Naturschutzarbeit in Gefahr
Freiwilligendienste: Bundesregierung setzt auf Sparkurs statt Umweltschutz
27. Oktober 2023- Im aktuellen Entwurf des Bundeshaushalts ist für 2024 eine Kürzung der Freiwilligendienste in Höhe von 78 Millionen Euro vorgesehen (von 328 auf 250 Millionen Euro). 2025 sollen weitere Mittel in Höhe von 36 Millionen Euro gekürzt werden. Das bedeutet insgesamt eine Kürzung um 36 Prozent. Dabei ist der Naturschutz bereits jetzt unterfinanziert. Steigende Ausgaben für Verpflegung, Material, Unterbringung der Teilnehmenden bei Veranstaltungen sowie Lohn- und Bürokosten sind in den Mitteln des Kinder- und Jugendplans überhaupt nicht berücksichtigt.
Dr. Monika Maintz, Geschäftsführerin des NABU Niedersachsen übt scharfe Kritik am Vorhaben der Bundesregierung: „Für den Naturschutz hätte eine solche Kürzung fatale Folgen! Neben Unterkunft und Krankenversicherung erhalten die Freiwilligen nur ein kleines Taschengeld. Die jetzt drohenden Kürzungen bedeuten den Wegfall von wichtiger Unterstützung. Konkret heißt das: Freiwillige in Kitas, Schulen, Sportvereinen, Naturschutz, Kultur oder Pflege können künftig nicht mehr im gewohnten Maße eingesetzt werden. Damit wird jungen Menschen die Chance genommen, sich für das Gemeinwohl zu engagieren und sich beruflich zu orientieren. Freiwilligenarbeit ist wie Naturschutzarbeit eine Investition in unsere Gesellschaft und darf deshalb nicht gekürzt werden!“
Freiwilligendienst als Chance für die persönliche und berufliche Entwicklung
Beim NABU und der NAJU Niedersachsen kümmern sich Freiwillige um wertvolle Lebensräume oder bedrohte Tier- und Pflanzenarten; sie arbeiten in der Biotoppflege und insbesondere in der Umweltbildung. Sie vermitteln Kindern und Jugendlichen Naturerfahrungen und unterstützen bei Projekten, in der Öffentlichkeitsarbeit, aber auch bei handwerklichen Tätigkeiten und in der Verwaltung. Bei der Vogelbeobachtung und der Betreuung von Schutzgebieten lernen sie praktischen Natur- und Artenschutz kennen. Freiwillige bekommen so die Möglichkeit, wertvolle Praxiserfahrungen zu sammeln und ihre persönlichen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Ihnen wird vermittelt, wie sie ihre Fähigkeiten und Ressourcen für das Wohlergehen der Gesellschaft einsetzen können.
Die notwendige Stütze der NABU-Außenstellen
Sowohl in der Landesgeschäftsstelle des NABU Niedersachsen als auch in den Nationalparkhäusern und ausgewählten Zentren haben Freiwillige jetzt noch die Möglichkeit dazu. Am Rande des Natuschutzgebietes Meißendorfer Teiche bietet beispielsweise NABU Gut Sunder als regionales Umweltbildungszentrum zusammen mit Freiwilligen Tagesausflüge, Seminare sowie Exkursionen zu lokalem Natur- und Umweltschutz an. Hier konnten im Jahr 2022 rund 120 Umweltbildungsangebote für Schulkinder, Kindergärten und Kindergeburtstage mit freiwilliger Unterstützung durchgeführt werden. Etwa 30 verschiedene Schulen besuchten das Umweltbildungszentrum, davon einige mehrmals im Jahr.
Als anschauliche Beispiele für die Einbeziehung von Freiwilligen in die Naturschutzarbeit dienen Außenstellen des NABU Niedersachsen an der Nordsee, beispielsweise im Nationalparkhaus Greetsiel. Ehrenamtliche Unterstützung wird hier großgeschrieben: Freiwillige können sich zu zertifizierten Natur- und Landschaftsführer*innen ausbilden lassen. Im Jahr 2022 gab es einen regelrechten Ansturm auf die Angebote des Nationalparkhauses. Es fanden 378 Veranstaltungen mit 9.808 Teilnehmenden statt – mit tatkräftiger Beteiligung junger Menschen im Freiwilligendienst.
Das Nationalpark-Haus auf Wangerooge wird jährlich von ca. 40.000 Gästen besucht. Unterstützt werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier von bis zu acht Freiwilligen. Das Nationalparkhaus beteiligt sich an vielen Veranstaltungen wie dem Inselputz, der Earth Hour, dem Weltzugvogeltag und dem Müllaktionstag. Außerdem werden Bildungsurlaube für das Forum Unna durchgeführt.
Fortbestand der Naturschutzarbeit durch Kürzungen bedroht
Die Kürzungspläne der Bundesregierung werden einschneidende Folgen für die Außenstellen des NABU Niedersachsen haben. Für den Erhalt der wertvollen Schutzgebiete mit ihrer großen Artenvielfalt würde tatkräftige Unterstützung fehlen: „Ein Wegfall dieser Stellen bedeutet, dass Einsatzstellen aus dem ökologischen Bereich weniger Führungen oder umweltpädagogischen Angebote machen können oder Kinder- und Schülergruppen nur noch ein begrenztes Angebot zum (besseren) Kennenlernen von Umwelt, Natur und Nachhaltigkeitsthemen haben werden. Die Betreuung von Schutzgebieten ist dann weniger gut möglich und der praktische Natur- und Umweltschutz hat weniger helfende Hände vor Ort. Das ist politisch verantwortungslos“, erklärt Geschäftsführerin Dr. Monika Maintz.
NABU und NAJU hatten bereits in einem offenen Brief die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien aufgefordert, die Kürzungen zu stoppen. Darüber hinaus hat sich der NABU-Landesvorsitzende Dr. Holger Buschmann bereits persönlich an die Landtagsabgeordneten der Regierungsparteien gewandt, um die Kürzungen zu stoppen. „Freiwilligendienste werden von der Gesellschaft unterstützt und die junge Generation wünscht sich bessere Rahmenbedingungen, um Freiwilligendienste zu leisten. Wir brauchen eine Stärkung, keine Abschaffung“, so die Forderung. Bundesweit haben sich zuletzt über 100.000 Menschen in Deutschland für die Stärkung der Freiwilligendienste im In- und Ausland ausgesprochen und die Petition „Freiwilligendienste stärken“ unterstützt.
Weitere Informationen: ➤ Offener Brief von NABU, NAJU und weiteren Umweltverbänden