 wurden über 350 Weidetierhaltungen beraten und mehr als 160 von diesen sogar praktisch beim wolfsabweisenden Zaunbau durch das Projektteam sowie geschulte Ehrenamtliche unterstützt. „Dabei wurden fast 1.700 Hektar Fläche durch circa 400 Kilometer moderne, wolfsabweisende Zäune geschützt – und zwar vom Nordseedeich bis zum Harz!“, rechnet Schütte vor. Ergebnis dort bei entsprechender Installation und Pflege: Keine Übergriffe.

Darüber hinaus beteiligt sich das Projekt an fachlicher Arbeit in verschiedenen Gremien und erstellte Informationsmaterialien, Videos und Fachartikel.

Trotz gegenteiliger Befürchtungen und öffentlicher Behauptungen ist die Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen auch an Deichen möglich.

In Niedersachsen wurden zahlreiche Anschauungsmöglichkeiten von wolfsabweisenden Elektrofestzäunen in Form von Demonstrationsanlagen errichtet. Zu finden sind diese unter anderem am Reitsport-Touristik-Centrum Ostfriesland in Timmel, bei der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz im Camp Reinsehlen bei Schneverdingen, nahe der Touristinfo Konau im Amt Neuhaus, am Schnuckenstall in der Kronsbergheide bei Amelinghausen oder an der Schoonorther Straße in Krummhörn sowie am Nationalparkhaus Wurster Nordseeküste am Seedeich. Weitere Anschauungsmöglichkeiten bieten die Landwirtschaftskammer im Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Echem in Form einer Musterzaunanlage und das Wolfcenter Dörverden.


Bejagung ist nicht zielführend und kein Ersatz für Herdenschutz

Der Blick in die Statistik des niedersächsischen Umweltministeriums zeigt, dass Übergriffe von Wölfen in erster Linie bei Schaf- und Ziegenhaltungen geschehen. Dabei spielt sich das Rissgeschehen nach wie vor zu über 80 Prozent auf gar nicht oder unzureichend geschützten Weiden ab – und das nach über zehnjähriger Anwesenheit von Wölfen in Niedersachsen. Gleichzeitig wird immer wieder von einem „extremen Anstieg der Nutztierrisse“ berichtet und eine Bejagung von Wölfen gefordert.

Nationale und internationale Experten geben zu bedenken, dass die Bejagung von Wölfen keinen Herdenschutz ersetzt und nicht nachhaltig zur Befriedung von Konflikten führe. Das zeigen die immer wieder irreführend angeführten Beispiele aus Frankreich und Schweden deutlich. „Um Übergriffe von Wölfen auf Weidetiere zu verhindern, ist korrekt umgesetzter, funktionstüchtiger Herdenschutz alternativlos“, erklärt Schütte. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Schutzmaßnahmen wie Zäune, Schutzhunde und Behirtung am besten dafür geeignet sind – und das ist auch an Deichen und in Bergregionen möglich. Das belegen zahlreiche Beispiele und Projekte in Deutschland und international, an denen wir uns auch beteiligt haben.“

Der NABU-Landesvorsitzende Dr. Holger Buschmann ergänzt: „Entscheidend für eine Entnahme von Einzeltieren ist nicht die Anzahl der Wölfe innerhalb des Landes, sondern ob diese tatsächlich gelernt haben, empfohlene und zumutbare Herdenschutzmaßnahmen zu überwinden. Wenn letzteres passiert, ist eine Entnahme dieser Tiere sinnvoll. Eine Bestandsregulierung durch Abschuss ist dagegen rechtswidrig und sinnfrei, da aus der Zerstörung von Rudelstrukturen sogar erhöhte Nutztierrisse resultieren können“, betont Dr. Buschmann. Der NABU Niedersachsen fordert deshalb eine noch intensivere fachliche Begleitung der Weidetierhalterinnen und -halter, um dem immensen Beratungsbedarf gerecht zu werden. Außerdem bedarf es ausreichender finanzielle Mittel für die nachhaltige Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen.

Professioneller Herdenschutz vermeidet Konflikte

Befürchtungen und Vermutungen, die Weidetierhaltung sei auf dem Rückzug und finde nicht mehr statt, wird durch die staatliche Viehbestandserhebung widerlegt. Demnach stieg sowohl die Anzahl der schafhaltenden Betriebe als auch die Anzahl der Tiere im Jahr 2022 an. Projektleiter Schütte bestätigt diesen Trend: „Wir bauen oft wolfsabweisende Zäunungen bei jungen Weidetierhalterinnen und Weidetierhaltern, die sich gerade eine Herde aufbauen oder ihre Haltung ausweiten. Diese Menschen sind lösungsorientiert und akzeptieren die Anwesenheit von Wölfen, denn guter Herdenschutz vermeidet Konflikte. Dies ist gerade im Raum Nienburg/Rodewald gut zu beobachten.“ Allein das Projekt war dort bisher bei über 30 Weidetierhaltungen aktiv.


Bau eines wolfsabweisenden Zauns. - Foto: Peter Schütte

Bau eines wolfsabweisenden Zauns. - Foto: Peter Schütte

Herausragender Einsatz von Ehrenamtlichen

Der Landesvorsitzende des NABU Niedersachsen, Dr. Holger Buschmann, würdigte vor allem den herausragenden Einsatz der ehrenamtlich Aktiven im Projekt, die über 800 Arbeitseinsatztage ehrenamtlicher Arbeit beim Bau wolfsabweisender Zäune als praktische Unterstützung von Weidetierhaltenden aufgewendet haben. Dr. Buschmann: „So werden die Weidetierhaltung und die Natur- und Landschaftspflege nachhaltig unterstützt und in Bezug auf Wolfspräsenz zukunftsfähig aufgestellt.“ Vor Wolfsübergriffen geschützte Weidetiere erhalten das so wichtige artenreiche Grünland. Die Vermeidung von Nutztierrissen verringert Konflikte, schafft Akzeptanz für eine Koexistenz mit Wölfen und schützt letztlich auch die geschützte Tierart Wolf selbst. „Damit trägt der NABU wesentlich dazu bei, neben einer erhöhten Akzeptanz für die Anwesenheit von Wölfen auch eine persönliche Verbindung zwischen Weidetierhaltenden und Naturschützenden zu schaffen“, so Dr. Buschmann weiter. „Wir freuen uns, die Arbeit mit einer neuen Förderung fortsetzen zu können“, ergänzt der NABU-Landesvorsitzende.


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Kontakt:

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