Brutsaison ist Vogelschutzzeit
Mit Baum- und Heckenschnitt möglichst bis September warten
26. Juni 2024 - Es blüht und grünt überall: Bäume, Hecken, Sträucher und Co. schießen in die Höhe. Da mag es dem einen oder der anderen Gartenbesitzer*in hinsichtlich Pflege- und Rückschnitt durchaus in den Fingern kribbeln. Aber Vorsicht: Vor dem Griff zur Schneidemaschine sollte die Nist- und Brutzeit von Vögeln beachtet werden. Diese beginnt jedes Jahr am 1. März und dauert bis zum 30. September. In dieser Zeit sind laut Bundesnaturschutzgesetz Fällungen und Schnittmaßnahmen grundsätzlich verboten, damit die Tiere beim Nestbau sowie beim Brutgeschehen nicht gestört werden.
Im öffentlichen Raum umfasst das Verbot die meisten Bäume sowie Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze. In privaten Gärten sind Bäume zwar vom Verbot ausgenommen, für Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und Co. gilt das Verbot jedoch in gleichem Maße. Zulässig sind lediglich schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des jährlichen Zuwachses der Pflanze.
Dennoch sollte die Natur nicht unnötig geschädigt werden. Der NABU Niedersachsen appelliert an alle Gartenbesitzer*innen, die zulässigen Pflegeschnitte möglichst nicht in der Hauptbrutzeit der Vögel von März bis Ende Juli durchzuführen, bestenfalls sogar bis September zu warten und vor dem Schnitt zu schauen, ob noch belegte Nester zu finden sind. „Hecken sind wertvolle Lebensräume und bieten einen optimalen Unterschlupf für Vögel, Säugetiere und Amphibien. Die Tiere ziehen dort ihren Nachwuchs groß, finden eine gute Versteckmöglichkeit und ziehen sich im frischen Grün auch mal zum Schlafen zurück“, berichtet Renée Gerber vom NABU Niedersachsen. „Bei vielen Singvögeln gibt es auch im Sommer eine zweite Brut, die bei einem entsprechenden Heckenschnitt gefährdet werden würde. Und auch aus gärtnerischer Perspektive ist Geduld gefragt. Oft erfahren die Pflanzen einen zweiten Wachstumsschub. Wer zu früh zur Heckenschere greift, muss meist ein weiteres Mal schneiden. Vor jedem Schnitt ist eine gründliche Suche nach bewohnten Nestern in den Sträuchern unerlässlich“, so Gerber.
Jungvögel am Boden bitte nicht einsammeln!
Zahlreiche Jungvögel befinden sich jetzt in der sogenannten Ästlingsphase. In dieser Zeit sind sie oft noch unbeholfen und nicht vollständig flugfähig, weshalb man sie auf dem Boden oder in Büschen antrifft. Viele Menschen denken, diese Jungvögel seien hilflos. Der NABU appelliert jedoch eindringlich, die kleinen Vögel nicht aufzunehmen, sondern sie an Ort und Stelle zu belassen.
Die Eltern der Jungvögel sind oft nicht zu sehen, da sie sich durch die Anwesenheit von Menschen gestört fühlen oder andere Jungtiere versorgen. Eine gängige Strategie der Eltern ist es zudem, die Jungen im Nest nicht mehr zu füttern, um sie zum Verlassen des Nestes zu bewegen. Damit sie nicht verloren gehen, lassen die Jungvögel fast ununterbrochen sogenannte „Standortlaute“ hören. Daher bittet der NABU Niedersachsen dringend, die Jungvögel in Ruhe zu lassen und sie keinesfalls mitzunehmen.
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Der NABU Niedersachsen appelliert an die Bevölkerung, vermeintlich hilflose Vogelkinder in der freien Natur zu belassen. Warum menschliche Hilfe oft mehr schadet als nützt, erklärt die Leiterin des NABU-Artenschutzzentrums. Mehr →
Hintergrund: Gesetzliche Regelung
In dem seit 1. März 2010 gültigen Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) heißt es in Paragraph 39: „Es ist verboten, Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen.“
Da der Gesetzgeber mit „gärtnerisch genutzten Grundflächen“ auch private Haus- und Kleingärten, inklusive Zier- und Nutzgärten sowie Kleingartenanlagen meint, meint, gilt: Das Verbot findet für Bäume in privaten Haus- und Kleingärten in Niedersachsen keine Anwendung. Artenschutzrechtliche Regelungen sind jedoch zu beachten. Das heißt, wenn sich in einem Baum zum Beispiel ein Vogelnest befindet, dann greift der Schutz des § 44 Abs. 1 BNatSchG, wonach es unter anderem grundsätzlich verboten ist, die geschützten Tiere zu verletzten, zu töten oder während der Fortpflanzungs- und Aufzuchtszeiten erheblich zu stören. Ebenso ist es verboten, „Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der geschützten Tiere aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Diese Regelungen gelten das ganze Jahr ohne Befristung. Gleiches gilt für § 39 Abs. 1 Nr. 3 BNatschG, wonach es verboten ist, „Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.“ Diese Regelung ist relevant für wiederkehrend belegte Nester und regelmäßige Aufenthaltsorte von Tieren.
Über diese Regelungen des BNatschG hinaus, sind die jeweiligen kommunalen Baumschutzsatzungen zu beachten. Darin sind weitere Regelungen zu Verboten, Ausnahmen und Befreiungen enthalten. Je nach Satzung können nämlich auch Baumfällungen im privaten Garten sowie sonstige Eingriffe an Bäumen, Hecken und Sträuchern grundsätzlich verboten sein. Bei Vorliegen der Voraussetzungen können bzw. müssen jedoch entsprechende Ausnahmegenehmigungen oder Befreiungen erteilt werden, die vorab zu beantragen sind. Da die kommunalen Baumschutzsatzungen jeweils andere Regelungen enthalten, ist es sinnvoll, sich vorab bei der jeweiligen Gemeinde oder Stadt zu informieren.
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